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Genesis (!)
Die Tournee steht
noch sehr am Anfang, wie seid Ihr bis jetzt zufrieden – mit der Show, mit der
Resonanz?
Tony: Die
Resonanz war sehr gut bis
jetzt, sie war sogar jenseits unserer Erwartungen in vieler Hinsicht. Das
Publikum scheint zufrieden, was das wichtigste für uns ist. Ansonsten glaube
ich, dass wir einen ganz gute Sound liefern und eine gute Show; das „feeling“
der Show ist gut. Aber wir stehen ja noch ganz am Anfang.
Die Tournee sollte ja
eigentlich schon im Herbst in den USA beginnen – warum wurde das geändert?
Tony: Kein Publikum! Die letzte Platte ist eine
ganze Weile her, und ich glaube, die Amerikaner wollen jetzt was anderes. Wir
haben nicht viele Platten verkauft, und die Konzert-Ticketverkäufe liefen auch
nicht gut. Da haben wir uns gedacht, wir lassen das erstmal; mal sehen, wie es
sich entwickelt.
Es macht wenig Sinn, vor leeren Hallen zu spielen.
Vielleicht spielen wir in kleinen Theatern, wir wollen ja schon da hin, aber wie und wann, das müssen wir noch sehen..
Ich weiß nicht, ob es der Rede wert ist, aber offensichtlich
war der Weggang von Phil [Collins] schon ein sehr wichtiger Grund dafür, warum
wir Fans verloren haben, aber er
hatte bei seiner letzten Platte und Tournee da auch ein paar Probleme, deswegen
glaube ich, das es einfach die Natur des Business ist; die Leute entwickeln
sich weiter. Die Radiostationen waren
auch sehr wenig hilfreich, v.a. in Amerika; allerdings auch in England. Wir
werden nicht gespielt, und wenn man nicht gespielt wird, wissen die Leute
nicht, dass man da draußen ist.
Ihr habt eine
komplett neue Band – mußte das sein?
Mike: Ja. Also erstmal brauchten wir einen neuen Drummer, sonst
hatte Phil ja gespielt; Chester war immer nur „live“ mit dabei gewesen,
und Nir hat sehr gut gespielt, also ist er auch „live“ dabei.
Dann hatten wir anfangs auch an Daryl Stuermer, unseren
alten Live-Gitarristen gedacht, aber der war mit Phil auf Tour, und deshalb
haben wir Anthony Drennan gewählt – und die beiden passen sehr gut in die Band.
Sind das jetzt
Tour-Begleiter oder evtl. auch feste Bandmitglieder?
Tony: Wir schauen gar nicht so weit voraus. Ich
würde Nir gerne auf der nächsten Platte sehen, aber – ich meine – einer der
Gründe, warum wir den Kern als Dreier-Band sehen, ist, weil wir uns gerne alle
Möglichkeiten offen halten. Z.B. hatten wir ja auch 2 Drummer, weil die Stücke,
auf denen Nick diVirgilio gespielt hatte, vom ihm einfach besser klangen.
Wir haben vor zwei Wochen mit Nick in Hamburg gesprochen,
als er mit Spock´s Beard da gespielt hat. Er hat uns die Story schon erzählt,
und meinte auch, es hätte ihm sehr viel Spaß gemacht...
Tony: Nick ist ein sehr guter Drummer, aber wie
Mike schon sagte, wir brauchten einen Drummer, der Phil ersetzen konnte, der
auch Phil´s Art hat zu spielen - diesen dramatischen Schlag, und ich glaube,
den hat Nick eben nicht. Trotzdem ist er sehr gut.
(in Anlehnung an ihren Albumtitel von 1978, nach dem
Ausstieg von erst Peter Gabriel 1975 und dann Steve Hackett 1977, es blieben
zurück Mike, Tony und Phil Collins, und man nannte die Platte dann „...and then
there were three...“). Sind Genesis ´97/´98 „...and then there were two...“
oder sind es einfach drei neue?
Mike: Nein, ich glaube, 3 ist eine gute Zahl.
Es waren so lange 3 mit Phil, und ich glaube das gibt die richtige Balance. Ich
glaube auch, dass Ray beim nächsten Album sehr viel mehr involviert sein wird
in die Entstehung der Platte, weil er von Anfang an dabei ist. Und deshalb
hoffe ich, dass wir ein paar neue Sachen machen werden, einen neuen Bereich
finden, den wir erkunden können.
Ihr sagtet, ihr hättet viele Fans verloren – Ich meine,
werdet ihr versuchen, sie zurückgewinnen zu können? Achtet ihr auf solche
Dinge?
Tony: Nicht auf die Weise. Ich denke darüber
immer ein bißchen philosophisch über das Business. Man tut was man tut, und so
lange man ein Publikum hat – ich meine, wir haben immer noch ein großes
Publikum – nur eben nicht in Amerika. Wir verkaufen auch da viel mehr Platten
als andere Gruppen, aber es kommt immer darauf an, wie du die Sache
betrachtest. Verglichen mit „Invisible Touch“ verkaufen wir offensichtlich
nicht so viele Platten. Aber wir machen ein bestimmtes Ding, und hatten viel
Erfolg in den späten Achtzigern, was, glaube ich, auch viel mit Phil´s
Solo-Karriere und seinen Erfolgen zu tun hatte.
Aber jetzt ist das einfach eine andere Situation – eher so
eine, wie man es für diese Art Musik erwarten würde. Klar würden wir gerne ein
größeres Publikum in Amerika haben, aber wir sind nicht unzufrieden. Und wir
können eh nichts daran ändern – ich meine, wir werden tun was wir können,
werden so gut spielen, wie wir können und unsere Platten veröffentlichen, und
wir haben keine Probleme damit. Aber wir können nicht ändern was wir machen –
unsere Art von Musik, und wenn wir weniger Fans haben, dann ist das eben so.
Das Album ist jetzt 6
Monate auf dem Markt, was hat sich für euch geändert?
Mike: Was sich geändert hat? Die große Veränderung
war vorher, als Phil gegangen ist. Es war anders, auf Tour zu gehen, alles war
anders. Aber wenn die Platte erstmal fertig ist, haben wir unseren Teil
erledigt, und was sich dann noch ändert?... für uns eigentlich gar nichts. Von
dem fehlenden Erfolg in Amerika mal abgesehen.
Tony: Ich weiß, was Du meinst. Klar waren wir
enttäuscht von Amerika, aber ich sag dir was: bevor die Platte herauskam, habe
ich mir gesagt, wenn wir so erfolgreich sein können, wie Phil mit seiner
letzten Platte, dann ist es gut. Und in Europa hatten wir super
Chart-Plazierungen, in Amerika eben nicht so, aber insgesamt hat sich das die
Waage gehalten, und deshalb sind wir sehr zufrieden.
Mike: Ich weiß, was sich geändert hat: Wir
brauchen die Straße wieder. Genesis waren immer eine Live-Band, das konnte mit
den riesigen Plattenerfolgen von „Invisible Touch“ und „We can´t dance“ ein
bißchen in Vergessenheit geraten, aber unser Erfolg war immer das Touren, wir
waren immer eine größere Live-Band als eine Platten-Band. Und ich glaube, dahin
müssen wir zurückkehren, und den Leuten zeigen, was wir jetzt machen - wer Ray
ist und was er kann.
Wir sind ja sonst machtlos, Ray und unseren neuen Sound
bekannt zu machen. Wenn Du eine Platte machst, bleibt dir nichts anderes mehr,
als sie zu veröffentlichen, und dann haben plötzlich andere in der Hand, was
sie daraus machen – ob sie sie im Radio spielen, und so – aber live kann man
viel mehr machen, man sieht die Resonanz. Und bis jetzt ist es toll. In jedem
Land, ja sogar in jeder Stadt, in die du kommst, mußt du dich neu beweisen –
was sehr gut ist; und nervenaufreibend.
Nach so vielen
Jahren: Seid Ihr noch nervös vor Auftritten?
Tony: Ich bin immer nervös vor den Gigs. Nicht dass
es mich umbringen würde, aber doch nervös. Der erste Gig auf dieser Tour war
ziemlich nervenaufreibend, weil wir nicht wußten, wie es mit Ray sein würde,
aber es war ziemlich gut, muß ich sagen.
Das war genauso, als Phil damals zum ersten Mal gesungen
hat. Er war ja nie Frontmann gewesen, er hatte immer hinter den Drums gesessen,
und plötzlich stand er vorne. Und er brauchte auch eine Weile, bis er da
richtig gut war.
Ihr habt bereits
gesagt, dass Ray in Zukunft sehr viel mehr involviert sein wird... – was ist
die Zukunft? Wird es ein neues Genesis-Album geben, oder wollt ihr euch erst
euren Solo-Projekten widmen?
Mike: Ich weiß es noch nicht. Wir haben uns gesagt,
dass wir erstmal diese Tournee abwarten werden. Wir entscheiden uns ja sonst eh
wieder um. Wir planen nicht so weit voraus – wir lassen nur Möglichkeiten
offen.
Habt Ihr über
Möglichkeiten nachgedacht?
Mike: Die ganze Zeit. Es gibt ja viele. Vielleicht
spielen wir erstmal ein paar Sommer-Festivals, dann wird das Box-Set
herauskommen, ja ich glaube es wird wirklich dieses Jahr endlich herauskommen,
dann haben wir über eine Art Best-of nachgedacht, also wir haben zumindest
davon gesprochen, kein best-of mit den Hits, sondern die „Fan´s Favorites“, die
Songs, die nicht im Radio laufen, sondern die schon immer die „favorite
Live-Songs“ waren – aber nicht in
Live-Versionen natürlich. Tja, oder ein neues Album. Oder Solo-Projekte. Mal
sehen.
Eine abschließende Frage: Im Interview mit dem deutschen
Genesis-Fanclub hattet Ihr auf die Frage, ob es ein Medley geben wird,
geantwortet: vielleicht, denn es hat den Vorteil dass man mehr Stücke
unterbringen kann, und man muß viele Stücke nicht mehr ganz spielen – viele
Stücke sind aus heutiger Sicht nicht mehr o.k. – wie seht ihr heute eure
Vergangenheit?
Tony: Es geht da mehr um die Sichtweise des
´Es-spielen-müssen´, weniger um die Qualität der Songs. Wir machen diesmal kein
Medley, aber wir spielen Song-Auszüge, wie z.B. einen Teil von „Firth of
Fifth“, und der Instrumental-Part scheint uns die Essenz des Songs zu sein, der
stärkste Part, und v.a. auch ein Stück Musik, der nicht wiederholt wurde in
anderen Teilen unserer Karriere; auch dieser „Dancing with the Moonlight
Knight“-Teil, den wir spielen. Manche andere Teile von dem Song scheinen uns
etwas „unbequem“ zu spielen. Wenn ich´s höre, ist´s o.k., es ist immer noch ein
toller Song, aber ihn heute noch zu spielen, wäre doch etwas seltsam.