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Amplifier

Sie waren ein bisschen vom Pech verfolgt. Nach ihrem sensationellen, selbst betitelten Debüt – und dem damit verbundenen Tragödie um pleite gegangene Labels und Verschiebungen der Veröffentlichung 2004 bis 2005 – folgte noch eine EP und  noch ein weiteres Album2006, aber dann lange, lange Zeit gar nichts. Jetzt sind sie zurück mit einem Paukenschlag! Zurück mit ihren edlen, mächtigen Sound, den Longtracks und den cool gezockten Rock-Riffs, mit Songlängen bis zu elfeinhalb Minuten und mit epischer Breite und ausufernden Sounds zwischen Post-, Stoner und Psychedelic-Rock, bei denen sich die Haare so schön aufstellen. Hat zugegebenermaßen etwas gedauert, dieses Album, aber das müssen sie ja selber wissen. Müssen sie sich halt noch mal durch das Dickicht der Unbekanntheit schlagen – ein Album wie dieses wird ihnen den Weg aber erleichtern! Sänger Sal erklärt uns, warum es so lange gedauert hat.

 

Live zu erleben sind Amplifier am

Mi 25.05.2011 in Groningen, NL im VERA

am Fr 10.06.2011 in Hamburg im Knust

sowie am Sa 6.8.2011 in 48361 Beelen beim Festival „Krach Am Bach“ mit Blackmail, Long Distance Calling, Wallace Vanborn uva. -

 

Review der CD „Octopus“ Album des Monats in der „Blizzard” Friday Night Shock Show bei Radio Jade

 

AmplifierHallo Sal, es ist eine Weile her…

Ja, das stimmt wohl. Könnte der Welt langsamste Karriere werden… (lacht)

Nun, dafür gibt es noch andere Aspiranten, aber – was ist passiert? Offensichtlich habt ihr schon mal kein Label mehr.

Doch! Wir haben unser eigenes Label, ein anderes brauchen wir gar nicht. Wir bringen einfach unsere Platten selber raus, wir passen eh nicht in die normale Musikindustrie.

Sagt einer, der ein bisschen Pech hatte mit Labels in der Vergangenheit…

Ja, jedes Mal. Aber das ist ok. Wir haben dran gearbeitet, das hat ein bisschen Zeit gekostet, aber wir sind sicher, dass das der bessere Weg für uns ist.

Die Frage ist, ob ihr „groß“ genug seid, um damit zurecht zu kommen, sprich, ob genug Leute wissen, dass es ein neues Album von euch gibt.

Ja, wir haben viele Leute, die sich dafür interessieren. Eine kleine Karriere haben wir ja schon hinter uns, eine gewisse Fanbasis auch, so dass es gerade genug sein dürfte, damit wir zurecht kommen. Hoffe ich. Alles was ich machen kann, ist das Album zu promoten so gut wir können. Und im Endeffekt werden wir das Album mit denen zelebrieren, die es entdeckt haben, und über die Zeit werden weitere dazu kommen. Und alles, was wir verdienen, können wir direkt reinvestieren in die Band.

Also das Geld, was ihr mit Platten und Konzerten verdient. Habt ihr noch andere Einnahmequellen?

Nein, nur die Band (lacht).

Wovon habt ihr die letzten vier Jahre ge-/überlebt?

Ich weiß es nicht, wir haben es geschafft! CDs, T-Shirts und so…

In England ward ihr also die ganze Zeitz aktiv? Denn hier in Deutschland habt ihr euch ja recht rar gemacht…

Nein, in England haben wir durchaus gespielt. Aber obwohl es durchaus viele Fans hier in Deutschland gibt, mit denen wir auch in e-mail Kontakt stehen, war es für uns nicht so einfach, rüber zu kommen. Diese Fans haben unsere Platten gekauft, aber ehrlich gesagt fehlte uns auch die Zeit für große Tourneen. Es hat uns allen Ernstes vier Jahre gekostet, um „The Octopus“ zu machen. Full time. Es ist ein großes Unternehmen! Allein das Schreiben hat 18 Monate gekostet, d.h. wir haben eineinhalb Jahre nichts anderes gemacht, als Musik zu spielen, bevor wir überhaupt angefangen haben, aufzunehmen. Es war anders, als mit allen anderen Alben zuvor.

Das heißt?

Wir haben es live aufgenommen – in drei verschiedenen Sessions über drei Jahre verteilt. Wir haben keine Overdubs gemacht, sondern haben die besten Takes von jedem Song genommen. Zwischendurch mussten wir en bisschen Geld verdienen, dann bin ich noch Vater einer Tochter geworden. Ja, es waren die vier produktivsten Jahre unseres Lebens.

Die produktivsten?! Wir reden von EINEM Album… Live aufgenommen… es gibt Bands, die machen das in einer Woche!

Es sind zwei Alben – und über zwei Stunden Musik. Und was andere machen, interessiert mich gar nicht. Und es gab eine EP zwischendurch.

Es sind also zwei Alben – oder ein Doppelalbum?

Es gibt doch ein verbindendes Element. Man kann auch sagen, es sind zwei Seiten desselben Albums, mit unterschiedlichen Songs, zweimal aufgenommen. Wir hatten keinen Masterplan, aber so ist es geworden. Wir haben einfach angefangen, zu jammen – und das ist, was dabei herausgekommen ist. Wir hatten niemanden, der uns gesagt hat, es müsste so oder so klingen, ihr braucht eine Radiosingle, etc.

War das, was euer Label euch gesagt hat?

Das ist, was alle Labels sagen, so arbeiten Labels. Labels brauchen maximal mögliche Publicity, gerade für Bands, die noch vor dem großen Durchbruch stehen. Aber wir sind keine Band, die so arbeiten kann.

Was meinst du mit zwei Seiten desselben Albums, zweimal aufgenommen?

Wenn ich Part 1 & 2 höre, ist es für mich wie ein Film, den man aus zwei verschiedenen Perspektiven aufgenommen hat.

Mit welcher Verbindung? Ich meine, die Songs sind ja schon mal unterschiedlich…

Sie sind ähnlich aufgebaut, sie haben ruhige Momente an der gleichen Stelle, sie beginnen beide mit zwei Songs, die das Album einleiten und zwei, die es abschließen.

Ihr hattet vorher zwei Alben – wobei das zweite etwas rockiger ausgefallen ist, als das erste – wprdest du mir da zustimmen?

Ja. Und die Alben sind im Endeffekt der beste Beweis dafür, warum wir keine Label-Band sind. Plötzlich sollten wir ganz schnell ein zweites Album abliefern – und wie du schon ganz richtig bemerkt hast, sind wir nun einmal nicht besonders schnell. Und wir mussten „Insider“ innerhalb von ein paar Wochen schreiben und aufnehmen. Als ich die Songs eingesungen habe, musste ich die Texte ablesen… ich liebe das Album, ich finde es hat wirklich tolle Songs, und ich mag auch diese schnellere Variante von Amplifier. Aber die Art, wie wir es gemacht haben, war nicht mein Ding. Deshalb war auch klar, dass „Octopus“ so lange brauchen würde – einfach weil wir den Kontrast zu „Insider“ brauchten. Das nächste Album wird nicht so lange brauchen.

Also ein wunderbares Beispiel für den Satz „Man hat sein ganzes Leben, um sein Debütalbum aufzunehmen und nur Monate für sein zweites Album“. „Octopus“ hat jetzt wieder sehr lange gedauert – geht es deshalb zurück zu dem „echten“ Amplifier – zu dem was ihr musikalisch – auf dem Debütalbum ward?Amplifier2

Ja, ich denke, so kann man das sagen. Für uns gab es nur die beiden Alternativen: Entweder lösen wir uns auf oder wir gehen zurück zu dem, womit wir angefangen haben. Zusammen in einem Raum und spielen. Und deshalb passten wir auch zu keiner Plattenfirma mehr, denn die könnten damit nicht leben. Und deshalb ist dieses Album wirklich Amplifier.

Was macht einen Song zu einem Amplifier Song?

Normalerweise ist es so, dass wir vor uns hin jammen. Und wenn wir RICHTIG viel Glück haben, kommt dabei ein Song heraus. Aber das ist selten. Wahrscheinlicher ist, dass man Tage, Wochen oder auch Monate später sich die ganzen Bits n Pieces anhört, sich die Perlen rauspickt und diese weiterdenkt. Das ist dann mein Part. Und beim nächsten Spielen kann man das dann weiterentwickeln. Und nach ein paar Wochen beginnt sich das zu entwickeln. Wie ein Embryo. Und das erste, was mir dazu einfallen muss, ist ein Name, erst dann kann sich daraus ein Song entwickeln.

Ok, ich beginne zu verstehen, warum es so lange dauert…

Der Name ist essentiell! Er sagt dir alles darüber, was der Song werden kann und was er am Ende ist.

Was ist also „The Octopus“?

Es gibt einen Begleittext… ok, eine Zusammenfassung. Der Text versucht, einen kleinen Einblick zu geben in unsere Existenz. Und „The Octopus“ ist eine Art Netzwerk, eine Art Gehirn, ein System, und jeder der „The Octopus“? kennt, ist Teil von ihm. Aber ich fürchte, du musst den Text lesen, um ihn wirklich zu verstehen. Er ist lang, aber eigentlich nicht so schwer…

Klingt ein bisschen nach einem Drehbuch… ist da was geplant?

Von mir aus… könnte man machen. Aber ich fürchte, dafür fehlt die spannende Geschichte.

Gab es eigentlich Offerten von Labels?
Ja, aber sie boten uns keine Zukunft an. Sie wollten das fertige Album für 10, 20.000 Euro, aber wer würde das schon machen? Wir müssen davon leben!

Und was kommt jetzt für uns? Jede Steckdose zum Spielen suchen?

Oh, wir werden erste einmal warten und den Leuten Zeit geben, das Album zu verarbeiten. Und frühestens im Sommer werden wir beginnen, ein paar Konzerte zu spielen. Alles andere wäre Wahnsinn. Früher sind wir immer getourt, sobald das Album erschienen ist, niemand hatte Zeit, eine Beziehung zu dem Album aufzubauen. Und es macht wirklich einen Unterschied, wenn du auf der Bühne stehst, und die Leute lieben das Album. Wer hat etwas davon, wenn kein Mensch versteht, was du da vorne spielst, weil das Album gerade erst rausgekommen ist. Wir werden bestimmt zwei, drei Jahre zu diesem Album touren, und unsere Show entwickeln. Das ist eine weitere Sache, warum wir kein Label wollen, wir möchten uns nicht an „den üblichen Weg“ halten müssen. Und ich fürchte, es wird sich nicht rechnen, an jeder Steckdose zu spielen, da muss man auch an die Energie denken, die man hineinsteckt. Es gibt so viel mehr, als Live-Spielen. Das ganze Drumherum muss organisiert werden, die Kontakte zu den Fans müssen aufrechterhalten werden. Allein die Interviews und das e-mail Schreiben ist so zeitaufwändig. Und wer sagt denn, dass man mehr Fans erreicht, wenn man in jedem Dorf spielt? Je mehr man spielt, desto weniger ist eine Show wert.

Habt ihr das neue Material schon live ausprobiert?

Wir haben immer mal Shows gespielt und wir haben jeden Song 2, 3 Mal gespielt, bevor wir ihn aufgenommen haben. Aber wir haben das Album an sich noch nicht gespielt.

Ich muss sagen, dass ich einige Bands erst über ihre Konzerte für mich entdeckt habe. Warum ist es so wichtig, dass das Album erst einmal eine Zeit lang „sacken“ muss, bevor ihr live spielt?

Weil wir es so für uns entschieden haben. Das Album braucht Zeit, um es richtig zu entdecken und wir wollen den Hörern diese Zeit geben.

Das haben wir so gelernt als Musikfans. Aber ich weiß nicht, ob die heutigen Musikgewohnheiten noch so sind…

Das wird sich zeigen müssen. Ich habe keine Ahnung, aber momentan bin ich noch der Überzeugung, dass wir Recht behalten werden.

Na dann, viel Glück!