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Wolfgang Niedecken : Mit BAP auf „Klassiker“-Tournee
Interview Mai 2011
Bremerhaven. Mal schön flexibel bleiben: Ursprünglich als
langes Open Air-Wochenende geplant, kommt nun alles anders. Zunächst mal machen
jetzt am Sonntag, 19. Juni die Top-Acts Sunrise
Avenue und Milow den Anfang; das
Doppelkonzert von Status Quo (treten am 18.6. bei Wetten dass… auf) und
BAP wurde auf Freitag, 24. Juni verlegt. Und zum anderen bleibt es bei
trockenen Jacken: Statt Open Air finden die Konzerte in der Stadthalle statt.
Nachdem uns BAP-Sänger Wolfgang Niedecken kürzlich mit
seiner autobiografischen Zwischenbilanz „Für ‘ne Moment“ solo im Norden besucht
hat, ist er auch also schon wieder mit seiner Band unterwegs. Mit neuem Album!
Das Neue an dem Album
ist vor allem, das vieles nach früher klingt, oder?
Niedecken: Bap
wird ja immer mehr zu der Band, die ich immer wollte. Man kann ja nicht allen
Ernstes das neue „Halv su wild“ Album auf eine Stufe setzen wie bspw. „Vun
drinnen oh drusse“ von 1982. Wer das machen möchte, dem empfehle ich doch noch
mal ein genaueres Hinhören. Da spielen wir 1982 nämlich in der Kreisklasse und
heute in der Championsleague.
Von den musikalischen
Fähigkeiten wahrscheinlich – und von der Produktion ganz sicher. Aber was ich mit früher meinte, waren v.a.
die nostalgischen Momente, die ich hatte beim Hören.
Niedecken: Ja,
das kann ich nachvollziehen. Die Songs handeln ja auch teilweise davon. Wobei,
wenn man Nostalgie richtig definiert, dann ist das Sehnsucht nach der
Vergangenheit, die hab ich gar nicht. Die ist für mich abgeschlossen, die
behandele ich respektvoll, aber ich sehne mich nicht danach, ganz im Gegenteil.
Ich habe viele Teile davon sehr präsent in meinem Kopf, gerade jetzt nach der
Biografie, für die ich gerade mein Leben umgegraben habe, das war schon
teilweise Dinge, über die ich echt schlucken musste. Dinge über die Beziehung
zu meinen Eltern, die sind da aus der Verkantung gebracht und in die richtige
Ebene gehoben worden. Oder auch in Songs wie „Noh All dänne Johre“, da gibt’s
Stellen drin, da muss ich erstmal sehen, wie ich da im Konzert ohne Kloß im
Hals durchkomme. Aber ansonsten geht es für mich eher immer – wie es in der
Kunst immer gehen sollte – um den nächsten Schritt. Dafür muss man aber auch
erstmal ein paar Schritte gemacht haben – und wissen, dass es nicht mehr darum
geht, den Rock’n’Roll neu zu erfinden.
Sind denn Buch und
Album parallel entstanden?
Niedecken: Ja, es
sind etliche Ideen aus der Arbeit mit meinem alten Freund Oliver Kobold, dem
Autor der Biografie entstanden – so wie Dreidüüvelsname“. Gleichzeitig haben
Songs auch die Arbeit beeinflusst. Das letzte Kapitel ist eigentlich eine
Langfassung von „Noh all dänne Johre“. So wie ich ja am liebsten ganzheitlich
arbeite – am Artwork für das Album, daran, wie die nächste Tour aussehen
könnte, was für Songs gebraucht werden, wie die Tour heißen soll usw. Ich
wollte die nicht wie das Album nennen, weil dann die Leute denken, wir spielen
die alten Nummern nicht – und so kam ich auf „Die Klassiker“. Denn wir sind
Klassiker. Wir spielen Klassiker – eine Menge Stücke, die große Hits geworden
sind, obwohl sie nie ne Single waren. Da find eich den Namen schon sehr passend
– ich glaube ich werde unsere Tour jetzt immer „Die Klassiker“ nennen. Das
halte ich für tragfähiger als die Waschmittelwerbung „BAP – Greatest Hits“ –
das hatten wir zum 30jährigen – aber ich war nie richtig glücklich damit.
Und die Art der
Songauswahl ist eh immer die gleiche, oder? Es ist immer eine Mischung aus alt
und neu.
Niedecken: Ja,
die ist immer gleich, die Faustregel lautet 2/3 bekannt, 1/3 Wagnis – also auch
mal ne Nummer, die auf einem Album noch keine herausragende Stellung hatten,
irgendwie versteckt geblieben sind, die aber zum aktuellen Konzept gut passen,
und dann natürlich auch ein paar neuen Songs die Chance zu geben, zu Klassikern
zu werden.