Rock-, Pop- und Szene-News und mehr....
Mit "Life in times of Terry Hoax" ging es 1991
los, der erste
Durchbruch gelang aber erst mit dem Folgealbum
"Freedom Circus",
und da vor allem mit der Coverversion von Depeche Mode's
"Policy
of Truth". Das vierte Album trägt den bisher
kompliziertesten
Namen, hat die aufwendigste Produktionsgeschichte und
steht unter
einem guten Stern: ein Album voller Zufälle, seltsamer
Momente
und großer Geschichten. Ralf Koch hat versucht, ein paar
von ihnen
aus Sänger Oliver Perau und Bassist Armin Treptau
herauszukitzeln.
Diabolo: Das
vierte Album, es gibt wesentliche Veränderungen zu
den ersten drei,
oder?
Perau: Also es ging damit los, dass wir dieses Mal nicht
in Hannover
aufnehmen wollten, sondern irgendwo weit weg, wo wir
losgelöst von
heimischen Problemen und Störungen uns voll auf die Musik
konzentrieren
konnten. Nachdem unser anfänglicher Plan, in ein Studio
auf Malta zu
gehen kurzfristig geändert werden musste, kamen wir auf
Los Angeles.
Diabolo: Der
Produzent ist auch neu. Wie seid Ihr zu dem gekommen?
Treptau: Tommy Newton kommt aus Hannover, und er kannte
unsere Musik, und
hatte sich in einem Interview mal sehr positiv über uns
geäußert. Und
da hatten wir uns eigentlich schon gesagt, dass wir den
vielleicht mal
treffen sollten. Der erste Schritt kam aber sogar von
ihm, als er
nämlich erfuhr, dass wir vor einer neuen Scheibe standen.
Und wir
verstanden und von Anfang an sehr gut.
Diabolo:
Interressant ist auch der deutsche Titel. Wie kam der zustande?
Perau: Der stammt nicht direkt von uns, der kommt aus dem
Fernsehen. Wir
brauchten ein paar Background-Samples für
"Dreamer", und dann haben wir
irgendeine Sendung angestellt, und ein Mikro
davorgestellt. Und was dann
passierte, war einfach unglaublich. Wir haben einfach nur
diese 7 Minuten
genommen, nichts mehr daran herumgeschnitten, und es kam
einfach nur wahnsinnig
gut hin. All das was da zu hören ist, ist genau in dem
Moment aus dem
Fernseher gekommen. Auch das, was man im Mittelteil an
Oboen und Streichern
hört, ist nicht von uns gespielt, sondern lief in der
Sendung. Und das passte
also tonal und vom Tempo genau zu dem Stück, und wir
haben alle nur
da gestanden, und haben's überhaupt nicht geglaubt, was
da passierte. Und
unter anderem wird auch gesprochen, wie eben dieser Satz
"Den Kindern geht
es gut, und sie lassen grüßen", und uns blieb nach
diesem Wahnssinszufall
eigentlich schon gar keine andere Wahl, als diesen Titel
zu nehmen. Das
musste einfach ein gutes Omen sein. Aus demselben
Aberglauben ist auch
dieser Song dann die erste Single geworden.
Diabolo: Die CD
ist so abwechslungsreich, dass man meint, ihr hättet absichtlich
so viele
verschiedene Sachen untergebracht, um auf keinen Fall in irgendeiner
Schublade landet.
Wo liegen Eure Wurzeln? Wo würdet Ihr Euch selber sehen?
Treptau: Also sehr auffällig bei uns ist, dass wenn Du
die Plattenschränke der
einzelnen Musiker Dir anschauen würdest, Du kaum Überschneidungen
fändest. Die
musikalischen Wurzeln liegen eigentlich bei Jedem von uns
ganz woanders. Meine
Vorbilder sind zum Beispiel Neil Young oder The Who. Der
einzige Schnittpunkt
scheint bei uns Terry Hoax zu sein, also die Musik, die
wir selber machen.
Perau: Eine "Einordnung" ist natürlich immer ein
Problem. Ich höre sehr viele
Bands, auch sehr viele neue Sachen, aber was mir immer
wieder auffällt bei CDs,
ist dass mir 5-6 Songs gut gefallen, und der Rest ist
Wiederholung. Ich habe oft
den Eindruck, dass den Bands da der Einfallsreichtum
ausgegangen ist,
und sie dann einfach noch ein paar Songs nach ähnlichem
Muster dazuschreiben, um
die CD vollzukriegen. Und den Eindruck wollten wir bei
unseren CDs nie erwecken.
Es ist eigentlich sogar so, dass wir uns zusammenreißen müssen;
es könnte noch
verschiedener sein. Wir wollen uns auch nicht festlegen.
Wir sind in erster
Linie eine songorientierte Band, niemals eine
trendorientierte. Vielleicht sind
wir auch noch auf der Suche, aber ich denke, wir
versuchen es immerhin, unserer
Platte immer unseren eigenen Stempel aufzudrücken.
Diabolo: Relativ überraschend
für Euch ist ein Song wie "Straight on".
Perau: Ja, das könnte man als eine Richtung bezeichnen,
die wir bis jetzt sehr
vernachlässigt haben, die uns aber immer besser gefällt.
Das hat einen tollen
Groove, und ich denke, dass wir darauf noch mehr
hinarbeiten könnten.
Treptau: Obwohl ich immer mehr für die Rock-orientierte
Seite der Band bin,
gerade weil das auch "live" viel Spaß macht,
also Songs wie "Adrenalin" oder
"Weird thoughts are Jazz", muss ich Oliver
zustimmen. Dieses groovige fordert
auch den Musiker auf interessante Weise, und ich denke
auch, dass wir da noch
mehr machen sollten.
Diabolo: Worum
geht es in den Texten?
Perau: Das ist sehr verschieden, das sind relativ alltägliche
Themen. "Teenager"
entstand zum Beispiel, als ich mit der Straßenbahn
gefahren bin, und plötzlich
eine Horde Jugendliche hereinpolterte. Und wie ich die so
beobachtete, dachte
ich nur, hoffentlich war ich nie ein Teenager. Und
anschließend habe ich
daraus einen Text gemacht, der natürlich superironisch
ist, weil ich genau
weiß, dass ich nicht anders war. "Hate clean
Train" handelt wiederum davon, dass
ich mit dem Zug unterwegs war, und mit dieser Zug mit
eben dieser Aufschrift
entgegengekommen ist, weshalb wir auch für's Innen-Cover
wochenlang nach
diesem Zug in Hannover gesucht haben. Die Geschichte
darum besteht dann aus
Gedanken dazu und zur heutigen Generation allgemein.
Diabolo: Wieso der Satz "Never make a
record in L.A.?
Perau: Naja, das ist nicht ganz so ernst gemeint. Aber es
ist schon so, dass
man manchmal ein Bild, das man von einer ganz bestimmten
Sache hat, lieber
nicht dadurch zerstört, dass man sich durch die Realität
eines besseren belehren
lässt. Ich meine von den USA, zum Beispiel, hat man immer
das Bild eines fortschrittlichen, zivilisierten Landes. Nach unserem
L.A.-Aufenthalt scheint
mir der einzige Fortschritt und die einzige Zivilisation
zu sein, dass jeder
2-Personen-Haushalt drei Autos (mit 15-l-Verbrauch) hat,
und aller öffentlicher
Nahverkehr dem Ausbau der individuellen Mobilität zum
Opfer gefallen sind.
In heutigen Zeiten ganz schön traurig, finde ich.
Diabolo: Im
November geht's auf Tournee, kennt Ihr die Vorgruppe?
Perau: Nur von ihrer E.P. her, live haben wir
"Marienne" (?) noch nie erlebt,
aber es war schon so, dass wir uns für sie entschieden
haben, weil wir sie
sehr gut fanden. Unserer Meinung heben sie sich etwas von
dieser hochschwimmenden
Welle des Blur/Oasis-Brit-Pops ab. Sie haben ja auch
eigentlich viel mehr
Energie, und die Gitarre kommt schon etwas stärker durch.
Und gerade "live"
sollen die sehr gut sein, was für uns immer eine
Herausforderung darstellt, wenn
die Vorgruppe gut ist, noch einen Tick mehr zu geben. Ist
so'n kleiner Tritt
in den A....
Aktuelles Album: Terry Hoax - Den Kindern geht es gut und
sie lassen grüßen
(metronome)