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Abschied ohne
Sentmentalität: Versprechen eingelöst!
Jetzt ist es also
amtlich: Die Tournee ist vorbei, es gibt noch ein Abschieds-Live-Album (+DVD)
und dann sind Fury In The Slaughterhouse endgültig Geschichte. Eine dieser
Bands, die irgendwie immer da waren, immer die netten Jungs von nebenan waren,
die man immer wieder gerne live getroffen hat – von der Freude über ein neues
Album ganz abgesehen. Alles vorbei. Ein wichtiges Kapitel deutscher Rockmusik
ist geschlossene Sache. Grund genug für uns, Sänger Kai Wingenfelder noch
einmal um (er)klärende Worte zu bitten.
Interview 2009
Die Verwirrung begann
mit der Tatsache, dass Du im Jubiläumsjahr 2007 noch sagtest, ihr arbeitet an
einem neuen Album! War das so? Wie lange hattet Ihrs probiert?
Gar nicht mal sehr lange. Wir haben festgestellt, dass es
keinen Sinn hat, dass wir Gefahr liefen,
dass wir uns streiten und das wollten wir alle nicht. Wir wollten auch gerne in
fünf Jahren noch zusammen ein Bier trinken gehen können, da war die Wertigkeit
für uns schnell klar: Wir haben uns für die Freundschaft entschieden und haben
die Band beendet.
Nachdem Du auch
wieder in Soloaktivitäten eingestiegen warst hattet Ihr alle Eure eigenen
Projekte – in wieweit hat das zur Entscheidung beigetragen?
Eigentlich nicht viel. Die Soloprojekte waren immer schon
einfach Experimente um zu sehen, was man sonst noch so machen kann. Ich hatte
ja mit Little Red Riding Hood schon sehr früh 1996 damit begonnen und wir haben
alle immer verschiedene Produktionen gemacht, aber das waren alles keine
Sachen, die uns von der Band weggezogen haben. Es war eher so, dass wir uns
weiterentwickelt haben, auch in verschiedene Richtungen. Wie in einer Ehe. Das
uns plötzlich Sachen mehr genervt haben, als früher. Dass sich unsere
Einstellung zu Musik geändert hat. Das ist schade, zumal wir ja auch eine Menge
Spaß hatten, auch auf der Abschiedstournee, aber ein gemeinsames Album hätten
wir nicht mehr geschafft.
Wie schwer war die
Abschiedstour?
Die war leicht. Wir hatten das Ziel vor Augen und wir haben
gespielt wie junge Wilde, die total Lust haben. Ich hatte auch überhaupt keine
Bauchweh, ie anderen haben das gleiche gesagt, obwohl ich mir nicht ganz sicher
bin, ob das bei allen die volle Wahrheit war… aber mir war von vornherein klar,
was wir machen, und es ging mir gut dabei. Bei mir kam die Sentimentalität
eigentlich erst danach.
Wie definitiv war die
Abschiedstournee?
Sehr definitiv. Ich weiß, es gibt da jede Mange anderer
beispiele für so etwas, aber so wie wir das verstehen, haben wir nicht vor,
diese Abschiedstournee noch einmal zu wiederholen.
Wie schwer war die
Suche nach der Setlist?
Nicht schwer. Unser Ziel war ja, unser Versprechen
einzulösen. Wir hatten ja in unserem Jubiläumsjahr sowohl eine Best-of-Tour wie
auch eine Party-Tour angekündigt. So haben wir einfach ein bisschen länger
gespielt und beides kombiniert und einfach Vollgas gegeben.
Und hat die Suche
vielleicht auch gezeigt, dass ihr da wirklich rausgewachsen seid?
Nein. Klar hat man sich bei manchen Songs gesagt, das ist
lange her, aber man wächst da nicht unbedingt raus. In manchen Momenten haben
wir uns eher zurückversetzt gefühlt.
„Hello & Goodbye“
ist als 3. Song relativ bedeutungsschwanger platziert… da kriegt man schon einen Kloß im Hals. Ich hab mich ein
bisschen gefühlt wie ein Take That-Teenie…
Bei mir wars meine Tochter, die mich mal anrief, als ich
nicht zu Hause war: „Papa, spielst Du heute im Konzert?“ Nein, Papa spielt kein
Konzert, Papa macht jetzt was anderes. Papa singt nicht mehr.“ „Papa singt nie
wieder? Nie wieder??“ Und dann hab ich auch geheult.
Aber ich glaube, das ging Einigen so. Wir haben eine Menge
Leute gesehen, die geweint haben, ich glaube für viele ist da ein Teil ihrer
Jugend zu Ende gegangen.
Spätestens beim
folgenden „Radio Orchid“ merkt man, wie emotional das alles wird… kann man da
überhaupt noch normal singen?
Ich konnte das, ja. Ich war da gar nicht so emotional, ich
habe mich sehr gefreut, diese Tournee spielen zu können, wie gesagt, bei mir
kam das erst danach.
„One good Reason to
go“ – ich schätze ihr habt mittlerweile 100 gute Gründe geschickt bekommen,
NICHT zu gehen, oder?
Wir haben 135.262 gute Gründe zu gehen: Die Zuschauer der
letzten Tournee. Aber was soll ich sagen? Ich find’s ja auch schade, aber es
ist wie es ist. Und ich glaube, es ist einfach besser so. Wir sind an einem
Punkt, an dem die Band noch etwas wert ist, und deswegen ist das doch ein
optimaler Moment.
Jetzt gibt es die
Abschieds-DVD – dieses Abschiedskonzert in Hannover, wo steht das in der
Hierarchie der Fury-Konzertgeschichte?
Auf jeden Fall in der Top-10, das war schon ein sehr
spezieller Abend. Und die DVD gibt das Konzert bis auf jeden Ton genau so
wieder, wie es war, wir haben alles drauf gelassen, nichts geschnitten, nichts
nachgebessert.
Warum erscheint die
DVD bei Warner?
Weil es ihre Idee war. Die haben uns eine Woche vor der Show angerufen und
gesagt, es wäre doch total bescheuert, so etwas nicht zu machen. Wir hatten
aber andere Sachen, um die wir uns kümmern mussten, also haben wir gesagt,
probiert es, wenn ihr’s hinkriegt, können wir das machen. Und wir waren alle
sehr überrascht, wie schnell und unkompliziert die das alles auf die Beine
gestellt haben.
Deine Tochter hat
Dich ja offensichtlich auch schon gefragt: Was kommt denn als nächstes?
Arbeiten. Ich bin nach dem Konzert nach Hause gefahren, habe
meine Sachen gepackt und bin zu meinem neuen Job in Bremen gefahren, damit ich
auch ja nicht erst auf dumme Gedanken komme. Ich arbeite drei Tage die Woche in
Bremen, zwei Tage noch zuhause, mache Filme und bin sehr froh, eine neue Heimat
gefunden zu haben.
Filme? Du bist
Musiker!
Nein, ich war Musiker! Ich ernähre jetzt meine Familie wie
jeder andere normale Mensch auch. Jetzt bin ich Medienberater für eine große
Firma eines Freundes. Das heißt, ich mache auch ein bisschen Musik für die
Filme, schmeiße für die den gesamten Medienauftritt, aber mehr nicht. Zumindest
momentan nicht. Es kann schon sein, dass ich mit meinem Bruder zusammen was
Neues auf die Beine stelle, aber jetzt ist es mir wichtiger, mich auf meinen
neuen Job zu konzentrieren.
Und die anderen Furys?
Thorsten ist auch umgestiegen: Er ist Fotograf geworden,
Christian hat eh sein eigenes Studio, produziert seine eigenen Sachen,
Christoph ist mit den Wohnraumhelden unterwegs, von Gero weiß niemand genau,
was er vorhat und Schumann macht viel für die Per Mertesacker Stiftung, Werbung
etc.. Also alle in festen Händen!