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Deacon Blue: Ricky Ross
Helden
der 80er, nächster Teil. Unvergessen sind Hits wie
„Dignity“, „Loaded“, „When the World knows your name“ oder „Real Gone Kid“. Nun sind die Schotten Deacon
Blue zurück. Mit einem Album, das an die Glanztage der frühen Jahre anknüpft,
dürften sie sich alten Fans in gute Erinnerung bringen – so diese denn davon
erfahren. Denn dass das mit Präsenz zusammenhängt, wissen sie längst. Aber
manchmal ist das alles gar nicht so einfach. Sänger und Songwriter Ricky Ross nimmt
jedenfalls die Gelegenheit gerne wahr, uns Rede und Antwort zu stehen.
Herzlichen Glückwunsch zum
neuen Album, es ist grandios!
Oh
vielen Dank, ich denke, es greift vieles auf, was wir in der Vergangenheit sehr
erfolgreich gemacht haben. Dass du sagst, dass uns das auch im positiven Sinn
gelungen ist, freut uns umso mehr.
Es ist mir ja etwas
peinlich, aber ich muss ja ehrlich gestehen, dass ich euch aus dem Blick
verloren habe, seit ihr euch damals getrennt habt…
Das
muss dir nicht peinlich sein, da ging es dir nur so wie den meisten Menschen
außerhalb Großbritanniens. Wir haben dort nämlich nicht viel gemacht.
Warum habt ihr dann eure
Rückkehr so geheimgehalten?
Oh,
(lacht), das war keine bewusste Entscheidung, wir haben uns lediglich auf GB
konzentriert, weil die Platte hier veröffentlicht wurde und uns von hier
Angebote vorlagen. Und wir mussten erst einmal hier beweisen, dass wir zurück
sind und aktiv und startklar. Erst bei diesem Album haben wir gesagt, dass wir
jetzt gerne das Ausland angehen würden. Mal sehen, wie die Reaktionen sind. Die
deutsche Plattenfirma ist jedenfalls ein erster Schritt, und ich hoffe, dass
wir jetzt ein bisschen Boden wieder gut machen können.
Das heißt auch, live
spielen?
Wir würde sehr gerne wieder hier spielen, wir haben ein paar sehr schöne
Erinnerungen an die Konzerte, die wir in der Vergangenheit hier gespielt haben.
„Believers“ ist bereits das
dritte neue Album und das Presseinfo spricht von einer Trilogie – was steckt
dahinter?
Es
gibt keine Idee dahinter, was die drei Alben nur verbindet, ist die Tatsache,
dass wir alle drei im selben Studio und mit demselben Team aufgenommen haben. Das
war früher nicht so. die ersten Alben, die wir gemacht haben – 1987, 1989 und
1991 – waren alle sehr unterschiedlich, weil sie auch unter sehr verschiedenen
Bedingungen entstanden. Die neuen drei Alben reflektieren die Band, wie sie
heute ist.
Inklusive zweier
Besetzungswechsel.
Genau,
Graeme, unser ursprünglicher Gitarrist starb an Krebs und erst als Gregor Philp
neu dazukam, entstand eine ganz neue Energie in der Band. Wir haben mit ihm
live gespielt und es drängt sich geradezu auf, dass wir ein Album aufnehmen. Auch
meine Kreativität kam zurück, es fühlte sich endlich wieder gut an. Und Ewen
war mit anderen Leuten beschäftigt, deswegen war er ncht mehr dabei, als wir
wieder zusammenkamen.
Sind die Alben denn direkt
hintereinander entstanden?
Nein,
jede für sich, aber das Team war immer das gleiche. Jedes Album hatte seinen
eig*enen Schwerpunkt. „The Hipsters“ war ein Album über eine Band – ein
bisschen über uns als Band. „A New House“ drehte sich viel um Schottland, auf
dem neuen Album drehen sich viele Texte darum, dass es einen Grund für die
Sachen gibt, die wir machen. Entscheidungen, die wir fällen, Jobs, die wir machen,
Politik, die wir wählen, haben mit einem Glauben zu tun. Nicht unbedingt einem
religiösen oder politischen Glauben, eher einen Instinkt, einem Vertrauen. Und
wenn man diesem Instinkt folgt, dann ergibt Leben einen Sinn. Das war auch das
Problem mit den Flüchtlingen. Wenn man offen dafür ist und sich sagt, wir
nutzen die Chance, die sich durch diese Menschen für uns alle ergibt, dann
können daraus viele schöne neue Dinge entstehen. Aber wenn man daran nicht
glaubt, dann schließen sich Türen im Voraus.
Und musikalisch? Wenn du
sagst, das erste war über die Band, das zweite über Schottland – hat sich das
auch musikalisch widergespiegelt?
Ich
bin mir nicht sicher. Nicht direkt. Es ist eine musikalische Entwicklung
erkennbar auf den drei Alben, aber ich bin auch noch etwas zu dicht dran am
letzten, um das objektiv beurteilen zu können. Wir haben alle unser Bestes
gegeben, wir haben es einfach gehalten, organisch, wir waren alle im selben
Raum zusammen und das hört man den Alben an.
Du hast es schon angedeutet,
ich finde, das Album klingt sehr nach euren frühen Alben – und ich bin froh
darüber. Es gab Alben zwischendurch, bei denen ihr das verloren hattet.
Das
ist gut möglich. Einer der Gründe ist, dass wir immer davor weglaufen wollten,
was wir gerade gemacht haben. Mit den neuen Alben haben wir uns eher gesagt,
lass uns machen, was wir am besten können, also ist der Kommentar sehr wahr.
Diese Einstellung ist aber
ja auch sehr typisch – als Künstler will man sich doch immer weiterentwickeln
und etwas anders machen. Aber Saga sind ein gutes Beispiel dafür – sie haben
diverse Experimente gemacht, aber als sie sich schlussendlich dafür entschieden
haben, das zu machen, was sie am besten können, wurden ihre Alben auch wieder
richtig gut.
Manchmal
kann man gar nicht anders, manchmal klappt das auch gar nicht einfach so, das
Gute zu wiederholen. Aber viele Songs des „Raintown“ Albums sind beispielsweise
am Klavier entstanden – und ich habe genau das wieder vermehrt gemacht. Das hat
auch etwas mit Selbstbewusstsein zu tun.
In den 80ern hattet ihr
großen Erfolg – u.a. mit „Dignity“ – war das europaweit, oder doch eher
begrenzt auf GB?
Wir hatten sporadischen Erfolg. In Spanien waren wir mit „Real Gone Kid“ auf
Nummer 1, wir hatten einen Hit in Australien und Südafrika, „Dignity“ war in
den USA erfolgreich, aber wir waren nie genügend unterwegs, um das auszubauen.
Warum nicht?
Es
war eine Mischung aus der Priorität, dass wir uns immer v.a. auf GB
konzentrieren wollten in dem Sinne, dass wir festhalten wollten an dem, was wir
hatten, und der Tatsache, dass es aus dem Ausland auch nie die entsprechende
Unterstützung erfahren haben. Wir waren als Sextett auch eine sehr teure Band.
Dann hatten wir auch Pech mit Krankheiten, die uns dazwischenkamen, als wir
gerade auf Tour waren oder wollten. Aber wenn wir irgendwo waren, hatten wir
immer gute Shows. Wahrscheinlich ist es sogar so, dass wir umso härter
gearbeitet haben, je weniger Leute da waren.
Ich kann ich an Euer
„Homecoming Concert“ auf dem Video “The Big Picture” erinnern – was für ein
Spektakel! Die Clubs in Deutschland waren etwas kleiner…
Ja,
in der Tat. Aber die Konzerte haben trotzdem Spaß gemacht. Die erste Show, die
wir in Deutschland gespielt haben, war in Hamburg. Was für ein Gig!
Da seid ihr nicht die erste
ausländische Band, die ihr erstes deutsches Konzert in Hamburg hatten!
Nein,
das stimmt wohl. Ich liebe diese Stadt, ich würde sehr gerne zurückkommen. Und
außerdem bin ich großer Beatles Fan!
Was passierte damals, als
ihr euch getrennt habt?
Das
ist sehr einfach: wir waren dabei, das vierte Album zu machen und suchten nach
einem Produzenten. Wir hatten seit 7, 8 Jahren so viel Zeit miteinander
verbracht und wollten etwas Neues machen, aber wir wussten nicht wie. Wir
wussten nicht mehr, ob das, was wir zuletzt gemacht haben, wirklich das war,
was wir als Band repräsentieren wollten, hatten aber auch keine Idee, was wir
sonst machen sollten. Also haben wirs sein gelassen. Rückblickend war das gar
nicht so schlecht, wie sich das jetzt anhört. Heute können wir ganz anders mit
unserer Kreativität umgehen, uns viel besser einbringen. Wenn wir damals
weitergemacht hätten, hätten wir uns begonnen, umzubringen.
Hätte man etwas anders
machen können – oder sollen?
Bestimmt,
man hätte eine kleine Auszeit nehmen können, hätte andere Leute kontaktieren
können.
Damals war das aber auch
anders. Heute nimmt man mal zwischendurch ein Soloalbum auf oder startet ein
Nebenprojekt mit anderen Leuten – 1994 war das nicht so. Da hatte man eine Band
oder eben nicht.
Genau
so ist es. Ich musste die Band verlassen, um meine Solopläne zu verwirklichen.
Deacon Blue war immer sehr
eng als Band, oder? Ist das heute anders?
Es
ist ganz wichtig eine Band zu sein. Die Freude für mich, einen Song zu
schreiben, ist es, zu wissen, wer es spielen wird und wie er klingen könnte,
welche Palette wir zu Verfügung haben. Tausche eine Person und es kann ganz
anders werden.
Was sind eure Ziele heute?
Wir
wollen Alben machen, an die wir glauben und wenn wir eine Show machen, kann
sich jeder sicher sein, dass dieser eine Abend der bestmögliche für diese Nacht
sein wird. Die Songs, die auf dem neuen Album sind, sind genau die Songs, die
dort hingehören und jede Nacht gestalten wir so, dass sie sich anfühlt, dass
man dagewesen sein muss. Das war immer unsere Philosophie: Der Platz, an dem du
heute Abend bist, ist der wichtigste der Welt. Ganz egal, wo du gestern warst
oder morgen oder in drei Wochen.
Tolle Einstellung! Die
beste, die ein Künstler haben kann!
Ich
glaube, der Künstler, bei dem man sich dessen auch sicher sein kann, ist Bruce
Springsteen. Ich habe meinen Kindern immer gesagt, kuckt ihn euch an. Er
schafft es in jeder Show, einem genau dieses Gefühl zu geben – die Energie, die
Wärme, die Bedeutung. Schön darüber zu sprechen übrigens… ich hoffe, wir
schaffen das auch jede Nacht!
Ich glaube, ich werde mal
drauf achten müssen, ob andere Künstler das auch so sehen. Ich bin mir nicht
ganz sicher, ob man sich das nach jedem Konzert so sagen kann… ein Grund mehr,
dass ihr kommen solltet!
Der
Plan ist, dass ich erst einmal für ein paar Soloshows komme, um den Namen
wieder in Umlauf zu bringen, und dann hoffentlich eine kleine Tour folgt. Wir
werden sehen!
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