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Simple Minds (2009)

Ältere Interviews mit Jim Kerr: 2001 -  2006  

„Black & White“ hieß die letzte Veröffentlichung, mit der sich die Simple Minds mit einem Paukenschlag zurück meldeten und mit der sie es auch zurück auf die Erfolgsspur vergangener Tage schafften. Was wohl auch der Grund ist, weshalb die Zeitspanne seit dem kürzer scheint, denn die Band um Sänger Jim Kerr hat in der Zwischenzeit immer wieder von sich Reden gemacht. „Graffiti Soul“ ist der nächste Knaller, der sich klanglich an den Großtaten der Band orientiert und sich auch qualitativ mit ihnen messen lassen kann. Ich sprach mit Jim Kerr.Jim Kerr im Interview

Ich war überrascht, dass es schon vier Jahre her ist seit „Black & White“…
Ich kann es selber nie glauben, wie schnell die Zeit vergeht – wir haben gerade unser 30jähriges Bühnenjubiläum gefeiert – für mich sind das gefühlte 15!

Klanglich beginnt das neue Album da, wo das letzte Album aufgehört hat, oder?
Ja, das kann man durchaus so sagen, aber ich würde dazu gerne etwas weiter ausholen: Vor sieben Jahren war es sehr schwer für die Simple Minds, die schwerste Zeit, die wir überstehen mussten. Ideen fehlten, Dinge wurden etwas verzweifelt, wir wurden unzufrieden – aber das ist vorbei! Die letzten fünf, sechs 6 Jahre ging es wieder bergauf, wir konnten das Auto wieder in die richtige Richtung wenden und es sogar wieder auf Fahrt bringen - und das letzte Album war wirklich ein Album, mit dem wir sehr zufrieden waren. Nicht einmal die Tatsache, dass unsere Plattenfirma plötzlich verschwand, hat uns groß zurückgeworfen.

Interessant ist, dass sich der Sound während der folgenden Stücke wandelt. Während das Black & White Album ja eine Rückkehr zu Euren früheren Tagen war mit sehr elektronischen „Wave“-Klängen, und das neue Album damit anfängt, scheint sich das Album mit jedem Song weiterzuentwickeln. Womit Ihr ein bisschen Eure Weiterentwicklung wiederholt, die auch in den Achtzigern zu beobachten war, oder?
Oh, danke, das ist ein großes Kompliment für mich! Ich glaube, es gibt da eine Dynamik, und ja, es gibt da Ähnlichkeiten. Wie gesagt, vor ein paar Jahren hatten wir wirklich ein Problem mit neuen Ideen, und das, obwohl die Simple Minds für ihre Ideen bekannt war. Und unglaublicherweise ist diese Kreativität zurückgekommen, und dafür sind wir sehr dankbar. Wir haben uns nie gesagt, dass wir irgendwohin wieder zurückgehen wollen, denn das geht ohnehin nicht: Man selbst ändert sich, die Welt ändert sich usw., aber es gibt immer dieses Ziel, ein Album zu machen, von dem man sagen kann, es sei ein Klassiker aber gleichzeitig auch zeitgemäß. Klingt einfach, aber das ist sehr schwer, denn man kann nie sagen, b man hineinpasst. Witzigerweise passt es dann manchmal einfach, so wie in den letzten Jahren durchaus ein Trend zu beobachten war, in dem die alten Zeiten plötzlich wieder ganz aktuell wurden, dass Wave-Pop, oder wie man den Sound, für den wir und ein paar andere Bands in den Achtzigern bekannt waren, wieder up-to-date war. Ganz plötzlich ist also die Zeit einfach die richtige.

Während der letzten Tournee hattet ihr angefangen, das „New Gold Dream“ Album zu spielen, wie kam es dazu?
Nun, die Simple Minds waren nie besonders gut darin, zurück zu blicken, weil wir uns immer lieber auf neue Ideen konzentriert haben und dann haben wir immer gesagt, zurückblicken können wir ein anderes Mal. Aber das letzte Jahr war in vielerlei Hinsicht etwas Besonderes. Wir hatten 30jähriges Bühnenjubiläum, und es gab zwei Möglichkeiten, wie man darüber denken kann: entweder wir ignorieren es, ich meine, wer will schon mit seinem Alter angeben, oder aber man feiert es, ich meine, wen kümmert es? Und es gibt ja auch gute Gründe, 30 Jahre zu feiern – Mick Jagger macht das seit 45 Jahren, Lou Reed auch! Also haben wir uns dafür entschieden und dann kamen wir auf das Album, das vielleicht nicht unser kommerziell erfolgreichstes war, aber das oft als künstlerischer Meilenstein betrachtet wird. Und Tatsache war, dass wir viele Songs davon nie live gespielt hatten, also war auch das etwas ganz besonderes. Diese Retro-Sache ist mal ganz lustig, aber nur, wenn dein neues Album die gleiche Vitalität und Energie hat und nicht wie von einer dreißig Jahre alten Band klingt, sondern von einer Band, die hungrig ist, heiß darauf, Eindruck zu hinterlassen. Und das war der Deal, den wir mit uns selbst gemacht haben.

Jim Kerr2Nun ist es nicht ganz einfach, Euch als junge, hungrige Band zu sehen… aber um das mit New Gold Dream in Beziehung zu setzen: Das neue Album scheint genau diese Art von Sound aufzunehmen, oder?
Genau den Sound? Nein (lacht). New Gold Dream war für mich nie ein Rockalbum. Dafür ist es zu soft, viel mehr Pop.

Also habt ihr nicht vor, Eure Entwicklung der Achtziger noch einmal zu wiederholen…
Nein, wiederholen kann man das eh nicht. Aber ich glaube, man hat seine Gene. Man sieht seine eigene Band, hat seine Trademarks, und die kann – und will die auch gar nicht loswerden.

Das letzte Album und vor allem die letzte Tour waren ein Riesenerfolg – trotz 80s-Revival Trends, etc. – war dies mehr als man erwarten konnte?
Dieses ganze positive Feedback ist natürlich großartig und wir sind sehr dankbar dafür, aber mit Blick auf das, was heutzutage auch gerade im Hinblick auf die Technik möglich ist kann ich nur sagen: Diese Band klingt besser als jemals zuvor! Intensiver, abwechslungsreicher, dramatischer – und ich hätte nicht für möglich gehalten, dass ich das zu diesem Zeitpunkt noch einmal sagen würde – und DAS macht mich glücklich!

Tatsache ist ja auch, dass nachdem Du nach Italien gezogen bist, ein Hotel aufgemacht hast, ich so ein bisschen den Eindruck hatte, dass ein ganz neuer Lebensabschnitt für Dich begonnen hatte – bist Du überhaupt noch interessiert daran, zu 100% ein Rockstar zu sein?
Es hat eine Weile gedauert, aber ich habe begriffen, dass man eine solche Sache nicht halbherzig machen kann. Einerseits, wenn man eine so lange Karriere hat, muss man zusehen, dass man sich auch etwas anderes nebenher aufbaut, denn wer möchte schon so eindimensional sein? Aber gleichzeitig wandelt man auch auf einem sehr schmalen Grad, denn wenn man an diesem Punkt steht, an dem man ein neues Album fertig hat und veröffentlichen möchte, muss einem klar sein, dass das die gesamte Aufmerksamkeit braucht.

Natürlich gibt man als Künstlern immer alles, das man zu geben imstande ist, aber denkt man ob des Zeitaufwandes, der danach folgt nicht auch manchmal, die Hälfte des Erfolgs wäre jetzt auch genug?
Erfolg ist nur eine Seite. Und sobald man ein Album raus bringt, möchte man natürlich, dass so viele Menschen wie möglich es hören, bzw. zumindest die Chance bekommen, davon zu erfahren. Aber noch wichtiger ist die andere Seite: Das ist eine psychologische Frage. Man wacht auf und hat eine Idee. Ich war neulich im Kino und plötzlich, aus dem Nichts schwirrte mir diese Idee zu einem Song im Kopf herum, so dass ich mich überhaupt nicht mehr auf den Film konzentrieren konnte. Also kann man sagen, trotz jeglicher Gedanken oder Pläne, die ich absichtlich machen könnte, geht es in erster Linie darum. Man muss die Ideen loswerden, sie am besten herausschreien, um Platz im kopf zu bekommen. Und das ist, worum es mir beim Musikmachen geht. Wenn man einen Song schreibt, denkt man nicht an die Platten, die man verkauft hat, oder die man verkaufen könnte, man fängt mit jeder Platte neu an.

Also wird es „dieses Rolling Stones Ding“?
Nun, nenn es die Stones, aber es ist auch das Neil Young Ding oder das Lou Reed Ding und das Peter Gabriel, Leonard Cohen und das Bob Dylan Ding. Das ist der Weg, auf dem man ist. Und auch nach 33 Jahren ist das nicht einfach das Rolling Stones Ding, es ist das Leben. Es ist nicht nur eine Band, es ist, was Du aus deinem Leben gemacht hast. Andere sind Maler oder Tischler geworden, das ist, was uns und unser Leben defniert!