Seit
50 Jahren steht er auf der Bühne. Singt seine Lieder und erzählt
Geschichten
dazu. Mal mehr, mal weniger, denn eigentlich geht es ja immer um die
Songs.
Normalerweise. Aber wenn man mit den Stones und den Bee Gees getourt
ist, Bo
Diddley und Little Richard getroffen hat, die einzige
Beatles-Deutschlandtournee begleitet hat, zwischendurch mal Pächter des
legendären Star Clubs war oder auch ein ganzes Jahr für den NDR
unterwegs war,
dann gibt es ganz schön was zu berichten. Und das macht er am Liebsten
auf der
Bühne. So das Konzept seiner Tournee, die er 2009 begonnen und 2010 fortgesetzt hat. Aber dank der enormen Nachfrage (fast
alle Auftritte waren ausverkauft) gibt es auch 2011 noch Nachschlag -
und damit lässt sich auch gleich das runde
Bühnenjubiläum mitfeiern....
Ein spannendes
Unterfangen, was Du Dir da ausgedacht hast! Und schön!
Ja, das ist auch für mich schön – und fast wie ein kleines
Wunder für mich selbst auch. Wir haben ja immerhin gedacht, wenn Du mal
30
wirst, musste Dir aber mal einen richtigen Beruf suchen. Dass
einen Musik durch das ganze Leben tragen kann, und zwar ohne
mit der Brechstange auf Mainstream gemacht zu haben – das ist schon
interessant.
Obwohl Du ja durchaus
auch Hits landen konntest!
Ja, und rückblickend wird deutlich: immer wenn ich versucht,
habe, bewusst einen Hit zu machen, dann hat es nicht geklappt. Und die
Hits,
die da waren, sind ganz zufällig entstanden. Wenn ich z.B. meinen
kommerziell
größten Hits „Aloha Hey“ nehme – das war ja eine ganz alte Nummer, den
hab ich
in einem Umzugskarton wieder gefunden und dachte, `och, das neue Album
ist zwar
schon fertig, aber lass mich doch mal sehen, ob wir daraus nicht auch
noch was
machen können´. Dann hab ich mir schnell einen Text einfallen lassen
und den
einfach mal mit aufgenommen. Kann ja nicht schaden.
Aber wenn man wirklich versucht, clever zu sein, Formate zu
berücksichtigen usw. – das ist – fast – nie was geworden. Ganz am
Anfang hat
das noch geklappt – „Come on and sing“, aber das war ja auch nur ein
Liedchen,
das ist ja auch völlig unbedarft entstanden. Aber später meinte man ja,
dazu
gelernt zu haben. Was man sich da alles selber in den Weg gelegt hat…(lacht). Du beginnst das
Konzert mit der Ansage „dies ist ein etwas anderes Konzert“ – dabei
warst Du
doch schon immer auch Entertainer, oder?
Ja, aber bei den „normalen“ Konzerten passiert es immer
wieder, dass wenn man mal zu ausschweifend wird, und Anekdoten
auskramt,
Zwischenrufe kommen „hey, sabbel nicht so lang rum, mach mal weiter“.
Andere
fanden das auch immer schon interessant, also hab ich gedacht, dieses
Storyteller-Konzept wäre doch auch mal etwas. Ist ja mehr eine Mischung
aus
Lesung und Konzert.
Wobei Lesung nicht
ganz stimmt, weil Du ja nicht abliest.
Richtig, das ist schon sehr spontan, was, und v.a. wie ich
das erzähle. Aber ich habe natürlich ein Manuskript, in dem ich mir mal
Stichworte notiert habe.
Das Album klingt, als
wenn Du keine Lust hättest, Deine Autobiografie zu schreiben. Und da Du
Musiker
und Entertainer bist, nimmst Du das einfach auf und veröffentlichst das
auf CD.
„Mein Leben – das Hörbuch“ sozusagen…
Da ist durchaus etwas dran. Ich hab mich zwar immer noch
nicht ganz davon verabschiedet, mir vorzunehmen, so etwas noch zu
machen, aber
dafür bin ich noch zu unruhig, zu hibbelig. Musik ist für mich
schneller
formbar als Texte. Und wenn ich anfange etwas zu schreiben, kommt immer
der
Songtexter durch und dann überlege ich jeden Satz, wie ich ihn am
besten
schreibe, ob ich nicht doch mit dem Ende anfange… und das würde für
eine
Biografie zu anstrengend (lacht)! Abgesehen davon rede ich ja gerne,
wie mir
der Schnabel gewachsen ist, benutze Hände und Füße, fang noch mal von
vorne an
– das klappt auf der Bühne, das darf passieren, wenn das spontan kommt,
aber
ich weiß noch nicht, wie ich das ins schriftliche übersetzen soll. Die
Nuss
muss ich erst noch knacken!
Die Laufzeit einer CD
ist ja begrenzt. Inwieweit sind das jetzt die erzählenswerten
Highlights und
inwieweit wird das auf der nächsten Tournee noch ergänzt durch ganz
andere
Geschichten?
Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Aber als ich im
letzten Jahr mit diesem Konzept anfing, wusste ja noch keiner, was man
machen
kann. Und erst während der Tournee merkte ich, dass das ankam. Und es
dauerte
auch mehrere Abende, bis ich wusste, wie ich die Sachen wirklich am
besten
erzählen kann – oder wie und wo ich mich v.a. etwas kürzer fasse. Den
Gedanken,
dieses Konzept aber jetzt noch einmal ganz anders fortzusetzen, kann
ich
verstehen – aber da ohnehin jeder Abend ein bisschen anders ist, werden
auch in
diesem Jahr dieselben Zutaten einfach neu gemischt.
Welchen Wert hat der
Erzählteil auf CD? Lässt sich das überhaupt so konservieren?
Vielleicht nur in einem eingeschränktem Maße. Ich bin ja
auch der Meinung, dass es nichts ehrlicheres gibt, als eine
Live-Darbietung.
Das passiert in dem Moment, und entweder es klappt oder eben nicht. Da
kann man
nicht zurückspulen oder raus schneiden. Deswegen ist Auftreten so
wichtig,
deswegen hab ich ja irgendwann dahin zurückgefunden.
Es gab ja durchaus eine Zeit, in der ich dachte, Platten
machen, reicht ja auch. Aber irgendwann merkte ich, dass das, was da
auf der
Bühne passiert, eine Welt für sich ist. Und eine Interaktion mit dem
Publikum –
denn Reaktionen gibt es ja immer. Und, dass das Adrenalin auf der Bühne
ist
einfach ein anderes ist, als im Studio. Deshalb ist es auf der CD ja
auch
getrennt, da kann man sich die Musik mehrmals anhören, und die
Storyteller-Seite hört man sich alle paar Jahre mal an.
Rundes Bühnenjubiläum
hast Du ja erst nächstes Jahr – wie legst Du denn da jetzt noch einen
drauf?
Puh, das hab ich mir noch gar nicht überlegt – war mir auch
gar nicht bewusst, ehrlich gesagt. Aber das stimmt, die ersten
Auftritte mit
den Rattles waren 1961. Die Kollegen feiern das ja auch schon dieses
Jahr –
sogar mit einem neuen Album. Aber zu dem werde ich mich jetzt nicht
äußern!
Wäre das nicht sogar
eine Option gewesen, dass Du diese Jubiläumstour mitmachst?
Nee, das ist ja Teil des Problems. Ich will das gar nicht.
Kuck doch, was ich seit den Rattles alles an verschiedenen Projekten
gemacht
habe – das alles hätte ich mit der Band nie hingekriegt, dafür braucht
es
verschiedene Musiker, verschiedene Einflüsse, weniger
Demokratiegequatsche. In
einer Band kann es eben schnell mal passieren, dass da drei Leute vor
Dir stehen
und sagen, Jaja, Achim, wir wissen, dass Du den Song nicht gut findest,
aber
wir drei wollen ihn, also sing ihn! Und das war nichts für mich. Diese
frühen
60er waren meine musikalische Kinderstube, die hat wichtige Weichen
gestellt,
ohne die Zeit hätte all das andere später so nicht stattgefunden. Aber
wir
waren kleine Jungs und da kann man nicht den Rest des Lebens dran
festhalten,
da muss man sich musikalisch weiterentwickeln. Es gibt immer wieder
Leute, die
dann sagen, ach mach doch noch mal so eins Folksliedalbum, oder eine
Balladenvertonung wie Herr v. Ribbeck, usw. aber das war ja alles
schon. Warum
soll ich das noch mal machen?
Gibt es denn schon
Pläne für weitere Projekte?
Also in diesem Fall muss ich sagen, gibt es die nicht. Nach
so einem Ding hab ich mir auch erstmal ne Pause verdient. Sag ich im
Moment.
Mal sehen, was mir so passiert, ich bin ja immer offen – und ruckzuck
stehe ich
schon wieder bis zu den Knien in der nächsten Arbeit. Wir werden sehen!