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Zwölf Jahre lang war er Teil der großen Musik-Industrie und musste sich mit den REMs, Green Days, Morissettes und anderen Madonnen herum schlagen. Doch zu lange schon hatte Jörg Tresp Pläne für etwas eigenes, zu sehr ging es ihm nicht um die großen Namen, sondern um die guten Bands. Die richtig guten eben. Und während die Industrie begann, sich gesund (?) zu schrumpfen, entwickelte Tresp seine Vision, meldete sich freiwillig zum beruflichen Harakiri und nutzte die folgende Abfindung, um sich auf eigene Füße zu stellen.
Im Prinzip begann alles schon zuvor mit den "About Songs"–Nächten: Monatlich stattfindende "alternative" Disko-Abende, bei denen Tresp seine Neuentdeckungen auflegte (und immer noch auflegt); unbekannte Bands aus dem Ausland, die er bei seinen "Talentsuche-Reisen" aufgetan hat und bei denen er überzeugt ist, dass ihr Potential in Deutschland einfach nur noch nicht erkannt wurde. Eine Intention, die auch sein neues Label aufgreifen sollte: Devil Duck Records begann "irgendwann 2004", so Tresp, mit einer exklusiven Vinyl-Single von Cosmic Casino. Die erste CD-Veröffentlichung war dann von den Norwegern Emmerhoff & The Melancholy Babies im Oktober 2004, einer Band, deren Musik das Duo, das die Devil Duck-Führung anfangs noch war, bei einem Konzert kennen und lieben gelernt hatte: "Genau das, was wir machen wollten", bringt es Tresp auf den Punkt. Also sprach man die Band an, die zu dem Zeitpunkt zwar in ihrer Heimat bereits drei Alben veröffentlicht hatte, international aber noch ein unbeschriebenes Blatt war. Ihr Repertoire wurde für ein Best-of auf "Misty Trails" zusammengefasst und bildete die erste Devil Duck-CD.
Entsprechend der Grundidee ihres Labels, Bands international zu entdecken und dem heimischen Markt vorstellen sind unter den momentan zehn beim Label beheimateten Bands die deutschen Namen klar in der Unterzahl. Das zweite Pferd im Stall z.B. kommt aus Amerika, musikalisch ohnehin der Haupteinfluss in den Vorlieben der Labelbetreiber: Magnapop hatten eine Vergangenheit mit Michael Stipe und Bob Mould, da traf man schnell auf gemeinsame Interessen. Auch der Tausendsassa Walter Schreifels (u.a. Gorilla Biscuits, Quicksand, Rival Schools) landet mit seinem Projekt Walking Concert bei Devil Duck.
Das Hamburger Label punktet seitdem mit Lizenzdeals für Veröffentlichungen aus dem Ausland, die (über den Vertrieb von Indigo) v.a. auf dem deutschen, österreichischen und Schweizer Markt erscheinen. Und der Vision folgend, diese Bands hier dauerhaft "aufzubauen", sollten die Zusammenarbeiten natürlich auch langfristig sein. Apropos Visionen: Wenn man die umsetzen will und sich die, wie im Falle Tresp auf langjährige Erfahrungen stützen und somit relativ klare Gestalt angenommen haben, dann kann es da mit einem Partner schon mal Probleme geben. Seit Anfang letzten Jahres ist Tresp Alleininhaber von Devil Duck Records. Denn bei aller Liebe zur Musik ist Tresp klar: "Natürlich ist so ein kleines Label ein mutiger Schritt, wenn man sieht, dass alle kleine oder auch größere Labels sparen müssen, einige im letzten Jahr sogar zumachen mussten. Aber man hofft, dass es eine Nische gibt, die groß genug ist, dass man irgendwann auch davon leben kann. Ich könnte auch ein Jazz oder Metal-Label machen, das ist sehr viel einfacher, weil es da eine wesentlich breitere und kaufwilligere Käuferschicht gibt. Aber meine Metal-Zeit ist leider schon 20 Jahre her – und auch Jazz ist einfach nicht meine Welt", lacht Tresp.
Und so wichtig es ist, sich und sein Label in einer bestimmten Ecke zu positionieren, so wichtig ist ihm auch der Spagat seines persönlichen Geschmacks: "Was mir gefällt, traue ich mir auch zu, zu machen. Man darf da nicht zu eng werden, sonst könnte man ja eine Band, die einem persönlich gefällt, einfach nicht machen." Weshalb, nachdem sich zunächst mit Karamel auch ein deutscher Songwriter in die Reihen geschlichen hatte, Tresp auch seine Postrock-Vorlieben in dem einzigartigen Hamburger Trio Susan Screen Test erfüllt sah. "Sie sind eine der wenigen deutschen Bands, die wirklich einen eigenen Stil haben und die ich sehr mag – und denen ich auch großes Potential zuschreibe."
Musik, die auch nicht in seine "About Songs"–Idee passen, der Tresp auch immer noch erlegen ist, und die er seit mittlerweile gut 3 Jahren verfolgt – seit 2 Jahren im Hamburger Club Grüner Jäger, neuerdings auch jedes Mal mit ein Live-Act dabei – und der er auch seine eigene Sampler-Reihe gewidmet hat. "Mein Ziel ist es, ´About Songs´ als Marke zu etablieren, mit der ich auch gerne auf Tournee gehen möchte." Denn die Kombination neuer Künstler, neue CD funktioniert seit jeher am besten mit der Erweiterung Tournee, das weiß der Labelchef. Da er aber diese Seite nicht selbst übernimmt, hat er oft Probleme, seine neuen Acts unterzubringen. Was sich wiederum in den Verkaufszahlen widerspiegelt, weshalb sich Tresp zusätzlich noch im Band-Management und als Dozent an der Business-Akademie verdingt. "Natürlich steckt das alles noch in den Kinderschuhen. Und es bleibt immer die Frage: Riskiere ich, noch größer einzusteigen, mit weiterer Hilfe, oder versuche ich, das langsam aufzubauen, und weiter meiner Vision zu folgen, den Bands ein Forum bieten zu können und ihnen die Aufmerksamkeit widmen zu können, die sie verdienen?"
Für das laufende Jahr hat Tresp jedenfalls große Pläne. Neben den erwähnten mit ´About Songs´ hat er mit den Schweden friska viljor (23.2.), den Hamburgern Mr. Brown (23.3.) sowie Tuco`s Lounge aus Norwegen (18.5.) auch schon die nächsten Namen am Start. Daneben sind mit Say Hi To Your Mom (New York) und Karamels zweiten Album, sowie 1, 2 Sachen, die noch nicht unter Dach und Fach sind, noch weitere Alben in Planung. Und auch wenn die "schwarzen Zahlen" derzeit noch auf sich warten lassen, so weiß Tresp doch zumindest um seine gute Tat. Mit seinen edel aufgemachten Digipacks bleiben seine Veröffentlichungen etwas Besonderes. "Ich glaube einfach daran, dass es die Nische für mich gibt. Und ansonsten bleibt es mein Lebenswerk."