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Sie sind wieder
da! Bandauflösung, fast 10 Jahre Albumpause, Ausstieg mehrerer Mitglieder –
alles egal, denn sie machen einfach da weiter, wo sie aufgehört haben – und das
in klassischer Originalbesetzung mit u.a. Steve Lukather, David Paich, Steve Porcaro
und Joseph Williams. Und sie werden
offensichtlich mit offenen Armen aufgenommen, wenn man die Planungen der
Konzertveranstalter sieht. Die kommende Tournee wird sie eine Weile
beschäftigen. Am 10. Juni wird ihr Gig in der Stadthalle Bremerhaven den
Auftakt zu den deutschen Konzerten darstellen. Wir sprachen mit Gitarrist und
Sänger Steve Lukather, der sich zunächst so anhörte, als müsste er sich für ein
neues Album rechtfertigen…
Hey Mann, es geht mir immer besser. Wenn`s mal läuft,
dann läufts. Ich habe glänzende Jahre hinter mir, es ging mir gesundheitlich
nie so gut, es fühlt sich an wie ein neues Leben.
Da kommt ein neues
Toto-Album ja gerade richtig – immerhin das erste seit 9 Jahren!
Es passt, das stimmt. Und es hat in der Tat verdammt
lange gedauert. Ich hatte auch nicht erwartet, dass wir überhaupt noch einmal
eines veröffentlichen würden. Diese ganzen Rechtsstreitigkeiten können einen
ganz schön nerven. Aber irgendwann klärten sich die Dinge und es schien das Beste
zu sein, was wir machen konnten. Wir würden unserem Freund Mike Porcaro weiter
unterstützen können, wir hätten neue Musik, die wir live spielen können und wir
würden alle Probleme einfach wegrocken. Also haben wir uns gesagt, wenn wir
diese Platte machen, dann lass sie uns so gut machen, wie wir können. also
haben wir 10 Monate daran hart gearbeitet – für unsere Fans, und um den Beweis
anzutreten, dass wir sehr wohl noch in der Lage sind, neue Ideen zu
produzieren, anstatt nur alte Sachen des Geldes wegen wieder und wieder aufzuwärmen.
Naja, zum Geld
verdienen sind neue Album jedenfalls nicht mehr da, oder?
Nee, das war einmal. Im letzten Jahr gab es in den USA nur zwei Platinalben…
das sagt alles, glaube ich. Aber wir haben alle Zeit in dieses Album gesteckt,
um ihm das Beste mitzugeben. Ich meine, sieh es realistisch: Noch einmal zehn
Jahre, da bin ich 67, wer weiß, ob es da überhaupt noch Platten gibt. Also:
Falls dieses unsere letzte Platte ist, haben wir uns mit einer guten
verabschiedet.
Es gab eine Zeit,
in der Du die Band nicht mehr sehen konntest!
Ja, Ende 2007 hatte ich genug. Die Band war nicht mehr
dieselbe, der einzige, mit dem ich die Band gegründet hatte, konnte nicht mehr
richtig, und es fühlte sich nicht mehr richtig an. Also bin ich ausgestiegen.
Heute spiele ich bei Toto wieder mit all meinen Jugendfreunden und wir haben
eine großartige Zeit. Damals musste ich ein paar Dinge in die Hand nehmen, in
erster Linie mein eigenes Leben, also bin ich nach Hause, um gesund zu werden,
ein paar Prioritäten zu ändern und den Fokus wieder scharf zu stellen. Dann kam
die Nachricht von Mikes Muskelkrankheit ALS und wir wollten ihm helfen, also
gingen wir 2010 auf Tournee mit den ganzen alten Freunden, die ganzen
originalen Musiker – und dann nahm das Ganze sehr schnell wieder Fahrt auf.
In den 9 Jahren
seit dem letzten Album hast Du ein paar Soloalben veröffentlicht – was ist der
Unterschied, ein Album mit Toto zu machen?
Ich arbeite, ich komponiere. Irgendwas läuft immer. Das
heißt, wenn Toto gerade nichts machen, schreibe ich Songs für mich – und das
ist gut so. Ich mag das. Ich kann machen, was ich will. Ich muss auch nicht die
ganze Zeit auf der Bühne stehen und „Africa“ singen. Ich habe 10 Soloalben und
ein Publikum, das mich solo sehen möchte, also mache ich das.
Du erwähntest, ihr
habt 10 Monate an dem Album gearbeitet…
Ja, nicht durchgehend, aber immer wieder.
Und das war das
klassische Zusammenarbeiten, oder habt ihr mp3s hin und her geschickt?
Nein, wir waren zusammen in einem Raum. Ich habe kein
Studio in meinem Haus, ich schicke keine mp3s. Ich hab das für Sessions schon
gemacht, aber mit Toto geht das nicht. Da müssen wir uns streiten wie Brüder
darum, wie es klingen soll, und aus dieser Spannung entsteht etwas Neues,
Kreatives. Da pusht man sich gegenseitig. Da kennen wir auch alles von uns:
„hey, das kannst Du besser“, oder „den Scheiß hast Du letztes Mal schon
gespielt, lass uns was Neues ausprobieren.“ Und dann wird man wild, „hey, was
redest Du“ – das ist kreative Spannung und am Ende umarmt man sich, lacht und
geht wieder nach Hause. Natürlich ist man zwischendurch auch genervt. Jeder von
uns meint ja, zu wissen wie es geht, jeder steckt sein Herzblut rein, jeder
will mitreden, da sind eine Menge starker Persönlichkeiten in einem Raum, aber
es ist ein Geben und Nehmen.“
Da klingt richtig
old-school…
Ja, absolut, ich bin Old-school, und da bin ich auch
stolz drauf. Das ist Rock’n’Roll! Wir hatten die Akustikgitarre, einen Flügel
und haben uns die Ideen um die Ohren geschmissen. Und wenn eine gute dabei ist,
dann arbeiten wir daran. Und manchmal kommt auch was Großes dabei raus, wie in
„Great Expectations“.
Ja, das große
Finale!
Wir sind sehr stolz darauf. Dieser Song definiert, was Toto 2015 für mich sind,
das ist das Beste, was wir können.
Nun das ganze Album
ist eine klassische Toto-Mischung aus Rocksongs und epischen Songs, oder?
Das haben wir versucht, und ich bin froh, dass du das so sagst, vielen Dank!
Man kann ja nur abliefern, was man kann und dann muss man sehen, wie es die
Leute da draußen sehen. Aber bis jetzt hab ich glücklicherweise noch keine
negativen Meinungen gehört – außer von Leuten, die mal in der Band waren….
(lacht).
Nun, Songs wie „Holy
War“ oder „21st Century Blues“ zeigen schon euer Können. Ist das übrigens Eure
Definition eines heutigen Blues-Songs?
Da ist eine Menge Steely Dan drin, da ist aber auch
70s-Prog drin, ich meine, du kannst Parts hören, wo du denkst, hey da scheinen
die wohl gerade „Close tot he Edge“ gehört zu haben, und wir lächeln, denn wir
lieben Musik.
Der Song hätte
auch auf „Tambu“ sein können, oder?
Ich weiß es nicht, so vergleichen wir die Songs und Alben nicht.
Gibt es – außer
„Great Expectations“ – Songs, von denen du sagen würdest, die können so nur in
dieser Besetzung und auf diesem Album klingen?
Wenn ich ehrlich bin, sitzen wir nicht zusammen und
überlegen wie wir klingen sollten oder gerade nicht klingen sollten. Wir
arbeiten an Passagen, arbeiten Texte aus, zwischendurch gibt es andere Dinge zu
tun, ich war auf Tour mit Ringo, dann arbeiten zwei andere gerade mal an einem
Song weiter, ich weiß nicht, ob es Songs gibt, die so nur 2014 entstehen
konnten.
Was machen die
ganzen Gäste auf dem Album? Wie kam z.B. Michael McDonald mit auf das Album?
Wir haben letztes Jahr eine Tournee mit ihm gemacht – und
Michael war immer Teil der Familie. Wir sind 1974 schon mit Steely Dan getourt
und an einem Punkt wäre er fast zu Toto gekommen, wenn er nicht bei den Doobie
Brothers eingestiegen wäre. Er war schon immer ein guter Freund – und er wollte
gerne mitmachen. Er hat eine sehr markante Stimme, da fanden wir‘s eine nette
Idee. Und es gab mehrere Bassisten, das hat sehr viel Spaß gemacht.
Jetzt geht’s
wieder auf Tour – und nachdem Du Toto zuletzt als Sommer-Spaß bezeichnet
hattest, scheint es dieses Mal eine längere Geschichte zu werden?
Ja, zwei Jahre wird uns das wohl beschäftigen. Wir haben
Anfragen aus der ganzen Welt, da kommen wir mit 1, 2 Sommern nicht hin. Aber
wir beschweren uns nicht.
Was wäre denn ein
größerer Erfolg für euch, eine Hitsingle oder ein Hitalbum?
Na, das wäre ein Ding, wenn wir es noch einmal mit einem
neuen Song ins Radio schaffen würden, oder? Obwohl es da durchaus potentielle
Songs gäbe – so wie „Orphan“ oder „Holy War“, aber wir sind nicht in dem Alter,
in dem man für Radiosingles gefragt ist.
Wir sind so dankbar, dass wir das nach 40 Jahren immer noch
machen können und so viele Leute uns sehen wollen – alles andere interessiert
mich nicht. Wir sind da sehr dankbar. Ich hab einen Job, Mann!
Nun das war nie
die Frage, oder?
Nun, Künstler sind immer ein bisschen paranoide,
unsichere Leute. Jeder Job könnte der letzte sein, aber ja, meine „Tanzkarte“
wie wir es nennen war schon sehr gut gefüllt in den letzten Jahren. Aber ich
habe auch eine Menge Leute, um die ich mich kümmern muss, da bin ich froh, dass
das gesichert ist.
Und die
Tanzpartner müssen jetzt erstmal warten?
Mein Zeitplan ist total krank, ich habe keine Ahnung, wie
ich das durchstehe, aber so, lange es mir dabei gut geht, soll das wohl so
sein. Momentan hab ich noch ein paar Wochenendshows mit Larry Carlton, dann
komme ich drei Tage nach Hause und gehe einen Monat mit Ringo auf Tour und dann
starten wir mit Toto im Mai in Glasgow. Das härteste daran ist nur, dass ich
meine Kinder zu selten sehe. Die sehen mich immer nur in der täglichen Skype-TV
Show (lacht). Aber wie gesagt: Wir sind dankbar dafür. Und ich kann das in
meinem Alter noch viel mehr genießen, als früher. Wenn man jung ist, dann
kriegt man das alles gar nicht so mit, dann passiert alles nur. Dieses Mal
werde ich an jeder Rose riechen!