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Achim Reichel 

Interview 2011

Seit 50 Jahren steht er auf der Bühne. Singt seine Lieder und erzählt Geschichten dazu. Mal mehr, mal weniger, denn eigentlich geht es ja immer um die Songs. Normalerweise. Aber wenn man mit den Stones und den Bee Gees getourt ist, Bo Diddley und Little Richard getroffen hat, die einzige Beatles-Deutschlandtournee begleitet hat, zwischendurch mal Pächter des legendären Star Clubs war oder auch ein ganzes Jahr für den NDR unterwegs war, dann gibt es ganz schön was zu berichten. Und das macht er am Liebsten auf der Bühne. So das Konzept seiner Tournee, die er 2009 begonnen und 2010 fortgesetzt hat. 
Aber dank der enormen Nachfrage (fast alle Auftritte waren ausverkauft) gibt es auch 2011 noch Nachschlag - und damit lässt sich auch gleich das runde Bühnenjubiläum mitfeiern....

Ein spannendes Unterfangen, was Du Dir da ausgedacht hast! Und schön!
Ja, das ist auch für mich schön – und fast wie ein kleines Wunder für mich selbst auch. Wir haben ja immerhin gedacht, wenn Du mal 30 wirst, musste Dir aber mal einen richtigen Beruf suchen. Dass einen Musik durch das ganze Leben tragen kann, und zwar ohne mit der Brechstange auf Mainstream gemacht zu haben – das ist schon interessant. 

Obwohl Du ja durchaus auch Hits landen konntest!
Ja, und rückblickend wird deutlich: immer wenn ich versucht, habe, bewusst einen Hit zu machen, dann hat es nicht geklappt. Und die Hits, die da waren, sind ganz zufällig entstanden. Wenn ich z.B. meinen kommerziell größten Hits „Aloha Hey“ nehme – das war ja eine ganz alte Nummer, den hab ich in einem Umzugskarton wieder gefunden und dachte, `och, das neue Album ist zwar schon fertig, aber lass mich doch mal sehen, ob wir daraus nicht auch noch was machen können´. Dann hab ich mir schnell einen Text einfallen lassen und den einfach mal mit aufgenommen. Kann ja nicht schaden.
Aber wenn man wirklich versucht, clever zu sein, Formate zu berücksichtigen usw. – das ist – fast – nie was geworden. Ganz am Anfang hat das noch geklappt – „Come on and sing“, aber das war ja auch nur ein Liedchen, das ist ja auch völlig unbedarft entstanden. Aber später meinte man ja, dazu gelernt zu haben. Was man sich da alles selber in den Weg gelegt hat…  (lacht).

Du beginnst das Konzert mit der Ansage „dies ist ein etwas anderes Konzert“ – dabei warst Du doch schon immer auch Entertainer, oder?
Ja, aber bei den „normalen“ Konzerten passiert es immer wieder, dass wenn man mal zu ausschweifend wird, und Anekdoten auskramt, Zwischenrufe kommen „hey, sabbel nicht so lang rum, mach mal weiter“. Andere fanden das auch immer schon interessant, also hab ich gedacht, dieses Storyteller-Konzept wäre doch auch mal etwas. Ist ja mehr eine Mischung aus Lesung und Konzert.

Wobei Lesung nicht ganz stimmt, weil Du ja nicht abliest.
Richtig, das ist schon sehr spontan, was, und v.a. wie ich das erzähle. Aber ich habe natürlich ein Manuskript, in dem ich mir mal Stichworte notiert habe.

Das Album klingt, als wenn Du keine Lust hättest, Deine Autobiografie zu schreiben. Und da Du Musiker und Entertainer bist, nimmst Du das einfach auf und veröffentlichst das auf CD. „Mein Leben – das Hörbuch“ sozusagen…
Da ist durchaus etwas dran. Ich hab mich zwar immer noch nicht ganz davon verabschiedet, mir vorzunehmen, so etwas noch zu machen, aber dafür bin ich noch zu unruhig, zu hibbelig. Musik ist für mich schneller formbar als Texte. Und wenn ich anfange etwas zu schreiben, kommt immer der Songtexter durch und dann überlege ich jeden Satz, wie ich ihn am besten schreibe, ob ich nicht doch mit dem Ende anfange… und das würde für eine Biografie zu anstrengend (lacht)! Abgesehen davon rede ich ja gerne, wie mir der Schnabel gewachsen ist, benutze Hände und Füße, fang noch mal von vorne an – das klappt auf der Bühne, das darf passieren, wenn das spontan kommt, aber ich weiß noch nicht, wie ich das ins schriftliche übersetzen soll. Die Nuss muss ich erst noch knacken!

Die Laufzeit einer CD ist ja begrenzt. Inwieweit sind das jetzt die erzählenswerten Highlights und inwieweit wird das auf der nächsten Tournee noch ergänzt durch ganz andere Geschichten?
Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Aber als ich im letzten Jahr mit diesem Konzept anfing, wusste ja noch keiner, was man machen kann. Und erst während der Tournee merkte ich, dass das ankam. Und es dauerte auch mehrere Abende, bis ich wusste, wie ich die Sachen wirklich am besten erzählen kann – oder wie und wo ich mich v.a. etwas kürzer fasse. Den Gedanken, dieses Konzept aber jetzt noch einmal ganz anders fortzusetzen, kann ich verstehen – aber da ohnehin jeder Abend ein bisschen anders ist, werden auch in diesem Jahr dieselben Zutaten einfach neu gemischt.

Welchen Wert hat der Erzählteil auf CD? Lässt sich das überhaupt so konservieren?
Vielleicht nur in einem eingeschränktem Maße. Ich bin ja auch der Meinung, dass es nichts ehrlicheres gibt, als eine Live-Darbietung. Das passiert in dem Moment, und entweder es klappt oder eben nicht. Da kann man nicht zurückspulen oder raus schneiden. Deswegen ist Auftreten so wichtig, deswegen hab ich ja irgendwann dahin zurückgefunden.
Es gab ja durchaus eine Zeit, in der ich dachte, Platten machen, reicht ja auch. Aber irgendwann merkte ich, dass das, was da auf der Bühne passiert, eine Welt für sich ist. Und eine Interaktion mit dem Publikum – denn Reaktionen gibt es ja immer. Und, dass das Adrenalin auf der Bühne ist einfach ein anderes ist, als im Studio. Deshalb ist es auf der CD ja auch getrennt, da kann man sich die Musik mehrmals anhören, und die Storyteller-Seite hört man sich alle paar Jahre mal an.

Rundes Bühnenjubiläum hast Du ja erst nächstes Jahr – wie legst Du denn da jetzt noch einen drauf?
Puh, das hab ich mir noch gar nicht überlegt – war mir auch gar nicht bewusst, ehrlich gesagt. Aber das stimmt, die ersten Auftritte mit den Rattles waren 1961. Die Kollegen feiern das ja auch schon dieses Jahr – sogar mit einem neuen Album. Aber zu dem werde ich mich jetzt nicht äußern!

Wäre das nicht sogar eine Option gewesen, dass Du diese Jubiläumstour mitmachst?
Nee, das ist ja Teil des Problems. Ich will das gar nicht. Kuck doch, was ich seit den Rattles alles an verschiedenen Projekten gemacht habe – das alles hätte ich mit der Band nie hingekriegt, dafür braucht es verschiedene Musiker, verschiedene Einflüsse, weniger Demokratiegequatsche. In einer Band kann es eben schnell mal passieren, dass da drei Leute vor Dir stehen und sagen, Jaja, Achim, wir wissen, dass Du den Song nicht gut findest, aber wir drei wollen ihn, also sing ihn! Und das war nichts für mich. Diese frühen 60er waren meine musikalische Kinderstube, die hat wichtige Weichen gestellt, ohne die Zeit hätte all das andere später so nicht stattgefunden. Aber wir waren kleine Jungs und da kann man nicht den Rest des Lebens dran festhalten, da muss man sich musikalisch weiterentwickeln. Es gibt immer wieder Leute, die dann sagen, ach mach doch noch mal so eins Folksliedalbum, oder eine Balladenvertonung wie Herr v. Ribbeck, usw. aber das war ja alles schon. Warum soll ich das noch mal machen?

Gibt es denn schon Pläne für weitere Projekte?
Also in diesem Fall muss ich sagen, gibt es die nicht. Nach so einem Ding hab ich mir auch erstmal ne Pause verdient. Sag ich im Moment. Mal sehen, was mir so passiert, ich bin ja immer offen – und ruckzuck stehe ich schon wieder bis zu den Knien in der nächsten Arbeit. Wir werden sehen!