Rock-, Pop- und Szene-News und mehr....
Deep Purple
Ältere Interviews mit Deep Purple (Jon Lord) & Ian Gillan!
Zwei Jahre sind schon
wieder vergangen, seit dem Deep Purple auf ihrem letzten Triumphzug durch
(zumeist ausverkaufte) deutsche Arenen unterwegs waren (abgesehen von zwei
Shows 2009) – und mehr als vier, dass sie zuletzt im Nordwesten waren. Aber am
26. November sind sie in der Oldenburger Weser-Ems-Halle – mit attraktivem
Support: Die britischen Artrocker Marillion werden ein einstündiges Vorprogramm
bestreiten.
Sie gehören zu den
erfolgreichsten - und dienstältesten Rockbands der Gegenwart. Und auch wenn
nach diversen Mitgliederwechseln nur noch Drummer Ian Paice seit der Gründung
1968 dabei ist, sich auch die musikalische Ausrichtung immer mal ein wenig
geändert hat, sind sie ihrer Marschroute stets treu geblieben. Ich sprach vorab
mit Gitarrist Steve Morse.
Hallo Steve, wo bist
Du gerade?
Ich bin in New York und spiele heute Abend in Les Pauls Nightclub. Er fragt immer mal Gitarristen, ob sie nicht vorbeikommen möchten, und alle Größen haben da schon gespielt. Es ist also eine Ehre, da zu spielen.
Und danach gehen die
Vorbereitungen für die Deep Purple Tour los?
Ja, Ende Oktober geht’s los.
Aber es gibt ein
Leben neben Purple?
Ja, jeder von uns hat sein Leben neben Purple. Ich toure gerne, aber nicht gerne so lange am Stück. Das ist für mich wie jeden Abend im selben Restaurant zu essen, man isst jeden Abend weniger. Aber ich verstehe die Ökonomie einer so großen Gruppe, da muss man schon etwas länger auf Tour sein, um den ganzen Aufwand drum herum zu rechtfertigen. Aber wenn wir dann Zeit haben, arbeite ich immer an eigenen Projekten, so wie zuletzt mit Angel Fire, daneben meine Soloband, Konzerte mit beiden Projekten…
War das ein wichtiger
Punkt für Dich bei der Entscheidung, ob Du bei Purple einsteigst?
Das war wichtig für mich bei jeder Band, bei der ich gespielt habe. Alle Bandmitglieder von Purple haben ihre Soloprojekte – und das ist auch notwendig, damit die Band weiter wachsen kann. Man wächst für sich, bekommt andere, neue Perspektiven und freut sich obendrein noch mehr, die Band wieder zu sehen.
Wie war das für Dich,
als Du (1994) zu Purple gekommen bist - warst Du früher Fan? Du warst 14, als
die Band (1968) gegründet wurde…
Ja, klar! Einer der ersten Songs, die ich in meiner ersten Band gecovert habe, war „Hush“! Was für ein Song! Und ich meine, diese Verbindung aus Gitarrensound und Hammond war schlichtweg einmalig! Das war nicht nur eine Orgel, wie die Monkeys sie hatten. Steve Winwood hatte auch tolle Hammonds, aber er hatte dafür wieder nicht diese Gitarren.
Warst Du aufgeregt,
als sie Dich gefragt haben?
Nein, aufgeregt kann man das nicht nennen. Ich habe sehr genau abgewogen, ob ich der Richtige dafür bin. Deswegen habe ich zunächst ein paar Shows mit ihnen gespielt, um zu sehen, wie die Chemie ist – und es war sehr schnell klar, dass das gut geht.
Es gab viele
verschiedene Besetzungen – und dementsprechend auch verschiedene Stile – hast
Du ein Lieblings-Line-Up?
Das klassische Line-Up ist natürlich das vom „Machine Head“-Album (1972), und ich glaube ich bin nicht der einzige, der das so sieht. Aber jede Generation hatte klasse Momente. Und von den Alben, an denen ich mitgewirkt habe, ist „Purpendicular“. Da ging es darum, das Unbekannte zu entdecken. Aber man muss sich weiter entwickeln, man darf sich nicht wiederholen.
Das war das erste
Album, das Du mit Purple aufgenommen hast. Was hat sich seit dem geändert?
Oh, wir haben vieles ausprobiert, für mich war das immer eine Seitwärtsbewegung. Das zweitbeste Album, das auch nur ganz kurz hinter „Purpendicular“ kommt, ist „Rapture of the Deep“. Wir haben dieses Album fast live aufgenommen, ein Ansatz, den man aus den Sechzigern kannte. Und es war eine fantastische Erfahrung.
Auch das Album ist schon
wieder fünf Jahre alt. Es sieht zwar so aus, als wenn Ihr kein neues Album
bräuchtet, um erfolgreiche Tourneen zu machen – aber Eure Fans scharren mit den
Füßen… gibt es schon Pläne?
Es gibt zumindest verschiedene Ideen. Ob wir neue Songs live aufnehmen und die dann veröffentlichen. Ob wir uns eine Auszeit nehmen, um ein Album aufzunehmen. Ob wir auf der Tournee Songs an verschiedenen Orten aufnehmen. Oder ob wir einfach einzelne Songs aufnehmen und sie einzeln veröffentlichen. Für die Fans. Als Download und vielleicht auf EPs. Auch das wäre ein Ansatz, den sonst noch keiner gemacht hat – in den letzten 40 Jahren zumindest (lacht). Ich meine, die Zeit muss man erstmal haben, um sich eine Auszeit leisten zu können.
Es gibt also Ideen,
aber noch keine konkreten Pläne?
Es hängt viel mit der verfügbaren Zeit zusammen. Ein Album aufzunehmen hat heute ja schon was von Wohltätigkeitsveranstaltung – es kostet viel Geld und bringt nichts wieder rein. Musik wird eh nur kostenlos runtergeladen.
Also auch eine große
Band wie Deep Purple könnte das Downloadproblem ein Genickbruch sein?
Zumindest, was die Veröffentlichung neuer Alben angeht, ja. Man muss ja auch weiter seine Rechnungen bezahlen können, und da ist es schwer, sich ein paar Monate zurückzuziehen und an einem Album zu arbeiten. Bei Soloalben ist das leichter, die kann ich zwischendurch machen, aber bei Purple muss das erst einmal koordiniert werden!
Inwieweit hat das
Line-Up der Band Einfluss auf die Setlist? Was plant Ihr, zu spielen?
Wir diskutieren gerade, welche Songs wir nehmen. Jeder möchte mindestens 5 Songs ändern… also im Endeffekt fast die gesamte Setlist. Wir könnten ja auch nicht einfach nach Deutschland zurückkommen und dieselbe Setlist spielen – ohne gekreuzigt zu werden.
Es ist ja immer die
Balance aus Klassikern und aktuellen Songs, oder?
Ja, aber wir müssen momentan ja kein neues Album promoten, also können wir
einfach eine subjektive Hitliste zusammenstellen.
Gibt es die „Unvermeidlichen“?
Ja, „Smoke“. Aber er macht auch einfach unglaublich viel
Spaß, zu spielen – und das Publikum dabei zu erleben. Genauso wie „Highway
Star“, einer meiner persönlichen Favoriten.
Einige Songs mussten
ja auch gecancelt werden, weil Ian
einfach Probleme hat, sie zu singen, oder?
„Child in Time“ ist einer davon – und er ist einfach schwer. Ian kann ihn singen, aber danach noch eine Stunde weiterzumachen – und am nächsten Abend auch wieder fit zu sein, ist eine andere Geschichte. Und ein paar andere Songs sind halt auch nicht mehr so ganz in seiner Tonlage. Im Endeffekt haben wir eine ganze Menge Songs in petto, aus denen wir auswählen können und lassen Ian entscheiden, welche er möchte.
Spontan?
Ja, direkt vor der Show. Wir gehen die letzte Nacht durch und überlegen, welche davon wir wieder spielen. Und manchmal sagt er, hey, lasst uns die Setlist beibehalten, manchmal möchte er ein paar Songs tauschen.
In manchen Texten
liest man von einer Purple-Show als eine Zeitreise? Fühlt sich das für Dich
auch so an?
Ich habe zumindest kein Problem damit. Ich lebe gerne auch in der Vergangenheit. Ich bin ein Purple Fan, ich liebe die Songs – und für die Gegenwart kann ich meine eigenen Songs spielen. Das heißt nicht, dass nicht jeder Abend seine eigene, gegenwärtige Dynamik hat. Es ist auf jeden Fall eine Menge Spaß!
Hat diese Band ein
Haltbarkeitsdatum?
Bestimmt, aber momentan ist das noch nicht in Sicht, wenn Du mich fragst. Sieh Dir die Show an, da musst Du noch nicht befürchten, dass da einer nicht in der Lage ist, 100% zu geben. Ich schätze, wir knallen irgendwann mit 100 gegen die Wand, ich meine, das kann von einem Tag auf den anderen kommen.
Musstest Du Dir neue
Techniken aneignen, als Du zur Band gestoßen bist?
Natürlich, für die alten Songs habe ich mir schon genau angekuckt, wie Richie sie gespielt hat und habe versucht, sie auf meine Art zu kopieren. Und es war spannend, ich habe viel dabei gelernt, einfach weil ich versucht habe, eine neue Perspektive einzunehmen – und das macht man sonst gar nicht unbedingt. Irgendwie hat man immer seine eigene Persönlichkeit mit drin, aber es geht immer auch um einen respektvollen Umgang mit dem Erbe. Mein Vorteil war, dass Joe Satriani dazwischen war, und bereits dieselbe Aufgabe gemeistert hatte – und ich auch das als Inspirationsvorlage benutzen konnte.
Auch für die neuen
Aufnahmen, oder kannst du da machen, was Du willst?
Nein, das bin ich zu 100%. Fragt sich nur, inwieweit ich da schon von Purples Geschichte beeinflusst bin… (lacht)