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Queensryche

Interview 2011

Die Seattle Rocker standen immer zwischen den Polen Metal und Rock. Mit einer Vergangenheit im Metal erreichten sie den von den Fans dieser Seite geliebten und euphorisch gefeierten künstlerischen Höhepunkt mit dem „Operation:Mindcrime“ Konzeptalbum. Kommerziell erfolgreicher war indes der Nachfolger „Empire“. ZwanzigJahre später greift ihr neues Album "Dedicated to Chaos” diese Seite wieder auf – und geht noch einen großen Schritt weiter. Was in erster Linie an der Art liegt, wie mit den Instrumenten experimentiert wurde, sagte Sänger Geoff Tate im Gespräch.

 

Es gibt ein paar musikalische Veränderungen, oder?

Wir ändern uns immer, das ist zumindest unser Ziel.

 

Das ist also eine ganz bewusste Entscheidung?

Ja, ganz bestimmt.

 

Und wie würdest du den aktuellen Sound beschreiben?

Würde ich gar nicht – das ist die Aufgabe anderer Leute – und jeder hört eh etwas anderes darin.

 

Ok, dann fange ich anders an – sind Queensryche eigentlich eine Metal- oder eine Rockband?

Genres haben uns nie interessiert. Das ist nicht, was wir uns auf die Fahne geschrieben haben. Wir brauchen ja auch keine Erklärung für das, was wir machen.

 

Ich fragte nur, weil ich denke, dass ihr noch nie weiter entfernt wart vom „Metal“ als auf dem neuen Album, oder? Oder zumindest nicht seit dem „Empire“ Album.

Ich weiß nicht, das ist sehr schwer für mich, das zu beurteilen. Wir setzen uns nicht hin, um ein Metalalbum oder ein Rockalbum zu schreiben. Wir machen Musik, wollen unsere Ideen niederbringen, eine Atmosphäre zu kreieren, Musik zu schreiben, die den textlichen Ideen oder der Geschichte, die wir versuchen zu erzählen, entspricht.

 

Gibt es eine Geschichte auf dem neuen Album, oder sind es eher einzelne Songs?

Normalerweise setzen wir uns erst hin und sprechen über unsere Pläne. Wir machen dann noch gar keine Musik, wir reden einfach nur. Was wollen wir erreichen, gibt es bestimmte Ziele? Und dieses Mal hatten wir keine Geschichte, wir wollten experimentieren mit der Art, wie wir die verschiedenen Songs komponieren. Ich tu mich schon schwer, es Album zu nennen, für mich ist das mehr eine Playlist. Uns das war unser Ansatz für die neue Arbeit. Und der Startpunkt waren ein paar Ideen, die unser Bassist Eddi und Scott, unser Drummer geschrieben hatten. Und wir mochten den rhythmischen Fokus, den sie da reingebracht haben, und entschieden uns, das zum übergreifenden Thema des Albums zu machen – im Gegensatz zu Gitarrenriffs, die wir vielleicht früher im Fokus hatten. Und wir wollten unsere Instrumente anders spielen, uns weiterentwickeln, Musik anders angehen.

 

Das heißt?

Scott hat sein Drumkit einfach komplett anders zusammengebaut. Ich habe mein Aufnahmestudio an verschiedene Orte verpflanzt, so dass ich immer wieder neue Inspirationen und Umfelder hatte. Das haben wir auch früher schon mal gemacht. Zum Beispiel, als wir und für ein halbes Jahr in eine Holzhütte auf einer Insel verschanzt haben für „Promised Land“ oder auch in ein ganz anderes Land umgezogen sind. Das ist unheimlich gut für die Inspiration.

 

Ist jedes Album damit eine Reaktion auf das vorige?
Nein, nicht unbedingt. Das kann vorkommen, aber auch da gibt es keinen Plan dahinter. Das „Operation Mindcrime II“ Album hatten wir ja z.B. gleich nach „Empire“ rausbringen wollen, aber dann haben wir den Plan geändert, haben das Album auf Eis gelegt und über die Jahre immer mal wieder weiter dran gearbeitet – und letzten Endes haben wir es erst 2006 veröffentlicht. Und „American Soldier“ basierte auf Gesprächen, die ich mit meinem Vater geführt habe über seine Kriegserfahrungen. Und die Band mochte die Idee, das umzusetzen. Also hat jedes Album seine ganz eigene Geschichte und sein eigenes Umfeld.

 

Auf dem neuen Album geht es – mal wieder – ein paar Male um moderne Technologie – weil du so fasziniert davon bist, oder weil es dich so nervt?

Beides eigentlich. Ich meine, es sind schon faszinierende Zeiten, in denen wir leben. Es gibt so viele spannende Veränderungen in der Gesellschaft, in der Welt, in der Politik, überall. Es ist das Internet, das uns näher zusammenbringt und wir sind Beobachter der Ereignisse auf der ganzen Welt und können fast in Echtzeit reagieren und kommentieren. Und wir waren noch nie so nah. Und deshalb können wir teilhaben an diesen ganzen Veränderungen – und ich kann mir gar nicht vorstellen, dass ein Künstler an Themenmangel leidet, weil es so viel gibt, was man beschreiben und kommentieren kann in der heutigen Welt.

 

Du hast das Album erwähnt, das „Empire“ folgen sollte - musikalisch muss ich sagen, hätte dieses Album sehr gut gepasst! „Empire“ war euer erfolgreichstes Album, oder?

Was die Verkäufe angeht, klar.

 

Allein durch „Silent Lucidity“…

Das Album erschien in der besten Zeit für Albumveröffentlichungen, die es je gab. Wir hatten ein perfekt funktionierendes Marketingtool namens MTV, das Konzept von Video war revolutionär – und wir waren zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle. Wir hatten das richtige Album für die Zeit mit sehr unterschiedlichen Queensryche-Songs, wir hatten eine starke Plattenfirma, die Geld hatte – und die haben Millionen für diese Platte ausgeben. An solchen Maßstäben darf man heute nichts mehr messen. Heute haben alle ihre Probleme, es gibt kaum noch Geld für Werbung – gleichzeitig haben sich die Vertriebswege geändert – alles ist anders. Aber mich würde interessieren, warum du dieses Album als „Empire“-Nachfolger siehst.

 

Schon „Empire“ war in meinen Augen kein Metal-Album – wie es noch die Vorgänger und nachfolgenden Alben waren. Und das neue Album hätte mit Songs wie „Around the World“ oder „Drive“ das mit „Silent Lucidity“ gewonnene Publikum weiter gebunden – das sind Stadionhymnen, oder nicht?

Wenn dieses Album in den frühen Neunzigern rausgekommen wäre, hätte es Millionen verkaufen können, ja, das hätte schon ganz gut gepasst. Aber ich denke nicht in Kategorien für Musik – Musik ist was ich mache, was ich machen muss, es ist in meinem Blut. Wie es bei anderen ankommt, ist außerhalb meiner Kontrolle – ist noch nicht einmal mein Business. Musik ist eine persönliche Reise – für den Künstler wie für den Hörer. Jeden trifft es in seinem ganz eigenen biografischen Weg auf ganz eigene Weise – und dann passt es hierhin oder auch ganz woanders hin.

 

Welche Erwartungen habt ihr heute an ein neues Album?

Ich habe kaum Erwartungen – an ein neues Album wie an das Leben generell. Man kann sich immer nur positiv überraschen lassen.

 

Ihr macht euch also auch keine Gedanken über euer Publikum – oder wen ihr erreichen könntet mit euren Songs?

Nein. Und schon gar nicht beim Schreiben von Musik. Wir schreiben, was uns bewegt, was wir sagen wollen – und das ist die Einstellung der gesamten band. Und da Album ist fertig, wenn wir alle damit glücklich sind.

 

„Around the World“ klingt für mich ein wenig wie U2 – vor allem die Gitarre, ist das The Edge?

Oh ja, definitiv, das

 

Das gemeinsam mit Texten wie „All you need is love“ – das ist schon etwas überraschend – und auch eine neue Seite für Queensryche, oder?

Musikalisch ist das nicht so neu für mich, weil wir mit solchen Themen schon immer gespielt haben. Aber die Kombination aus Melodie und Rhythmus ist wirklich, was neu ist daran.

 

Es gibt sogar diese Samples und Elektronik – ist das neu?

Vor allem an den Drums, ja, Scott liebt diese elektronischen Spielereien – aber das hat er auch schon seit „Rage for Order“ gemacht.

 

Wirklich? Aber es war nie so offensichtlich…

Nun, das ist immer eine Frage, wie weit du damit gehen möchtest und wie sehr du möchtest, dass es sich noch nach richtigen Drums anhören soll. Scott kann alles mit seinen Drums machen, das ist schon spannend. Und er spielt auch eine Menge Keyboards auf dem neuen Album – und viele der Songideen sind an seinem Keyboard entstanden, bevor er mir sie gegeben hat. Und auf dem neuen Album passt das alles sehr gut zusammen.

 

Das stimmt, ich mag es. Wie gesagt, für mich ist das kein Metalalbum – und das mag ich.

Es ist komisch. Normalerweise hören wir uns das Album am Ende immer gemeinsam an – und ich muss sagen, ich konnte dieses Mal gar keine so großen Unterschiede zu unseren früheren Alben feststellen. Außer, dass die Gitarren anders klingen, und das macht schon etwas aus. Die Gitarre ist ein faszinierendes Instrument, man kann es auf so viele verschiedene Arten verwenden. Wir haben ihr dieses Mal den Rhythmusanteil abgenommen und ihr andere Sounds zugeschrieben. Viele sagen, auf dem Album gäbe es viele Keyboards – aber es gibt nur auf vier, fünf Songs überhaupt Keyboards. Der Rest kommt alles von der Gitarre. Und das ist echt cool, finde ich. Das macht die Gitarre zu einer wirklichen Begleitung, ist aber auch nicht so einfach, vor allem, wenn man gewohnt ist, den Rhythmus anzugeben. Scott und Michael haben da eine Menge herum experimentiert – sich auszudehnen, und z.B. eher auf den Offbeats zu spielen. In „Broken“ haben sie mit Multitracks eine ganze Hornsektion ersetzt – das kommt alles von der Gitarre.

 

Ein Song wie „Hot Spot Junkie“ hat einen sehr poppigen Touch.

Ja, denke ich auch. Es hat eine tolle Melodie. Was dann auch wieder ein Ansatz ist, den wir schon immer hatten.

 

Aber musikalisch ist das ein Song, der deinem Soloalbum sehr nahe kommt – das auch sehr viel mehr Pop hatte, als Queensryche.

Einzelne Songs hatten ein, was man als Pop-Arrangement bezeichnen würde, ja. Andere Songs, wie „In other Words“ hatten das auch nicht, und ein Song wie „Broken“ vom neuen Queensryche-Album kann man auch definitiv nicht als Poparrangement bezeichnen.

 

Dein Soloalbum hatte auch schon mit der Tatsache überrascht, dass du offensichtlich nicht wirklich aus einem Metal-Umfeld kommst.

Queensryche ist die Summe seiner Teile – und auch die anderen kommen aus ganz verschiedenen Hintergründen. Und wenn wir zusammen kommen, geht es gar nicht so sehr um die Musik, wir versuchen abzustimmen, was wir aussagen wollen.

 

Gibt es Pläne für ein weiteres Soloalbum von dir?

Seit Jahren arbeite ich an neuen Songs, aber ich habe keine Ahnung wann das ein neues Album ergeben wird.

 

Eine Frage zu Chris DeGarmo: Er hat versucht, zurück in die Band zu kommen, aber es hat offensichtlich nicht geklappt. Warum?

Hmm, ich weiß es nicht. Er ist eine seltsame Natur. Er kommuniziert nicht wirklich ehrlich, was er denkt und plant. Das hat dazu beigetragen, dass die Chemie nicht stimmte.

 

Und das Thema ist jetzt durch? Oder wie sieht das die Band?

Ich sehe nicht, dass das passiert, aber ich will mich da auch nicht festlegen. Es könnte sein, dass er morgen anruft und fragt, ob wir Musik machen wollen, man weiß das nie bei ihm. Ich glaube, er ist in letzter Zeit in erster Linie mit seiner Familie beschäftigt.

 

Das macht es nicht sehr wahrscheinlich, dass er morgen anruft.

Ich rechne nicht damit.

 

Was ok ist für dich.

Für mich, klar. Er ist länger aus der Band, als er je drin war. Und wir kommen alle gut klar damit. Aber wenn er anrufen würde, würde ich bestimmt nichts dagegen haben, mich mit ihm zu treffen – und zu sehen, was dabei rauskommt.