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„Die Zeichen stehen
auf Sturm“ – der Titel könnte etwas in die Irre führen, denn das erste
Soloalbum des Revolverheld-Sängers ist alles andere als stürmisch. Eher ruhig,
akustisch und mit verschiedenen instrumentellen Spielereien versehen, stellt es
vor allem die Stimme des Frontmannes in den Mittelpunkt. Hier spricht er über die Beweggründe für
den Soloausflug.
War dieses Album
nötig, um deinen Frieden mit dir zu machen – um mal deinen Album-Opener zu
zitieren?
Der Song ist zwar geschrieben aus der Perspektive eines
alten Mannes geschrieben ist, der zurückschaut auf sein Leben und feststellt,
dass es ganz ok gelaufen ist, aber, ja, ich mache mit diesem Album natürlich
auch meinen Frieden. Aber den hatte ich vorher auch schon.
Es ist ja immer
die Frage – wozu ein Soloalbum?
Bei mir ist der Grund, dass ich sehr viel verschiedene
Musik höre – und auch schreibe, und mit Revolverheld sind es eben eher die
lauten Klänge und verzerrten Gitarren, und die waren ja auch sehr gefragt, als
die Band so abging in den letzten Jahren. Deswegen hab ich in der Richtung auch
viel geschrieben in den letzten Jahren, aber nebenbei gab es parallel auch
immer ruhige Songs – und die passten weder textlich noch musikalisch zu
Revolverheld.
Viele sagen ja
auch, wie ein Song letztendlich klingt, ist nur eine Frage der Umsetzung, also
des Arrangements. Warum also hätten diese Songs keine Revolverheld-Songs sein
können?
Ich glaube, sie sind textlich etwas verkopfter, etwas
mehr um die Ecke gedacht, bei Revolverheld geht es doch eher gerade heraus. Und
musikalisch passte zu diesen Songs eben auch die leise Umsetzung, teilweise mit
Bläsern – das ist alles sehr anders. Bei Revolverheld gehen wir in den
Proberaum mit einer Idee, schrauben daran herum und jeder bringt sich ein, und
am Ende gehen 5 Jungs aus dem Proberaum und sagen „Yes, wir haben einen geilen
Song geschrieben!“ Ich war bei diesen kleinen, persönlichen Geschichten einfach
nicht bereit, die in diese Banddemokratie zu werfen.
Die Songs sind also
noch mehr von dir?
Ja, es sind auf jeden Fall meine kleinen, persönlichen
Geschichten. Die hab ich nicht alle selber so erlebt, aber ich habe eine
persönliche Beziehung dazu.
Ist das jetzt das
Soloexperiment oder der Anfang vom Ende?
Nee (lacht), das ist jetzt das Soloexperiment. Aber ich
kann mir schon vorstellen, dass das weitergeht. Nach dem Winter wollen wir neue
Songs mit der Band schreiben, dann kommt irgendwann ein Album, aber ich will
nicht ausschließen, dass es ein zweites Soloalbum gibt.
Und die Songs des
Soloalbums sind jetzt ein Best-of deiner Solosongs, oder sind die in einer
bestimmten Phase entstanden?
Das ist in der Tat ein Best-of, der älteste Song ist rund 7 Jahre alt.
Wie siehst du denn
die Entwicklung mit Revolverheld eigentlich – von der „Generation Rock“ zur
NDR2-Dauerrotation mit der letzten Single.
Man wird ja auch älter… (lacht). Über den Song
„Generation Rock“ kann ich heute natürlich auch schmunzeln, das war unsere
Vergangenheit, ist Teil meiner Geschichte, aber es stimmt natürlich, das letzte
Album hat natürlich damit nicht mehr so viel zu tun. Aber ich meine auch, dass
man Texte nicht allzu wichtig nehmen sollte. „Generation Rock“ war natürlich
mit einem Augenzwinkern – auch damals schon. Es ging ja auch nicht darum, dass
wir die neue Genration Rock waren, das wäre wohl etwas vermessen. Das war
einfach nur der Aufruf, aufzustehen, seinen Arsch hochzukriegen und etwas zu
unternehmen – statt immer nur zu meckern. Das können nämlich sehr viele sehr
gut… Und der Song hat das eben auch auf eine andere Art erzählt, als z.B.
„Spinner“ vom letzten Album.
Das Duett
„Rosalinde“ ist mit?
Meinem Papa. Der hat schon seit den 60ern Musik gemacht,
früher viel Jazz in Kneipen, und auch Chansons, und ich bin damit aufgewachsen.
Und seit 1966 ist er im Sommer immer auf Spiekeroog, anfangs hat er in einer
kleinen Kneipe gespielt und am Strand geschlafen, heute ist er „der
Dünensänger“, d.h. er leitet Touristen zum Singen an. Und diesen Song gibt es
schon seit den 70er Jahren, geschrieben von einem Musikerpaar aus Worpswede,
und es war immer mein Traum, den mal aufzunehmen. Und das fand ich jetzt ganz
passend – auch mit meinem Vater den Song im Wohnzimmer aufzunehmen, und meine
Mama singt im Hintergrund, das war sehr schön.
Faszinierend dabei war für mich, zu sehen, wie ähnlich unsere Stimmen
sind.
Und wer ist
„Anna“?
Darüber spreche ich nicht.
Aber es gibt sie?
Ja, darüber spreche ich ja nicht. Nee, damit hab ich sehr
schlechte Erfahrungen gemacht, deswegen lasse ich das jetzt lieber. Der Song
muss für sich selbst sprechen.
Warum ist die
Soloerfahrung so wichtig? Man hat die ganze Arbeit alleine, muss die Schelte
ganz alleine einstecken…
Ich kann da nur für mich selber sprechen, aber ich wollte
die Erfahrung einfach mal alleine machen. Abgesehen davon, dass mir die Songs
eben zu persönlich waren für den Bandkontext. Wie fühlt es sich an, mal alles
selbst zu machen.
Ist das auch ein
„Ego-Ding“, zu sehen, wie viel von dem Erfolg, den man mit der Band hat, von
einem selbst komm? Ich meine, so als Sänger…
Das Ego-Ding weniger bezogen auf den Erfolg, als
vielmehr, zu sehen, was dabei herauskommt, wenn man das alleine macht. Das ist
das Spannende, und das Experiment auch. Das war mein persönliches Interesse,
das zu sehen. Das Ego-Erfolgs-Ding sollte ja bei allen Sängern befriedigt sein.
Ja, aber es ist ja
immer nur ein Fünftel des Gesamterfolges…
Das stimmt, ja, aber man muss ja auch ehrlich sein, der
Sänger steht ja immer am meisten im Mittelpunkt. Wer da nicht befriedigt ist,
dem ist dann auch nicht mehr zu helfen.
Die wird aber nur
in dem einen Song beschrieben, oder gibt es denn noch andere Songs über Anna?
Jetzt durch die Hintertür? Ich meine, da spreche ich ja
nicht drüber.
Klar. Aber du
kannst ja über andere Songs sprechen, die auch über Anna sind…
Nee, ich hab ja schon gesagt, dass nicht alle Songs
autobiografisch sind und manche Songs ja auch mehrere Personen zusammenfassen.
Z.B. „Es tut mir weh dich so zu sehen“ ist…
…nicht über Anna?
Nein, es ist keine Frau direkt angesprochen.
OK, dann hab ich
auch keine weiteren Frage mehr.
Lacht.
Doch: Zu den
Konzerten: Erstmal gibt es Dich am 23.11. in Jever mit den Wingenfelders!
Ja, klasse. Ich war früher totaler Fury Fan und dann
rufen die Jungs an und fragen ob ich mit will. Das passte natürlich super. Und
ich find das total spannend, was die da machen. Da freu ich mich schon drauf.
Und danach geht’s auf
Solotour – u.a. in Bremen am 4. Dezember im Modernes.
Ja, mit Band, mein Freund Philip Steinke, mein Produzent,
der an allen Instrumenten einfach alles kann, die Sau. Und Dennis von den
Fotos, einer meiner ältesten Freunde, mit dem hab ich in meiner ersten
(Schul-)=Band gespielt. Er kommt aus Osterholz-Scharmbeck, ich aus Worpswede.
Am Schlagzeug sitzt Marco Möller, der war u.a. bei Asher Lane und am Bass ist
Rodriguez aus Berlin.