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Sie sind eine Band der Superlative, haben in ihrer rund
dreißigjährigen Geschichte so gut wie jeden erdenklichen Preis und Auszeichnung
bekommen und können mit „Pyromania“ und „Hysteria“ zwei der meistverkauften
Alben überhaupt zu ihrer Diskographie zählen. Gleichzeitig liegen die großen
Erfolge schon eine Weile zurück und waren die letzten Studioalben nicht
unbedingt die Abräumer in Charts und Publikumsinteresse. 2002 erschien ihr
letztes Werk „X“, erst jetzt kehren die Briten mit ihrem neuesten Werk „Songs
From The Sparkle Lounge“ zurück. Gitarrist Phil Collen erklärt
Zeitpunkt-Mitarbeiter Ralf Koch die aktuellen Ziele der Band.
Gratulation zum neuen
Album – hat aber auch eine Weile gedauert, oder?
Nun, wir hatten das Coveralbum und ein Best-of – und den
Rest der Zeit waren wir auf Tour
Es gab also gar keine
Pläne, früher ein neues Album aufzunehmen?
Nein, nicht wirklich. Wir waren alle gut eingespannt…. Und
das hatte für uns auch absoluten Vorrang.
Mit dem letzten Album
wart Ihr stark in Richtung Pop gegangen – was war die Intention mit dem neuen
Album?
Wir wollten wieder mehr zurück zum Rock – mit weniger
Balladen und so. „X“ war unser Pop-Album, jetzt wollten wir es wieder mehr
krachen lassen.
Nun, krachen lassen
ist vielleicht etwas übertrieben… so weit seid Ihr vom Pop nun auch wieder
nicht entfernt, oder?
Man macht kein neues Album, um in Kategorien zu denken. Man
schreibt die Songs so, wie man sich fühlt, sie reflektieren, was man gerade als
Mensch durch macht. Und die härtere Produktion resultiert aus der Tatsache,
dass wir begonnen haben, das Album aufzunehmen, während wir auf Tour waren. Da
steht man als Live-Rock Band. Wenn man erst mal ein paar Monate raus ist, und
Pause hatte, dann geht diese Wirkung verloren.
Auf Tour singt man lauter und besser auch, weil es das ist,
was man jede Nacht macht. Das ist der Hauptunterschied zum letzten Album, denke
ich. Zu jedem früheren Album eigentlich, denn so haben wir noch nie
aufgenommen.
Das heißt, Ihr habt
das Album in verschiedenen Studios aufgenommen?
Studios brauchten wir gar nicht, wir haben mit Pro-Tools
aufgenommen. Und zwar überall. Die Backing Vocals von „Nine Lives“ hab ich in
der Toilette aufgenommen… wir wollten es erst später noch einmal austauschen,
aber dann fanden wir’s gar nicht schlecht. Und erst zum Schluss sind wir zum
Haus von Joe Elliott gefahren und haben das Album fertig gestellt.
Das heißt, nachdem
Ihr bei „X“ auch verschiedene Produzenten hattet, habt Ihr das neue Album nur
mit Eurem „Hausproduzenten“ aufgenommen?
Ja, Ronan McHugh ist seit Jahren unser Live-Mischer und mit
uns auf Tournee und weiß genau, wie wir klingen müssen und wollen.
Bei uns werdet Ihr ja
generell als Hardrock-Band eingestuft – ich frage mich ob das ein deutsches,
oder europäisches Phänomen ist. Mit zuletzt „Waterloo Sunset“ habt Ihr immer
wieder Hits und Eure Musik hatte schon immer diesen Pop-Appeal. Und in Amerika tourt ihr mit Bryan Adams und
REO Speedwagon, also auch Künstlern, die eher Pop sind. Ist das so glücklich,
dass Ihr hier unter Hardrock geführt werdet?
Ich kann’s Dir nicht sagen, wir versuchen ja gar nicht
irgendwas zu sein. Wir versuchen nur Def Leppard zu sein. Aber ich meine, Pop
ist ja nun auch was anderes – das ist Christina Aguilera und Shakira. Nein, ich
glaube wir sind eine Rockband.
Zur allgemeinen
Verunsicherung diesbezüglich dürfte ja auch das Cover-Album, „Yeah“ beigetragen
haben, da gab’s ja schon ein paar Überraschungen…
Ich weiß, obwohl das ja auch keine Überraschungen für uns
waren (lacht). Das war für uns ein einmaliges Spaß-Projekt, kann man ja mal
machen.
Ist das schon
obligatorisch?
Nee, ich weiß nicht. Joe (Elliott) wollte eins machen, und
eigentlich haben wir seit zig Jahren davon geredet, aber eben kein
Standard-Coveralbum, indem man nur die Hits nachspielt, sondern sich eben andere
Titel auszusuchen, die etwas für uns bedeuteten – „Rock on“, das John Congas
Ding, Roxy Music, Bowie – Songs, die nicht unbedingt die berühmten sind.
War das also ein lang
gehegter Traum, oder eher ein Verlegenheitsalbum, weil Ihr keine Zeit hattet?
Ein bisschen von beidem, wir waren auf Tour und konnten auch
das schon so nebenbei produzieren.
Also wie das neue
Album. War auch das eine Verlegenheitsentscheidung, oder habt Ihr ganz bewusst
wieder diese Variante genommen?
Die Alternative wäre gewesen, dass wir ein Jahr Auszeit
nehmen, Songs schreiben, zu proben, aufnehmen, abzumischen – da bist Du schnell
bei einem Jahr. Oder aber einfach weiter zu touren, nebenbei die Songs zu
schreiben, anzufangen aufzunehmen und erst für die Feinabstimmung eine Pause zu
machen. Ich meine, das ist, was die Stines und Zeppelin früher immer gemacht
haben – und es war eine aufregende Erfahrung für uns alle.
Es hat auch den
Vorteil, dass man noch unabhängiger arbeiten kann, oder? Hat das Label
versucht, reinzureden?
Wir lassen ihnen gar keine Chance (lacht). Nein, wir konnten
schon immer machen, was wir wollten – bis auf das „X“-Album, da hatten wir
einen A&R-Menschen und wir haben versucht, auf das zu hören, was er uns
erzählte – hat aber auch nichts gebracht. „X“ war kein Hit.
Und die Idee für
dieses Duett mit dem Country-Star, Tim McGraw kam also auch von Euch?
Man, dieser Typ ist der absolute Megastar in Amerika, er ist
großartig, es war eine absolute Ehre für uns, mit ihm zu arbeiten. Rick (Allen,
dr) ist mit ihm befreundet und so kam der Kontakt zustande, und die Art, mit
ihm zu arbeiten, war sehr natürlich. Ich hab
ihn angerufen, und ihm meine Idee vorgesungen – und ruckzuck hatten wir
einen Song daraus gebastelt. Und dann bin ich irgendwann zu ihm nach Nashville
geflogen und hab seinen Gesang da aufgenommen.
Inwieweit sind die
Songs von der Tatsache beeinflusst, dass Ihr sie auf Tour geschrieben habt?
Wir haben die Songs nicht zusammen geschrieben, wie beim
„X“-Album, sondern eher wie bei „Slang“, wo wir jeder für uns Songs geschrieben
haben und eingebracht haben, fast wie einzelne Solo-Projekte. Von mir kommen
z.B „Nine Lives“, „Go“, Hallucinate“ und „Tomorrow“. Aber die Art und die
Themen der Songs sind eh immer unterschiedlich, ich glaube nicht, dass man da bestimmte
Tendenzen erkennen kann.
Bei mir ist es so, dass ich sehr viele Songs schreibe – und
sich eigentlich erst letzten Endes entscheidet, ob der Song eher zu Def Leppard
passt, zu meiner anderen Band Man-Raze oder vielleicht für ein ganz anderes
Projekt gut ist. Ich meine, in Man-Raze klingen wir wie Nirvana in einem, wie
Police im anderen Moment.
Ihr habt verschiedene
Experimente gemacht – die neuen Elemente auf „Slang“, der Pop-Ansatz auf „X“ –
gibt es Sachen, die Du bereust?
Nein, sie waren alle wichtig, und ich denke, wir werden
weiter experimentieren. Wenn man weiter wachsen will, muss man verschiedene
Sachen ausprobieren.
Ich hab auch noch eine weitere Band, mit der ich eher
Alternative Rock mache, und auch das ist wichtig, finde ich.
Nun, eine andere Band
zu haben, ist eine weitere Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln oder Sachen
auszuprobieren. Mit seinen eigenen Fans muss man ja manchmal auch vorsichtig
sein…
Ja, aber ich denke, wir haben immer versucht, nicht zu weit
zu gehen, jedenfalls habe ich nicht das Gefühl, dass wir das mit „Slang“ oder
„X“ getan haben.
Joe hat mir damals
erzählt, mit „X“ wolltet Ihr ein Top-40-Album schreiben – hat wie schon „Slang“
zuvor eigentlich – nicht ganz geklappt, oder?
Nee, bei weitem nicht. Ganz übel war das. Aber „Nine Lives“,
unsere neue Single, ist gerade Nummer 1 in Amerika geworden! Man kann also
nichts planen. Und das meinte ich auch, wenn ich sage, dass alle Experimente
wichtig waren – man muss sich weiter entwickeln als Songwriter, muss auch mal Durststrecken
überwinden. Wir wollen wachsen, wollen uns nicht wiederholen. Wir machen das
nicht, um Geld zu verdienen, Musik ist Kunst für uns, und wir wollen Spaß damit
haben und ich glaube auch, dass wir immer besser werden.
Trotzdem ist das neue
Album eine Rückkehr zum Rock…
Ja, das kann man so nennen, aber gleichzeitig sind Songs wie
„Cruise Control“, die anders sind als alles, was wir bislang gemacht haben. Ja,
es ist ein Rockalbum, aber es hat viele Dimensionen.
Ich hab Euch zuletzt
live in Oberhausen gesehen – mit Whitesnake, Journey, Queensryche… - sind diese
Packages die Zukunft, oder sogar Gegenwart für die 80er-Melodic Rock Bands? In
den USA tourt ihr ja in ähnlichen Konstellationen.
Ja, es macht Spaß, es ist toll. Aber Du magst Recht haben, vielleicht
ist es der einzige Weg, die Leute wirklich zu erreichen. Dinge haben sich
geändert, es gibt kaum noch Plattenläden mehr in Amerika. Momentan touren wir
mit Styx und REO Speedwagon. Und ich glaube, die Pläne sind, dass wir in Europa
mit Whitesnake spielen. Das macht schon Sinn.