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Interviews
Steve Lukather: Ich bin da raus und es geht mir gut!
Er ist einer der aktivsten Musiker des Rockbusiness. Steve
Lukather ist auf weit über 1000 Alben zu hören, und dass er Toto verließ, als
es nicht so richtig rund lief hat seinen Terminkalender nur marginal
entschlackt. Dieser Zwist ist längst beigelegt, Toto sind (zumindest live) wieder
aktiv, CDs macht er aber unter eigenem Namen: Sein neuestes Werk „Transition“
zeigt dabei einen in mancher Hinsicht geläuterten Künstler mit tollen Songs,
die locker als Toto-Werk(e) durchgehen könnten. Ich sprach mit dem Sänger und
Gitarristen.
Hey man, kennen wir uns?
Nun, kennen wäre jetzt vielleicht übertrieben, wir
haben ein paar Mal gesprochen. Und uns in Oldenburg getroffen, als Du 2005 mit
El Grupo da warst.
Oh Mann, da war ich noch
ein anderer Mensch!
Ja, so scheint es – der Titel des neuen Albums
„Transition“ geht schon in die Richtung: Du hast eine Veränderung durchgemacht.
Ja, das ist schon
verrückt, aber man macht schon was durch, wenn man 36 Jahre auf der Straße ist.
Und an einem Punkt bin ich gegen die Wand gelaufen. Ich hatte eine harte Zeit –
emotional passierte eine Menge, eine Menge shit. Aber letzten Endes bin ich gut
da rausgekommen, es geht mir gut. Zuletzt ist mein Leben auf youtube
abgelaufen.
Auf youtube?
Ach, die Leute freuen sich doch, wenn es anderen schlecht geht, das lenkt sie
wahrscheinlich von ihrem eigenen trostlosen Leben ab. Und jeder fällt mal die
Treppe runter…
So lange es nicht so schlimm ist, wie bei David
Hasselhoff…
Hahaha, right. Nein, so
schlimm war es nicht, aber es waren schon ein paar dreckige Momente dabei.
Und gab es eine Initialzündung, daran etwas zu ändern?
Ich bin eines Tages
aufgewacht und habe festgestellt, dass mein ganzes Leben Dreck ist und dass ich
etwas ändern muss. Es gab Leute, mit denen ich einfach nicht mehr arbeiten
wollte, Sachen, die ich einfach nicht mehr machen wollte. Das war ein Hangover
zu viel. Und das erste, was sich ändern musste, waren die Gifte: Alkohol,
Zigaretten, ich meine, ich hatte nicht mehr viel mit Drogen am Hut, aber der Rest
war schon schlimm genug. Ich hab aufgeräumt. Dass dann noch meine Mutter starb,
meine Ehe drauf ging, ein Freund starb, mittendrin noch mein Sohn geboren
wurde, das war schon ganz schön viel auf einmal. Und es hat mich eine Zeit
gekostet, aber ich bin da raus und es geht mir gut!
Ohne fremde Hilfe?
Ja, ich bin stark. Wenn ich mir etwas in den Kopf setze, dann schaff ich das
auch. Ich hab genug von diesem Rock’n’Roll Lifestyle mitgemacht. Aber wenn man
überleben will, muss man das irgendwann hinter sich lassen – und zurückkehren
ins Leben.
Du sagtest, Deine Ehe ist drauf gegangen – hast Du
eine neue Muse gefunden?
Nein. Meine Arbeit, meine Familie, das macht mich glücklich. Und ich hatte
letztes Jahr genug zu tun – G3, Ringo Starr, Toto in meiner alten High School
Besetzung – alles cool!
Nun, ein Anzeichen dafür, dass es Dir gut geht ist das
neue Album! Gratulation!
Oh danke, ich habe hart
daran gearbeitet.
Was war Dein Ansatz?
Ich wollte ein neues Album
machen, bin ins Studio gegangen mit meinem Produzenten CJ Vanston, und wir
haben angefangen, Songs zu schreiben. Und die Reihenfolge, die man auf dem
Album hört ist fast die Reihenfolge, in der die Songs entstanden sind. Ich habe
einfach rausgelassen, was mich beschäftigte und hab mich mit dem Album
wiedergewonnen. Das war, als wenn ich aus der Dunkelheit zurück ins Licht
kommen würde, das war der Übergang (engl. „Transition“).
Musikalisch ist das Album entsprechend anders
ausgefallen, als das letzte…
Ich hoffe es!
Der Sound des Album ist nicht neu für Dich, aber eben
anders als zuletzt. Ich denke, es ist sehr Toto-ähnlich, oder?
Weiß ich nicht, meinst Du?
Ich denke nicht in diesen Kategorien, klingt-wie-dies-oder-das. Ich hab einfach
geschrieben, wonach mir war. Toto ist ein großer Teil meines Lebens!
Ich glaub auch nicht, dass jemand etwas dagegen haben
könnte!
Ok, ich verstehe. Nein,
Toto ist immer noch ein Teil von mir und wir gehen im Sommer auf Tournee um
unserem alten Freund Mike Porcaro zu helfen, der diese schreckliche Seuche ALS
(Lateralsklerose) hat. Und diese Band ist eben die alte Version mit Jospeh
Williams, David Paich, Simon Phillips, Steve Porcaro – das sind die Freunde,
mit denen ich als 15jähriger abgehangen habe. Das mache ich im Sommer. Und für
dieses Album hatte ich eben wirklich Zeit, in Ruhe daran zu arbeiten, ohne
Zeitplan, das war sehr ungewöhnlich für mich und es fühlte sich sehr gut an!
Und so konnte ich eben auch viele Freunde mit einladen, um sich auf dem Album
zu verewigen – Chad Smith, Phil Collen, Nathan East, Lenny Castro, Lee Sklar...
wenn jemand fragte, hey, was machst Du gerade, sagte ich `arbeite an einem
neuen Album. Komm vorbei!´ Und das haben sie gemacht.
Und Dein Sohn ist auch wieder dabei.
Ja, er ist ein sehr guter
Musiker, wir haben einen Song zusammen geschrieben und er ist immer wieder eine
Inspirationsquelle. er ist sehr talentiert.
Du sagtest, das Album ist über Deine Situation in den
letzten zwei Jahren und dokumentiert Deinen Übergang zurück ins Leben. Spiegelt
sich das in den Texten und in der
Musik wider?
Ich schreibe über mein
Leben, meine Welt, ja. Ich bin 55, ich bin auf der Straße seit ich ein Teenager
bin, ich hab alles gesehen im Rock’n’Roll Business, das du dir vorstellen
kannst, ich hatte ein interessantes Leben als Sessionmusiker, ich habe auf über
2000 Alben gespielt in jeder Musikrichtung und mit all meinen großen Helden –
darüber schreibe ich Songs. Und ich habe gerade angefangen, ein Buch darüber zu
schreiben. Ich habe meine ganzen Terminkalender seit 1977rausgeholt… das wird
schwer, das alles unterzubringen, also werde ich mich wohl auf die Highlights
reduzieren müssen (lacht).
Ich hatte bei diesem „Transition“-Ding zunächst an ein
„midlife-crisis“-Ding gedacht… aber wenn ich das jetzt so höre, klingt das ja
schon nach Lebensrückschau!
Hahaha… ich bin nie groß
genug geworden, um eine midlife crisis zu haben. Und nun bin ich schon zu alt,
um eine midlife crisis zu haben. Nein, ich brauchte keine Veränderung, musste
nicht meine Frau verlassen, um mich selbst zu finden. Ich musste mein Leben
verändern, um mein Leben zu retten! Ich blicke zurück, um in meinem neuen Leben
alles besser zu machen. Es geht mir besser, ich spiele besser, ich singe besser
– wenn ich zwei Jahre alte Fotos sehe, denke ich sehe einen Krebskranken. Man
muss den Tag leben und das Beste draus machen, man weiß nie, wie lange man noch
hat.
Und das Leben zu genießen hält dich nicht davon ab,
auf so vielen Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen?
Nein, das ist das Leben
für mich. Ich bin letztes Jahr mit G3 mit Joe Satriani und Steve Vai getourt
und danach mit Ringo, was gibt es größeres? Dazu die Tour mit Toto und meine
Solotour, dazwischen habe ich immer an meinem Album gearbeitet – zugegeben war
das ein volles Jahr, aber ich glaube, das nächste wird noch voller. Aber das
ist gut. Ich arbeite gut unter Druck, ich hasse es, nichts zu tun zu haben, ich
bin schnell gelangweilt.
Das heißt für nächste Jahr?
Ich werde mit im Februar
mit Ringo touren, danach zwei Monate mit meinem Soloalbum, wenn ich
zurückkomme, gehen die Proben mit Toto los, dann touren wir von Mai bis Oktober
und dann geht meine Solotour weiter.
Mai bis Oktober mit Toto?
Ja, es ist die 35-Jahre-Jubiläumstour. I’m a busy guy.
Ich erinnere mich, dass wir sprachen, als Du Toto
verlassen hast…
…2007
Right, Du sagtes, du würdest niemals wieder diese
Songs spielen…
Ja, ich weiß. Und in der
Konstellation, in der es die Band damals gab, war das auch meine feste Absicht.
Da waren ein paar negative Schwingungen, die meine Seele aufgefressen haben. Es
gab Leute in der Band, die mit dem Original-Line-up eigentlich nichts zu tun
hatten und die jetzt aus gutem Grund nicht mehr dabei sind.
Du fühlst Dich also wieder wohl, diese Songs zu
spielen?
Ja, weil ich im Sommer abhänge mit meinen alten Freunden, die Massen spielen
verrückt, wir helfen unserem Freund, es
macht Spaß und es ist nichts Falsches dran. Solange ich mich nicht verbiegen
muss und es sich nicht falsch anfühlt für mich, kann ich das nur genießen. Von
diesen Leuten werd ich nie genug haben.
Gibt es sogar Chancen auf ein neues Toto-Album?
Wir verhandeln gerade und
sind da auch etwas ins Stocken geraten. Das ist ein Zeit- und ein
Kostenproblem. Ich sage jetzt nicht „nie“, aber momentan gibt es keine
wirklichen Pläne dafür. Da müssten eine Menge rechtliche Fragen geklärt werden.
Anders gefragt: Ist Dein neues Album nicht ein
exzellenter Toto-Ersatz, bzw. könnte man dies nicht fast ein Toto-Album nennen?
Nicht im Entferntesten, ich weiß nicht wie das gehen sollte. Kein Paich, kein
Porcaro, und damit klingen die Songs schon komplett anders. Ich gehe da dann
auch ganz anders an die Songs heran. Natürlich ist es die Gitarre und meine
Stimme gibt es bei Toto auch, aber ich sehe da sonst keine Parallelen.
Natürlich gibt es Momente, die Toto-mäßig sind, aber du bist der Erste, der das
so sieht.
Ich schreib auch nicht
fürs Regal – das sind meine Songs, die mich widerspiegeln, ich leg da nichts
zurück, weil es evtl. für ein eventuelles Toto-Album passen könnte.