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Ein Interview von 2003 gibt es hier
Gegründet 1993, gehören Die Happy längst zu
den großen Namen des deutschen Rock. Mit Alben wie „Beautiful Morning“ (2002)
und „The Weight Of The Circumstances” (‘03) sowie Hitsingles wie “Supersonic
Speed”, “Goodbye” oder “I Am” etablierten sie sich immer fester in den
deutschen Charts. Ende 2006 kam die Zäsur: Für das Album „No Nuts No Glory” verwarfen
sie zunächst alle Kompositionen, schrieben dann in aller Kürze neue Songs und
nahmen diese auch in entsprechender Live-Manier auf – mit dem Ergebnis, dass
mancher Fan sich zunächst verwundert den Kopf rieb. Ihr neues Album „SIX“
vermischt diesen Radikalumbruch wieder mit der früheren, erfolgreicheren
Aufnahmeart und präsentiert eine selbstbewusste, noch weiter gewachsene Band,
die offensichtlich genau weiß, wo sie hin will. Gitarrist Thorsten Mewes zu den
Hintergründen und Zielen.
Die erste, inoffizielle Single „Peaches“ setzt zunächst an, wo ihr mit dem letzten Album aufgehört habt…
Wir haben versucht, eine Brücke zu schlagen mit einem Song, der dahin geht, wo wir hergekommen sind, also mit einem eher schnellen Song.
Brücke wohin? Schon
das letzte Album war ja eigentlich eine Brücke zu Euren mehr Rock-orientierten
Anfangstagen, oder?
Absolut, ja, aber auf eine sehr eigene Art bei der Produktion. Beim neuen Album haben wir uns wieder sehr viel Zeit gelassen mit den Songs, haben bereits fertige Songs zunächst ruhen lassen und uns später wieder vorgenommen und daran herumgefeilt.
Die Entstehungsweise
des letzten Albums war ja durchaus sehr extrem, womit Ihr auch ganz bewusst weg
wolltet von der Überproduziertheit der Vorgängeralben.
Ganz genau, und genau diese Live-Energie hatten wir auf dem Album festgehalten. Und auch dieses Mal haben wir die durchaus mit drin gelassen, nur mit dem Unterschied, dass die Songs wesentlich ausformulierter sind. Wir haben also einerseits die produzierten Songs, aber von der Aufnahmeart haben wir versucht, das ganz sehr authentisch und direkt zu belassen.
Wart Ihr mit „No Nuts No Glory” zu weit gegangen?
Für uns war das ein sehr wichtiges Album, ein wichtiger Schritt auch, das genau so zu machen. Mit dem neuen Album haben wir versucht, die Kluft wieder zu schließen, die wir hinterlassen hatten, weil wir vielleicht etwas zu schnell waren, vielleicht zwei Schritte zu viel gemacht haben. Jetzt wollen wir versuchen, die alten Fans mit dem neuen Material an diese Art heranzuführen.
Musikalisch ist das
Album sehr vielseitig…
Wir haben versucht, jedem Song eine eigene Note zu geben und vor allem eine prägnante Hookline
Mit den Alben zwei
bis vier wart ihr sehr viel Pop-orientierter geworden, hattet auch durchaus die
eine oder andere Hitsingle, und Marta hat auch immer betont, dass Ihr eher eine
Pop/Rockband seid, als eine Rockband…
Nö, die Nische war ja mit den Guano Apes auch gut besetzt, da wollten wir ja auch nie hin. Wir haben uns zwar schon immer als Rockband gesehen, aber auch immer mit dem Schwerpunkt auf schönen Melodien und Harmonien
Ja, aber mit dem
letzten Album habt Ihr ja im Prinzip erst einmal alles über Bord geworfen, was
Ihr in der Hinsicht an Erfolgen erreicht hattet.
Ich finde, dass es auch auf dem letzten Album Songs gab, die Hitsingles hätten werden können…
…aber als etablierter
Künstler weiß man ja auch mittlerweile, dass man für’s Mainstream-Radio einfach
gewisse Kriterien erfüllen muss.
Das Problem ist aber auch, dass wir ja auch keine Künstler sind, die es für die Radiostationen lohnt, aufzubauen, weil eben nicht genug, bzw. nicht regelmäßig genug etwas nachkommt. Aber wir würden gerne ins Mainstream-Radio, wir wollen ja von möglichst vielen Leuten gehört werden.
Was ja im Prinzip
immer das (kommerzielle) Traumziel ist – nur dann hättet Ihr mit „No Guts No
Glory“ auch gar nicht erst anfangen dürfen, oder?
Naja, es gab durchaus Sachen, die man hätte spielen können, aber da haben sich die Leute offensichtlich gar nicht rangetraut. Aber jetzt haben wir ja mit „Still love you“ eine Hitsingle, an der keiner vorbeikommen wird…
Eure erfolgreichsten
Alben waren „Beautiful Morning“ und „Weight of the Circumstances“ – man hat ein
bisschen das Gefühl, dass Ihr da mit dem neuen Album wieder hinwolltet…
Das stimmt. Musikalisch steht „SIX“ auf jeden Fall in der Tradition der ersten drei Alben. Trotzdem haben wir versucht, ein „roughes“ Album zu machen – nur mit besseren Songs dieses Mal.
D.h., das Experiment
mit dem letzten Album ist nicht geglückt?
Das stimmt leider, ja. Wir stehen immer noch extrem zu und hinter diesem Album, und wir haben eben durchaus versucht, diese Live-Energie auch wieder aufzunehmen, aber auf eine weniger kompromisslose Art, damit wir die Fans nicht wieder so überfahren… (lacht).
Weniger kompromisslos
heißt also, dass ihr Euch in Eurer künstlerischen Freiheit beschneiden musstet?
Wir haben nicht das Gefühl, dass wir uns beschnitten haben, wir haben uns eben einfach nur mehr Zeit gelassen und an den Songs mehr gefeilt, die Songs ein bisschen mehr „eingekleidet“.
Was wäre bei „No Guts
No Glory“ herausgekommen, wenn Ihr Euch mehr Zeit gelassen hättet?
Das hätte nicht funktioniert. Dieses Album lebt davon, dass wir es so belassen haben, wie wir es produziert haben – direkt, roh und quasi live aus den Instrumenten in die Rille.
Im letzten Jahr hatte
Marta mit Oomph einen Riesenhit – helfen Euch solche Sachen zu noch mehr
Popularität, oder seid Ihr schon da, wo Ihr hinkommen könnt?
Wir hoffen ja immer noch, dass wir mal die Stadien füllen können (lacht), aber wir sind unendlich dankbar, dass wir so weit gekommen sind, wie wir jetzt sind. Dass wir seit einer so langen Zeit so gut dabei sind, dass wir sechs Alben veröffentlichen konnten, dass die Fans immer noch zu uns kommen – da fühlen wir uns durchaus privilegiert.
Was habt Ihr mit der
Aktion „Die Happy bewegt etwas“ vor?
Wir wollen mit dem längsten Video aller Zeiten ins Guiness Buch (lacht). Die Fans können teilnehmen, sollen sich beim Gehen, Laufen, Springen filmen, das einschicken, und wir nehmen von jedem Video ein paar Sekunden und ergänzen damit das bereits bestehende Video auf myvideo.de. Und wir machen das so lange weiter, bis wir das längste Video haben. Wir wissen leider nur noch nicht, wie lang es dazu überhaupt sein muss… aber wir peilen erst einmal eine Stunde an.
Welchen Stellenwert
hat die Band für die einzelnen Mitglieder? Ist das immer noch ein Fulltimejob,
oder gibt es eher immer Phasen, in denen Ihr Euch nur um die Band kümmert?
Das kann man schwer trennen, weil sich für eigentlich alle irgendwas immer auch um die Band dreht. Das wird dann immer auch mal extremer, wie zuletzt bei der Produktio dieses Albums
Das heißt, für andere
Projekte habt ihr gar keine Zeit?
Also ich persönlich nicht. Marta hat ja immer mal wieder Gastauftritte bei anderen Bands und Ralf hat mit der „Rote Tor Fraktion“ einen Song für den VfB Stuttgart geschrieben, der läuft da immer mal.
Gibt es
Songwriter-Vorbilder für Dich?
Dianne Warren, absolut. Diese Frau hat die ideale Formel gefunden aus Einfachheit und großer Melodien. Das ist schon nachahmenswert – aber leider meistens einfach Glückssache. Sie hat auch unsere erste Fremdkomposition geschrieben, die wir mal auf einem Album hatten: „I Am“. Ich bin auch großer Aerosmith-Fan, und Diane Warren hatte ja auch Hits wie „Crazy“ – ich steh total auf ihre Art.
Welchen Song hättest
Du denn gerne geschrieben?
Hmm, vielleicht „Ruby“ von den Kaiser Chiefs, den hätten wir glaube ich alle gerne geschrieben. Eine sehr prägnante Hookline und sehr authentisch.
In Texten wie „Don’t
you“ scheint Marta sehr persönlich zu werden…
Das stimmt, da hat sie mit einer Freundin „abgerechnet“, mit der sie, etwas Probleme hatte. Aber mittlerweile verstehen sich die beiden wieder ganz gut.
Und der Text tut
Marta jetzt leid?
Nein, ich glaube die weiß auch noch nichts von dem Song…
Dann gibt es wieder
den Marta-typischen „Fernweh“-Song, „Easy come, easy go“
Ja, wir sind nach wie vor gerne unterwegs und freuen uns immer wieder, wenn es endlich wieder losgeht. Und gleichzeitig gibt es ja mit „Coming Home“ auch das Gegenstück, das beweist, dass wir es auch zu schätzen wissen, nach Hause zu kommen, Freunde treffen zu können…
Eine Seite, die noch
wichtiger werden könnte, wenn Ihr erst anfangt, Familien zu haben.
Was natürlich das Ziel für alle von uns ist, aber Fury haben auch das seit Jahren geschafft, mit Kind und Kegel zu touren…
In diesem Jahr zum letzten
Mal, ja. Nach zwanzig Jahren ist da ja jetzt offensichtlich Schluss – ist das
eine Marke, die Ihr Euch auch setzen könntet?
Wir sind ja derzeit bei 15 Jahren, momentan arbeiten wir vor allem auf unser 1000. Konzert hin, da sind wir bei rund 870 – und vielleicht fällt das ja sogar zusammen.
Wie, und dann ist
auch Schluss?
Zumindest könnte man sich erst einmal eine kleine Zwischenbilanz ziehen…