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Interview 2005. Weitere Interviews mit Fish: 1999! 2002! 2004!
Er ist nun mal einer
der besten Sänger – charismatisch in seiner Erscheinung, überaus unterhaltsam
in seinen Konzerten. Das wissen seine Fans. Tatsache ist aber, dass die Zeiten,
in denen er mit Marillion Millionen von Platten verkauft hat vorbei sind – und das
trotz der Tatsache, dass seine Alben von gleichbleibend hohem Niveau sind.
Gerade sein letztes Album „Field of Crows“ war ein neues Klassiker in der
Karriere des Schotten – und verhallte doch mit 40,000 verkauften Exemplaren
vergleichsweise ungehört im Nichts!
Grund genug für Derek
William Dick, alias Fish, sich wieder einer professionelleren Plattenfirma mit
weltweitem Vertrieb zuzuwenden – und mit einem feinen Rückblick auf seine
Karriere-Highlights auf sich aufmerksam zu machen. Obendrein gibt es im November
sogar ein paar Konzerte auf dem europäischen Festland. Zur Zeit des Interviews
tourte er allerdings noch durch England – und präsentierte sich leicht
angeschlagen.
Ihr musstet gestern Euer Konzert sogar absagen – ist´s so schlimm?
Das ist England – und es ist Grippe-Zeit! Diese zwei Dinge passen sehr schlecht zusammen (lacht). Die haben Auftrittsorte hier, das gibt es gar nicht. Da gibt es nicht einmal Duschen! Nichts zu essen in der Nähe, vor ein paar Tagen waren wir in einem Club in Nordengland, da mussten wir nach draußen, um auf die Bühne zu gelangen – durch den Regen, durch die Kälte. Das sind doch keine Zustände! Zwei Gigs stehen noch an, dann geht´s wieder zurück nach Hause. Ich freue mich jetzt schon auf die Gigs in Europa im November!
Allerdings gibt es
nur einen Gig in Deutschland (18.11., Köln)
Ja, ich muss alles ein wenig anders planen. Meine Ex-Frau lebt ja in Berlin, und meine Tochter (Tara, 14) ist zu mir nach Edinburgh gezogen, weil sie dort zu Schule gehen möchte. Was sehr schön ist, und ich war es eh leid, immer so lange an einem Stück auf Tour zu sein. Jetzt diesen guten Grund zu haben, nie viel länger als eine Woche unterwegs zu sein, kann ich sehr genießen. Ich kann die Touren und die Konzerte viel mehr genießen. Aber leider geht das auch zu Lasten der Fans.
Ich dachte schon, die fehlenden Deutschland-Daten wären Deine Antwort auf das unverschämte deutschen Steuersystem...
Nun, so ganz falsch liegst Du damit ja auch nicht. Es ist doch unglaublich, dass der deutsche Staat an meinen Konzerten mehr verdient als ich! Ich meine, meine Konzerte sind knapp kalkuliert. Ich muss meine Leute bezahlen, Unterbringung, Essen, Fahrt – im Prinzip verdiene ich nur an Merchandising und Platten. Und was tut der Staat alles für meine Konzerte? Ich denke, da sollte mal umgedacht werden. Das ist ok, wenn man Bruce Springsteen oder Robbie Williams heißt, aber die meisten Bands arbeiten auf meinem Level, und da müssen einfach andere Maßstäbe gelten.
Ist die aktuelle Tournee bereits die „Misplaced Childhood Tour“?
Ja, wir spielen das Album – und ein paar weitere Marillion Klassiker – und es macht einfach Spaß! Ich habe dieses Album immer geliebt, ich liebe die Dramatik der Story, auf der Bühne ist das mehr ein schauspielern als nur singen. Die ganze Tour fühlt sich ein bisschen an, wie ein alter Mantel, den man im Schrank gefunden hat, und der immer noch perfekt passt. Und er ist sogar wieder in Mode! Und daneben gibt es rund eine Stunde meines Solomaterials.
Und die Idee dafür geht zurück auf Deine ´Enschede-Gigs´?
Ja, es kommt alles davon, dass wir eines Tages bei einem gemütlichen Wein mitten in der Nacht die Idee hatten, mal wieder eine ´Marillion-Nacht´ zu machen. Und nachdem das Wochenende in Enschede allen Beteiligten so viel Spaß gemacht hat, haben wir uns jetzt eben noch einmal das Sahnestück heraus gepickt und daraus eine ´20th-Anniversary-Tour´ gemacht.
Und dann macht ihr noch ein Album daraus?
Wir werden ein paar Gigs mitschneiden und daraus ein Box-Set machen mit jeder Menge Outtakes aus Südamerika etc. Und darauf folgt dann wieder eine Tour im März/April, die auch etwas ausführlicher durch Deutschland gehen soll.
Es gibt ja obendrein noch ein neues Best-of Album von Dir! Ist „Bouillabaisse“ eher Dein persönliches Best-of oder eines, das Deine Karriere am besten widerspiegelt.
Nein, es sind schon meine persönlichen Favoriten. Es fehlen vielleicht ein oder zwei Songs, aber die beiden Alben gehen quer durch meine Karriere. Der Hintergrund zu den Alben war, dass ich immer wieder Pech hatte in meiner Karriere – auch aufgrund falscher Entscheidungen meinerseits. Tatsache war einfach, dass viele meiner letzten Alben definitiv zu schlecht promotet waren und letztes Endes in normalen Ladeketten nicht einmal zu bekommen. Snapper Music ist ein neues Label für mich, mit dem sich das entscheidend ändern soll. Und um die Leute auf meine Karriere aufmerksam zu machen, die mich aus den Augen verloren haben – z.B. nach „Vigil“ oder „Exile“ - und gar nicht wissen, dass ich immer noch Musik mache. Ich meine, sogar in Edinburgh passiert es mir, dass ich angesprochen werde, ob ich noch Musik mache...
Wie passen „Kayleigh“,
„Lavender“ und „Incommunicado“ auf diese Fish-Compilation?
Sie helfen den potentiellen Käufern zu einer Entscheidung (lacht). Es ist doch so, dass man ganz gerne kuckt, ob man Songs kennt, und diese drei Songs waren die größten Hits – auch in Deutschland. Da sagen sich die Leute schon eher, oh ja, das kenne ich, mal sehen, wie sich der Rest anhört.
Es gibt die „Rocketeer“
und die „Balladeer“-Seite – hast Du da eigene Präferenzen?
Nein, das hängt ab von der Stimmung, in der ich bin. Mit seiner Freundin, einer Flasche Wein und zwei Uhr Morgens – dann eher CD 1, gut drauf mit Freunden im Auto – CD 2. Stapel Arbeit mit nach Hause genommen, kleines Gläschen Wodka – CD 1. Es war einfach zu schwierig, das zu mischen und trotzdem noch eine Linie rein zu bekommen.
Es gibt also die Best-of-Scheibe jetzt – was kommt als nächstes?
Ich würde sehr gerne ein Orchester-Album mit einem Orchester in Venezuela machen, und den besten Songs meiner Karriere einen komplett anderen Anstrich, komplett neue Arrangements zu geben. Und im Spätsommer / Herbst will ich dann ein neues Album schreiben. Aber das hängt auch alles von meinen Verpflichtungen im Film ab...
Das war das andere, das Du bereits früher angedeutet hattest – dass Du Deine Filmkarriere gerne ausweiten würdest.
Meine Musiker-Karriere ist mein wichtigster Teil – aber vielleicht auch nicht für immer! Aber ich möchte eben verschiedene Sachen machen – soweit Zeit und Möglichkeiten mir dazu Gelegenheit geben. Ich spiele gerne den Bären und jongliere mit Elefanten (lacht).