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Reunions können etwas Fantastisches sein. Und es gibt wohl
kaum eine Band, der man heutzutage nicht mehr zutrauen würde, dass sie
vielleicht doch noch einmal das alte Fieber überkommt. So wie die Yardbirds.
1968 erschien ihr letztes gemeinsames Album „Little Games“, 35 (!) Jahre später
ein Nachfolger, der unverhohlen genau daran anknüpft, wofür sie immer standen:
abwechslungsreiche Rockmusik mit kräftigem Blues Einschlag, dynamisch,
emotional, ein Klassiker! (!) Mit Klassikern. Neuen wie alten. Denn die Hälfte
der Songs sind Neuaufnahmen alter Stücke – nicht komplett umarrangiert, aber
mit prominenten Gästen. Als eine der einflussreichsten Bands der 60er hatten
sie keine Probleme, Weltklasse-Gitarristen wie Joe Satriani, Slash, Brian May
oder Steve Lukather ins Studio zu bekommen. Gründungs-Mitglied Chris Dreja
erzählte mir ein paar Hintergründe.
Es hat verdammt lange
gedauert, bis Ihr Euch entschieden habt, ein neues Album aufzunehmen!
Nun, nachdem sich die Band aufgelöst hatte, waren alle
irgendwie immer in irgendwelchen Projekten oder Bands eingespannt, so dass wir
gar nicht dazu gekommen sind, die Band zu reformieren. Es war einfach eine sehr
lange Pause.
Trotzdem gibt es die
Yardbirds ja bereits seit 1995 wieder, das sind auch immerhin 8 Jahre her.
Naja, bis 1997 gab es ein paar Umbesetzungen, dann brauchte
es seine Zeit, bis wir richtig eingespielt waren, und außerdem ist es auch
nicht immer so einfach, eine geeignete Plattenfirma zu finden. Ich meine, wir
hatten 35 Jahre Ferien genommen! Erst als wir Steve Vai getroffen haben, der
das sehr gitarrenorientierte Favored Nations Label unterhält, begann die ganze
Sachen Formen anzunehmen. Letzten Endes musste auch noch sehr viel Blut,
Schweiß und Tränen fließen, bis wir zu einem Album kamen, das wir uns
vorgestellt haben.
Dafür ist das
Ergebnis ja auch absolut überragend!
Danke! Die Tatsache, dass wir in den Neuaufnahmen der alten
Stücke ja auch sehr viele Gastmusiker mit an Bord haben, hat die Aufnahmen
natürlich auch nicht gerade beschleunigt. Aber wie gesagt, wir wollten am Ende
ja auch ein Album, das uns zufrieden stellt, da sollte man nach so langer Zeit
keine falsche Eile vortäuschen.
Nun, in Eurer aktiven
Zeit in den 60ern habt Ihr ja nun auch nicht gerade Alben am Fließband
produziert...
...nein (lacht), das stimmt wohl. Komplette Alben gab es
schließlich nur drei, dazu aber immerhin jede Menge Singles und Eps und
Compilations.
Wie seid Ihr die
neuen Aufnahmen der alten Klassiker angegangen?
Wir wollten nicht zu viel ändern, schließlich sind das
allesamt klasse Songs. Aber allein die Tatsache, dass die Aufnahmebedingungen
Lichtjahre vorangeschritten sind und die Gastmusiker, die ihre eigenen
Klangfarben mit einbringen, hat die Stücke schon um einiges verändert. Aber das
ist okay, ich war einige Male überwältigt von dem Sound, den sie produziert
haben.
Wirklich klasse ist
ja die Mischung aus alt und neu – ohne dass man es wirklich merkt, was jetzt
was ist.
Absolut, das war was wir wollten. Wir wollten eine
Yardbirds-Version des 21. Jahrhundert mit dem Spirit und dem Drive der alten
Band.
21.
Jahrhundert-Version der Yardbirds... es gibt ein Zitat, in dem Ihr sagt, dass
Ihr oft als Blues-Band bezeichnet wurdet, dass dieses Label aber nicht richtig
greift. Gibt es überhaupt ein Label für die Yardbirds?
Eklektisch! (Eklektizismus: Denkweise, bei der bereits
vorhandene Ideen zusammengetragen werden; Fremdwörterlexikon Bünting/Ader,
1991). Exzentrisch. Ich meine, wir starteten als Black American Blues Band mit
Eric Clapton – aber wir waren weiß, also konnten wir keine „richtige“ Blues
Band sein. Dazu gab es immer die experimentelle Seite, die uns mal zum Heavy
Metal, zum Rock´n´Roll oder zur Psychedelia getragen hat. Also ich denke, wir
sind einfach eine Gitarren-Rockband, exzentrisch und eklektisch.
Nun, ich weiß nicht,
ob ich das jetzt Heavy Metal genannt hätte...
Naja, in der Zeit, als Jimmy Page zu uns kamen, waren wir
doch schon recht heavy – aber die Definitionen haben sich über die Jahre auch
geändert, Led Zeppelin wurden ja früher auch Heavy Metal genannt.
Haben Jeff Beck und
Jimmy eigentlich jemals zusammen in der Band gespielt?
Ja, als Jimmy kam, stieg er als Bassist ein. Aber nicht
lange, das war Verschwendung. Jimmy war ein Rock-Gitarrist. Aber als dann beide
die Sechssaiter spielten, wurde es doch ein bisschen zu wild, Jeff mit der
experimentellen Seite, Jimmy mit den Heavy-Riffs, es war sehr laut (lacht)!
Jeff hörte dann aus gesundheitlichen Gründen auf.
Was wollt Ihr
erreichen mit der neuerlichen Auflage der Yardbirds?
Wer weiß, das ist eine interessante Frage. Ich denke, wir
machen einfach das weiter, was wir am besten können, und da wir schon immer
eine eklektische Band waren, kann das in jede Richtung gehen. Aber ich hoffe,
dass es immer als typisch Yardbirds erkannt werden wird.
Hörst Du aktuelle
Musik?
Ich höre viele verschiedene Arten von Musik – Jazz, Blues,
Red Hot Chili Peppers, Kraftwerk – alle Arten von Einflüssen. Da sind wir alle
sehr offen, ich denke, das hat uns immer ausgezeichnet. Ein Stück wie „The
Mystery of Being“ zeigt das ja schon, sehr funkig und Groove-orientiert hat er
ja schon einiges an modernen Einflüssen.
Habt Ihr eine
Vorstellung von dem Publikum, das Ihr 2003 ansprecht?
Nun, wir sind ja schon ein paar Jahre wieder sehr aktiv,
haben ungefähr 100 Gigs gespielt letztes Jahr, und da sehen wir, dass wir
sowohl das alte Publikum haben, als auch jüngere Fans, die vielleicht erkannt
haben, dass wir ein Einfluss für neuere Bands sind, die sie eigentlich hören.
Und das in Japan, Frankreich, Deutschland. Und natürlich hoffen wir, dass wir
neue Fans dazu gewinnen können, ohne allerdings unsere alten Fans zu verlieren.
Ich denke, dazu können auch die Neuaufnahmen der alten Songs beitragen.
Ein komplett neuer
Name an wichtiger Stelle ist ja Sänger John Idan, wie kamt ihr an ihn?
Er ist ein Yardbirds-Fan seit Jahren, wahrscheinlich wusste
er deshalb so gut, worauf es uns ankam. Er hat seit den Achtzigern mit Jim
zusammen gearbeitet, und er hat es wirklich geschafft, ein sehr ähnliches
Feeling in die Songs zu bringen. Das witzige ist, dass er aus Detroit kommt,
also der einzige Amerikaner in der Band ist, aber das war auch nur wieder eine
weitere Erweiterung der Einflüsse in der Band. Es passte einfach!
Jeff Beck spielt bei
einem der neuen Songs mit – habt Ihr auch Jimmy Page und Eric Clapton gefragt?
Nein, das war nie geplant. Wir haben in Gypie Mayo einen
fantastischen Gitarristen, also sollte er das neue Material einspielen. Dass
Jeff auf einem Stück spielt, ist einem zufälligen Treffen zu verdanken – ich
sage verdanken, weil er einfach brilliant ist, er sit ein absolutes Genie, ich
bin froh, dass er das Stück eingespielt hat. Aber wir waren nie darauf aus, die
originalen Gitarristen mit ins Boot zu kriegen. Und wie man an der Gästeliste
sieht, sind wir um gute Gitarristen eh nie verlegen... (lacht).
Meine
Lieblings-Abschlussfrage – in diesem Fall besonders delikat: wo seid Ihr in 10
Jahren?
Hmm, in der Tat, ich kann mir nicht vorstellen, dass es
einer von uns beantworten kann. Tatsache ist, dass wir momentan sehr engagiert
sind in der Band und wir lieben, was wir machen. Vielleicht gibt es ein neues Album, aber ich
kann mich nicht festlegen. Hoffentlich produziere ich irgend etwas –
musikalisch oder optisch.
Aber Du könntest Dir
ein weiteres Album vorstellen?
Ja, durchaus. Nichts ist unmöglich. So lange es ehrlich ist
und von Herzen kommt, warum nicht?