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Sie sind der Prototyp
des Postrock: Sie erschaffen Songmonumente, in die man sich herrlich fallen
lassen kann, begeistern mit Atmosphären und Stimmungen, die sich langsam
aufbauen und jederzeit auch wieder wechseln können und sie erzählen Geschichten,
ohne eine einzige Textzeile auf ihre CD zu bannen. So zumindest kannte man sie,
bevor sie ihre Fans mit ihrem letzten Studioalbum „Mr. Beast“ vor gut zwei
Jahren überraschten mit teilweise fast poppigen Songstrukturen und Texten! Aber
mit ihrem neuen Album „The Hawk is Howling“ kehren sie zu alten Stärken zurück,
führen den Hörer über hohe Soundwälle und durch tiefe Täler und geben sich
wieder komplett wortlos. Sie wissen also weiterhin zu überraschen – und zu
überzeugen! Ralf Koch im Gespräch mit Gitarrist Stuart Braithwaite.
Ist jede Platte eine
Reaktion auf die letzte?
Nein, nicht wirklich, ich meine, wir sind meistens sehr
zufrieden mit unserer Arbeit, und so ist jedes Album eher eine neue
Herausforderung, der wir uns stellen.
Mr. Beast war sehr viel
Songorientierter als Eure anderen Alben..
Aber auch das war nicht wirklich bewusst, es passierte einfach. Es geht einfach darum,
mit was für Songs wir ins Studio gehen, was für Songs in dem jeweilige Zeitraum
entstanden sind. Es stimmt schon, „Mr. Beast“ war für unsere Verhältnisse
relativ Pop-orientiert, aber das war uns nicht einmal bewusst, bis uns andere
darauf aufmerksam machten. Uns geht es eher darum, dass die Songs gut sind,
nicht um irgendwelche Vergleiche zu früheren Arbeiten.
Welchen Endruck habt
ihr also vom neuen Album?
Ich bin stolz darauf – und das ist gut. Ich glaube, die
Stimmung ist relativ dunkel aber auch sehr frei – also eine Verbindung aus
unseren früheren Arbeiten mit der Komplexität der späteren Sachen.
Das ist ja im Gegensatz
zum davor gesagten schon eine richtige Analyse! Und das entsteht alles im
Jammen?
Wir schreiben, wir basteln hin und her, und bis wir nicht
fertig sind und meinen, dass wir ins Studio gehen sollten, könnte ich noch gar
keine Aussage darüber treffen, wie sich das neue Material anhört. Und in diesem
Fall waren wir rund ein Jahr damit beschäftigt.
Das Album beginnt
relativ ruhig – und Mogwai-typisch – während Song 2 extrem rockig ist – was ist
Eure Intention mit Euren Songs?
Wir wollen Musik machen, die die Leute genießen können. Wir
sind in erster Linie Musikfans, und wir möchten, dass die Leute genauso viel
Spaß mit unserer Musik haben wie wir damit. Wir sind sehr glücklich, dass wir
das so machen können, aber wir sind uns auch unserer Pflicht bewusst.
Der schottische
Schriftsteller Ian Rankin hat die Liner-Notes geschrieben und nannte den Song
„Scotland’s Shame“ Euren persönlichsten Song. Wieviel Intimität kann ein
Instrumentalsong haben?
Oh, ich finde, es gibt sehr viel Intimität in unserer Musik.
Das ist anders als in Musik mit Texten, aber mit Instrumentalsongs können die
Leute eine sehr starke Bindung aufbauen. Und wenn man diesen Song dann viele
Jahre später wieder hört, kommt man an genau den Punkt und die Gefühle wieder
heran.
Ja, aber wie persönlich
kann ein Instrumentaltitel für jemanden anders sein?
Oh, 100% finde ich. Ich denke, es ist auch sehr subjektiv,
ob ein Stück eher fröhlich oder traurig wahrgenommen wird.
Das ist die
Gefühlsseite des Hörers, aber wie viel von den Gefühlen des Komponisten kann
beim Hörer ankommen – ganz objektiv?
Das ist schwer zu sagen, ich weiß nicht ob es dazu eine
klare Antwort gibt. Aber dann konnte man auch argumentieren, dass ein Bild
nicht persönlich sein kann – und dann würdest Du Dich wohl mit Kunstkennern
streiten müssen. Ich denke, jedes Stück Kunst hat eine sehr persönliche Note.
Ich glaube auch, dass unsere Musik sehr stark geprägt ist von uns als
Künstlern. Und was sind denn schon Texte? Jemand kann ja singen, wir sollen uns
alle lieben, und dann geht er nach hause und schlägt seine Frau.
Hörst Du viel
instrumentale Musik?
Ja, ich höre viel elektronische Musik, viel Klassik, viel
Minimalmusik. Eher weniger im Stile von Mogwai, aber durchaus viel
Instrumental.
Der Songs „The Sun
smells too loud“ hat in seiner hypnotischen Art fast was von Trance/Techno –
hat es Euch schon mal in diese Richtung gezogen?
Nein, eigentlich nicht. Viel schneller als da können wir
auch gar nicht spielen (lacht). Ich mag diese Musik, aber für Mogwai stehe ich
eher auf die Rock-Seite mit Gitarren und echtem Schlagzeug – und ich glaube
auch, dass man das eher nicht von uns erwarten würde… wir sind eine Rockband!
Ihr habt reichlich
verrückte Songtitel – ist das der kritische kommentar, den man mit
Instrumentalmusik geben kann?
Nein, das ist eher unser Ausdruck dafür, dass wir nicht zu
ernst erscheinen wollen mit unserer Musik. Von mir aus bräuchten Songs gar
keinen Titel – aber das wäre auf Dauer wohl auch ziemlich blöd. Nein, einen
Kommentar auf irgendetwas muss man daraus nicht ableiten.
Was ist dann ein
Titel wie „Schotland’s Shame“ für Euch als Schotten?
Keine Ahnung, ich glaube Gordon Brown ist Schottlands
Schande, weil er viel Geld ausgibt für Nukleare Waffen während zu viele
Menschen kein Dach über dem Kopf haben.
Also doch ein
politisches Statement? Oder der Raum für jedermanns eigene Interpretation?
Das zweite eher. Wir wollen den Leuten nichts vorgeben, es
gibt viele, auf die man den Titel anwenden kann.
Der Albumtitel „Happy
Songs für Happy People“ war dann auch eher ironisch gemeint?
Es war nicht unbedingt ironisch, ich glaube unser Keyboarder
Barry kam mit dem Satz, als wir mit den Aufnahmen beschäftigt waren. Wir sind
schon glücklich mit unserer Musik – und auch durch unsere Musik, auch wenn es
viele eher traurige Momente darin gibt. Ich glaube, es war eher sarkastisch
gemeint.
Ich habe letztes Jahr
mit Darius Keeler von Archive gesprochen – er
wollte seine Band ungern in Beziehung zu Mogwai setzen, gleichzeitig wart Ihr
kurz darauf für den selben Tag bei einem Festival in Frankreich gebucht –
siehst Du da schon eher Parallelen?
Es ist zu lange her, dass ich sie gehört habe, dass ich dazu
etwas sagen könnte. Vielleicht sollte ich mir mal wieder etwas von denen
anhören…
„Mr. Beast“ ist zwei
Jahre alt, dazwischen gab’s noch den Sounstrack „Zidane“ - woraus resultieren
die Abstände zwischen den Alben – oder habt Ihr da keinen bestimmten Rhythmus?
Nein, um ehrlich zu sein, wir machen einfach immer weiter.
Größere Pausen hatten wir noch nie. Wir fangen mit der nächsten Platte an,
sobald wir mit der letzten Tournee fertig sind.
Euer Debütalbum ist
jetzt gut zehn Jahre alt – habt Ihr erreicht, was ihr erreichen wolltet?
Oh, wir haben sehr viel mehr erreicht, als wir jemals
geträumt haben. Wenn wir von Zielen sprechen – wir wollten eigentlich nur
einmal von John Peel gespielt werden und in den Borrowlands in Glasgow
auftreten – und das haben wir beides. Alles weitere ist Bonus.
Also Zeit für neue
Ziele?
Ich wüsste nicht, was für Ziele ich mir stecken sollte, was
mich glücklicher machen würde als ich jetzt bin. Außer vielleicht, dass David
Bowie auf einem unserer Songs singt…