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Lloyd Cole: Singer/Songwriter goes Bandsound – auch ohne Band

Der Wahlamerikaner Lloyd Cole bleibt auch auf seinem neuen Soloalbum seiner Linie treu – und hat sich doch verändert  

 Interview 2006

www.lloydcole.com

 

Lloyd Cole (geboren am 31.1.1961 in England) war von 1984 bis 1989 Sänger von Lloyd Cole & The Commotions, mit denen er drei Alben veröffentlichte (Rattlesnakes ´84, Easy Pieces ´85, Mainstream ´87), bevor er sich entschied, die Band zu verlassen. Nach seinem Umzug nach New York begann er seine Solokarriere (Lloyd Cole ´90), mit der er sich immer mehr von dem Popsound der Commotions zum minimalistischen Singer/Songwriter-Folk entwickelt. "Antidepressant" ist sein 8. Soloalbum, daneben gibt es ein Box-Set ("Collected Recordings", ´01), ein Album mit der New Yorker Band "Negatives" (´00) sowie verschiedene Compilations.

 

Es mag einige geben, die nicht gerade unberechtigte Hoffnungen hegten, dass der 45-jährige Brite seine Aktivitäten mit den Commotions fortführen könnte – immerhin war es diese Kombination, mit der er am erfolgreichsten war – mit Hits wie "Perfect Skin", "Lost Weekend" oder "My Bag". Und immerhin hatte es 2004, anlässlich des 20. Jahrestages des Commotions-Debütalbums "Rattlesnake" ja schon so etwas wie eine Reunion gegeben – inklusive Tournee Großbritannien. Aber Lloyd Cole winkt ab: "Eigentlich hat mir diese Tournee nur gezeigt, warum ich so lange froh war, das hinter mir gelassen zu haben." Trotzdem gibt auch sein neues Soloalbum genug Grund zur Freude.

 

Die Plattenfirma spricht von einer Rückkehr zu etwas mehr Bandsound – ist es das?

Ja, ich denke schon Immerhin hat es Schlagzeug und Bass mit drauf, was es auf meinem letzten Album schon mal nicht gab. Nicht, dass das Album als Band eingespielt wurde, das ist mehr oder weniger nur ich, aber ich habe versucht, es etwas mehr wie von einer Band klingen zu lassen. Es schien mir so, als wenn die Songs einen Beat verlangten. Sie sind eher Pop- als Folk-Songs. Und damit kommen sie durchaus in die Nähe meiner Vergangenheit mit den Commotions. Aber in Deiner Frage höre ich, dass Du nicht unbedingt dieser Meinung bist…

 

Es hat was davon, klar, aber ehrlich gesagt, sehe ich keinen dramatischen Unterschied zu den letzten Alben

Wenn das so ist, finde ich das eher noch besser. Ich bin durchaus an einem Kontinuum interessiert. Aber wie gesagt, die Songs hatten ein größeres Format verlangt. In einer idealen Welt würde ich meinen Sound wahrscheinlich noch viel mehr reduzieren. Aber das war nicht das Material dafür.

 

Es war also nicht so, dass die Commotions-Reunion-Gigs Dich in diese Stimmung versetzt haben…

Nein, ganz im Gegenteil. Das war schon eine gewisse Ironie, denn von meinem persönlichen Standpunkt waren die Gigs eine Menge Spaß und es war wirklich toll, die Jungs wieder zu treffen und die ganzen alten Songs wieder zu spielen. Wir haben eigentlich nichts verändert, die Versionen und sogar die meisten Instrumente waren die gleichen wie damals. Aber gleichzeitig habe ich erkannt, dass ich sehr froh bin, dass dies nicht mehr mein Full-Time-Job ist. Ich möchte nicht mehr in einer Rock´n´Roll-Band spielen!

 

War das eine Rock´n´Roll-Band?

Ja, schon. Die Commotions waren eine Rock´n´Roll-Band, die Popmusik gespielt hat. Die Rhythmusabteilung hat ganz schön Arsch gekickt! Und Neil war einfach ei Rock-Gitarrist. Blair und ich waren wohl die einzigen beiden, die keine echten Rock-Typen waren.

 

Und das hat damals zum Aus geführt?

Nein, ich habe die Band verlassen, weil ich nicht in einer band sein wollte. IN einer Band bist Du mit vier Menschen verheiratet. Und wenn Du Dir überlegst, gerne mal eine Pause machen zu wollen, weil man vielleicht ein Jahr Recherche machen möchte, z.B., dann hinderst Du vier weitere daran, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Und ich hatte das Gefühl, dass die Commotions an einem Punkt angelangt waren, an dem es genauso ein Unternehmen wie eine Band war. Und das mochte ich nicht, genauso wie die Tatsache, dass mein Verhalten ddas Leben anderer bestimmt. Und ein solches Leben wollte ich nicht. Und erst, nachdem ich die Band verlassen hatte, überlegte ich mir, dass ich gerne probieren würde, wie es ist als Solomusiker. Immerhin hatte ich in der Band eigentlich nichts außer Singen gemacht.

Und mein erstes Jahr war ein Jahr voller Überraschungen. Einerseits lernte ich unheimlich viel, andererseits habe ich erst da realisiert, dass ich in den Jahren mit der Band viel gelernt habe, was mir als Solokünstler helfen könnte.

 

Das neue Album: Du sprichst nicht gerne über Deine Texte, oder?

Es fällt mir insofern schwer, als ich in den seltensten Fällen Songs als Abhandlungen über eine bestimmte Sache sehe. Ich sehe Songs nicht so, dass sie "über etwas" sind, sondern das sie einfach "sind"! Wenn ein Album fertig ist, gehören die Songs anderen. Nicht mehr mir. Denn jeder kann etwas anderes in den Songs sehen. Ich gebe Anhaltspunkte in meinen Texten, alles andere lesen die Hörer darin. Ich schreibe Songs eher vage.

 

Bist Du der hoffnungslose Romantiker, als der du manchmal erscheinst?

Hoffnungslos? Ich glaube nicht, dass Romantik etwas mit Hoffnunglosigkeit zu tun hat. Man kann sich mit vielen Dingen in romantischer Weise beschäftigen. Und man kann Romantik auch in vielen mondänen Dingen sehen. In der Tat ist es so, dass ich eigentlich am meisten über meine Songs herausfinde, während ich Interviews gebe… zuhause sitze ich ja nicht und spreche über meine Songs. Ich denke, man hat sehr viel mehr Kontrolle über sein Schicksal, als viele denken. Und mit der richtigen Sichtweise kann man Romantik in den seltsamsten aber auch in den gewöhnlichsten Plätzen finden.

 

Das scheint Dir ja in Deiner Karriere offensichtlich gelungen zu sein….

Absolut!

 

Das ist übrigens ein Element, das dieses Album eher in die Linie Deiner Soloalben bringt, als zurück zu den Commotions: Da gab es durchaus auch fröhlichere Popsongs, oder?

Hmm, ja vielleicht. Vor allem waren aber auch die Songs mehr auf Pop getrimmt. Und ich war ein relativ junger Mann, der sich damals noch am ehesten als Popsänger gesehen hat. Heute würde ich mich eher als Country- oder sogar als Folk-Sänger sehen. Wobei diese Entwicklung nicht bewusst geschieht oder ich sie aus meiner Perspektive so beurteilen würde.  Da habe ich vielleicht mal versucht, Sachen zu ändern, wie weniger Vibrato in meiner Stimme oder die Arrangements zu reduzieren. Oder habe zu Zeiten von "Bad Vibes" (1993) versucht, jemand zu sein, der ich gar nicht war. Aber ansonsten geschieht vieles einfach, was Außenstehende wahrscheinlich viel eher beurteilen können, als ich selbst.

 

Immerhin gab es auf dem zweiten Commotions Album "Easy Pieces" recht flotte Töne…

Das Album wurde produziert von den selben Leuten, die Madness produziert haben. Und ich fürchte, wir haben e nicht klar genug gesagt, dass wir nicht wie Madness klingen wollten.

 

Der Grund, warum ich dieses Album neulich gehört habe, war, dass ich sehen wollte, ob Deine Stimme eigentlich nur bei ruhigen Songs funktioniert – ich denke nicht!

Siehst Du! Und darum gibt es ja auch auf dem neuen Alben zumindest 3 Songs, die nicht melancholisch sind.

 

Du planst, als Trio zu touren – da wirst Du die Songs ganz ausspielen müssen, oder?

Ja, das stimmt, ich brauche nichts herauszuschneiden. Ich meine, das war, was als Solomusiker so viel Spaß gemacht hat. Ich meine, was soll der Sinn sein alleine auf der Bühne zu stehen und die Instrumentalparts eines Songs zu spielen? In den meisten Fällen ist das doch doof. Also habe ich die Songs immer auf das Wesentliche reduziert. Und nun werden wir das versuchen, wieder umzuarrangieren auf Trio-Bestzung – wobei wir ja auch nur Gitarren und Piano auf der Bühne haben.

 

Also Hauptsache kein Schlagzeuger wieder hinter Dir!

Ich will nicht ausschließen, dass ich das auf Platte mache, aber auf der Bühne ist mir das echt zu laut! Mir taten auf der 2004er Tour jeden Abend die Ohren weh! Aber es ist mehr als das, was mich daran stört. Dieses ganze Drumherum, mit einer ganzen Gruppe von Leuten auf Tour zu sein, die Band, die Crew, es macht einfach nicht so viel Spaß. Alles ist so durchorganisiert. Wenn ich alleine unterwegs bin, kann ich mir selber aussuchen, was ich den Tag über mache und muss nicht in Rock-Clubs herumhängen.

 

Aber Ihr kommt nicht nach Deutschland!?

Nein, nicht auf diesem Teil der Tour. Das ist raus gefallen, weil wir nicht so lange Zeit haben. Ich komme im nächsten Jahr – nur ist noch nicht klar, ob das dann noch als Trio sein wird. Das wird sich erst zeigen müssen, ob das ganze "erfolgreich" war - in welchem Sinne auch immer.