Rock-, Pop- und Szene-News und mehr....
„The Blackbird
Diaries“ – ein sehr persönliches Album, benannt nach dem Studio von John und
Martina McBride, in denen ein Album entstanden ist, und das anders ist als
alles, was der ehemalige Eurythmics-Gitarrist, Songwriter, Produzent und Hitlieferant
für diverse Musiker und Sänger bislang gemacht hat. Was schon die Tatsache
zeigt, dass er noch nie so ausführlich im CD-Booklet vom abenteuerlichen Weg zu
den Songs berichtet, wie auf diesem Album. Was uns von der Pflicht entbindet,
an dieser Stelle allzu genau darauf einzugehen, denn…
…puh, es gibt so
viele neue Projekte von dir, ich hoffe, wir kriegen sie alle unter hier!
Ja, ich war fleißig, ich weiß auch nicht was los ist.
Nun, zunächst wäre
da mal ein neues Album, „The Blackbird Diaries“ – das „Red River Dave
Gedächtnisalbum“, sozusagen.
Ja, eine wirklich verrückte Geschichte. Ich war da in
London „gefangen“ von dem isländischen Vulkan und kam in diesen Gitarrenladen –
und über diese Gitarre und seinen Original-Gitarrenkoffer mit so vielen Bildern
und Erinnerungen kam ich in eine ganz neue Welt. Ich handle da sehr intuitiv,
weißt du? Dass ich danach ohnehin ein Treffen mit John und Martina McBride in
Nashville hatte, war eigentlich kompletter Zufall, aber was sind schon Zufälle?
Vielleicht musste alles so kommen. Es passte jedenfalls alles sehr gut zusammen
– und war die ideale Ausgangssituation für ein Album, wie ich es noch nie zuvor
gemacht habe.
Sowohl musikalisch
als auch was die Art des Aufnehmens betrifft, oder?
Ja, es war toll. Und sehr intensiv. Wir haben fünf Tage
und fünf Nächte miteinander verbracht und die Songs mehr oder weniger live
aufgenommen, es war Wahnsinn. Glaubst du, ich kriege eine Gänsehaut, wenn ich
daran denke. Sie wussten gar nicht, mit welchen Songs ich komme – ehrlich
gesagt wusste ich es ja eine Woche vorher selber noch nicht, aber ich hab ihnen
meine Ideen vorgespielt und wie haben einfach angefangen. Und ruckzuck hatten
wir 15 Songs im Kasten.
Das heißt,
normalerweise feilst Du länger an Deinen Songs herum?
Nun, mit den Eurythmics haben wir auch teilweise ein
Album in drei Wochen aufgenommen, aber was bei diesem Album eben so anders war,
war dass wir es mit fünf Leuten in einem Raum aufgenommen haben. Und ich bin es
auch nicht gewohnt, live im Studio zu singen. Aber es funktioniert!
Wird das Deine
zukünftige Art, Alben aufzunehmen, ändern? Beeinflussen?
Ja, absolut. Von mir aus, könnten wir gleich das nächste
Album so aufnehmen. Ich habe eine ganz andere Art gefunden, mich als
Singer/Songwriter vor anderen zu präsentieren. Das ist die Art, wie Alben in
den 50ern, 60ern aufgenommen wurden. Ich spiel‘s ihnen vor und wir fangen
einfach an, aufzunehmen. Aber es passte in diesem Fall ja auch zum Album. Ich
meine, die Songs sind wie ein Tagebuch, Sie erzählen kleine, persönliche
Geschichten. Mein letztes Album war ja auch bereits sehr persönlich und auf
eine Art auch autobiografisch, aber eigentlich habe ich immer eine Rolle
gespielt. Dieses Mal spiele ich mich selbst.
Neu sind auch die
Duette!
Ja, ich habe festgestellt, dass meine Stimme ein sehr
tiefes, volles Feeling hat und ideal mit weiblichen Stimmen harmoniert. Auch
das habe ich früher nie ausprobiert.
Dabei hattest Du
immer schon weibliche Sängerinnen in deiner Band…
Ja, aber die Eurythmics waren einfach Annie und in den
Spiritual Cowboys hatte ich eine Backgroundsängerin, aber wir haben nie ein
Duett ausprobiert. Frag mich nicht, warum. Ich war eigentlich nie der
Duett-Typ. Und dieses Mal habe ich mit so vielen Damen gearbeitet, da drängte
es sich geradezu auf.
Wie kamen Stevie
Nicks und Colbie Caillat dazu?
Nun, ich arbeitete eh gerade mit Stevie an ihrem Album, als
Produzent und Co-Autor, und Colbie ist eine gute Freundin von mir, da hab ich
sie angerufen und gefragt. Sie haben beide sehr viel Country-Feeling in ihrer
Stimme, deswegen passte es hier so gut. Und sie mochten die Songs – also haben
wir sie aufgenommen.
Neu ist auch, dass
es einen Film zu Album geben wird.
Ja, es ist eine Mischung aus Making-of und Spielfilm. Die
Story ist mehr oder weniger, wie dieses Album entstanden ist.
Und du spielst
dich selbst?
Ja, ich spiele mich selbst, und die anderen Musiker
kommen auch drin vor, aber es gibt auch Schauspieler, die die Handlung
mitspielen – und die das Ganze zu einem richtigen Film werden lassen. Es ist
eine Mischung aus Realismus, Surrealismus, Wahrheit und Fiktion – das ist der
künstlerische Aspekt dieses Albums. Er ist nicht einfach nur logisch vom Anfang
bis zum Ende.
Ich habe gelesen,
er gibt ein paar Einblicke in die Geheimnisse deiner Art Songs zu schreiben.
Und im Trailer sieht man u.a. eine Wahrsagerin und es ist von Hypnose die Rede…
schreibst Du Songs unter Hypnose?
Weißt du, viele Leute haben dieses Bild eines Songwriters
vor Augen: Ein weißes Klavier, ein großer Raum, ein weißes Blatt Papier und
dann geht’s los. So ist es nicht. Songs kommen von überall her. Davon, was
andere Leute sagen, ein Satz aus einer Unterhaltung, und das kann auch eine
Zigeunerin oder eine Wahrsagerin sein, oder ein Typ in der Bar – und ich
schreibe tausend Sachen auf kleine Fetzen Papier. Was ich halt gerade so in die
Hände bekomme –wenn ich überhaupt etwas finde. Und dann geht es darum, diese
Sachen zusammen zu fügen, und dabei kann es auch sehr hilfreich sein, in sein
Unterbewusstsein zu blicken.
Aber normalerweise
nimmt man seine Hypnosesitzung nicht auf…
Nein, das hab ich für den Film auch zum ersten Mal
gemacht.
Aber woher weißt
du dann hinterher noch, welche Songideen aus deinem Unterbewusstsein geholt
werden konnten?
Songwriting ist kein so gerader Weg. Das hat auch nichts
mit dem verträumten Jungen zu tun, dem die Songs so zufallen. Das ist nicht so
sehr viel anders als zu schreiben. Man wird kreativ, fügt Dinge zusammen,
sortiert sie neu, verändert sie noch einmal es also beides, kreativ und auch
sehr praktisch orientiert.
Neben dem Film und
dem Album gibt es noc eine ganze Reihe weiterer Projekte, an denen du beteiligt
bist.
Ja, es gibt das Album mit Superheavy mit Mick Jagger, das
neue Album von Joss Stone und das Musical Ghost, das in zwei Wochen in London
Premiere feiert.
Eigentlich ein
bisschen viel auf einmal, oder nicht?
Ja, eine Menge Arbeit – aber an dem Superheavy arbeiten
wir seit zwei Jahren, und auch die anderen Alben sind alles Arbeiten, die im
letzten Jahr angefangen haben. Aber es sind alles verschiedene Plattenfirmen
und die fanden es offensichtlich plötzlich alle eine gute Idee, das Album
gerade jetzt auf den Markt zu bringen. Deswegen sieht das so viel auf einmal
aus.
Wie kamst du an
das „Ghost“ Musical?
Ich wurde angesprochen vom Produzenten und dem
Bühnenautoren, und wir sprachen über das Konzept und es klang sehr viel
versprechend, also sagt ich, ich würde gerne meinen Freund Glenn Ballard mit
dazu nehmen. Sie waren einverstanden und so fingen wir an.
Und die Musik, die
ihr geschrieben habt, basiert auf dem Film?
Nein, die ist komplett neu. Das ganze ist ein sehr
komplexes Drehbuch, eine sehr ungewöhnliche Produktion und ich meine, das
gesamte Team besteht nur aus absoluten Profis. Das ist ein sehr hohes Niveau.
Hast du dich
vorher schon mal an einem Musical probiert?
Ja, so kann man das ausdrücken. Es war eine
Auftragsarbeit für das Wiener Staatstheater. Ich habe eine Comedy-Version des
Films Barbarella – im Original mit Jane Fonda – geschrieben. Nichts
Spektakuläres, aber ich konnte mich wunderbar ausprobieren und konnte das
dadurch kennenlernen.
Der Film „Ghost“
ist ja bekannt – nicht zuletzt durch Patrick Swayze und Demi Moore. Wie schafft
man es trotzdem, ihm neues Leben einzuhauchen?
Das ist ja die Herausforderung. Und das passiert durch
die Kombination aus der Musik, der Regie, der Choreografie, dem Live-Feeling
auf der Bühne. Dieses Musical hat außer der Grundstory mit dem Film nicht sehr
viel gemein.
In zwei Wochen ist
Premiere in London – bist du nervös?
Nicht mehr so sehr. Wir haben die Show ja drei Monate in
Manchester ausprobiert. Eigentlich eine normale Vorgehensweise, man testet die
Show, das Set, die Schauspieler – das ist wie mit der Band, da geht man auch
erst einmal auf kleine Club-Tour und kuckt, ob die Songs sitzen, was man noch
ändern kann – oder muss. Aber wir hatten so überwältigende Kritiken, dass wir
gar nicht mehr viel ändern wollten. Standing Ovations, tolle Kritiken –
deswegen sind es auch drei Monate geworden. Die Show war ja immer ausverkauft!
Aber London ist natürlich London, das ist schon ein
anderes Format, eine andere Aufmerksamkeit – aber wir sind uns ziemlich sicher,
dass es dort genauso gut ankommen wird.
Du hast es erwähnt
– du hast auch noch ein Album mit Mick Jagger aufgenommen. Was vor allem für
Jagger ungewöhnlich ist oder?
Dass er sich auf ein neues Bandformat einstellt, ja. Muss
am Konzept gelegen haben (lacht).
Dein aktuelles
Soloalbum ist ja schon anders als das meiste, was du bisher gemacht hast – aber
was man über Super Heavy liest scheint noch ausgefallener zu sein!
Hehe, ja das ist eine wirklich abgedrehte Mischung. Sehr
ausgefallen und sehr abwechslungsreich. Eine Fusion aus Jamaikanischer Musik,
Indian Music, Rock, Blues.
Also auch da schon
wieder der Blues, der da auftaucht…
Der Blues hat mich fasziniert, seit ich ein kleiner Junge
war. Damit bin ich aufgewachsen. Das war meine erste Musik.
Trotzdem ist ja
das aktuelle Album das erste, auf dem du die Liebe so auslebst, oder?
Naja, es gab auch mit den Eurythmics schon mal einen
Blues – und in allen anderen Projekten natürlich auch. Aber es stimmt, dieses
Mal hab ich wirklich all meine Blues-Einflüsse rausgelassen. Aber natürlich ist
es kein wirkliches Blues-Album. Ich singe ja keinen Blues, ich erzähle
Geschichten.
Das letzte Mal,
als wir gesprochen haben, hattest du gerade dein Songbook Vol. 1 aufgenommen –
mit dem Plan, weitere Vol`s folgen zu lassen…
Ja, ich weiß, ich war wohl zu beschäftigt mit anderen
Sachen, wie du siehst. Aber ich schreibe schon wieder daran.
Schreiben? Das
Songbook war doch ohnehin nur eine Auswahl bereits veröffentlichter Songs.
Aber es war ja auch das SongBOOK. Es ging um mehr als das
Album, es ging um die Stories hinter den Songs. Und die gerade veröffentlichten
Alben sind ein Füllhorn an Geschichten dahinter – deswegen wird es mit
Sicherheit Vol. 2 und 3… geben. Das wir ein fortlaufender Prozess. Ich schätze
mal, dass wir noch vor Weihnachten wieder miteinander sprechen könnten!
Ralf Koch