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Ritchie Blackmore / Blackmore´s Night
Interview 1998 zum Konzert in Oldenburg, 7.10.98: Elektro-Akustikkonzert mit Renaissance-Musik
Vor genau dreißig Jahren Gründungsmitglied der
Hardrock-Legende Deep Purple, ein knappes Jahrzehnt später zusätzlich auch noch
von AOR-Vorreitern Rainbow. Drei Jahrzehnte ganz oben im Rockbusiness, da
erscheint plötzlich ein Album von Ausnahmegitarrist Ritchie Blackmore, das wohl
keiner von ihm erwartet hätte. Blackmore´s Night ist Ritchies
Renaissance-Hommage, eine zurückgenommene Aufnahme voller Gefühl, lediglich mit
akkustischer Gitarre, Tamburin, Streichern, Synthies und der bezaubernden
Stimme seiner Lebensgefährtin Candice Night aufgenommen. Und mit den beiden
unterhielt sich Diabolo-Mitarbeiter Ralf Koch.
Diabolo: Wie kam es auf die Idee zu diesem Album?
Ritchie: Ich höre diese Musik eigentlich seit ca.
dreißig Jahren, aber ich hatte nicht gedacht, dass ich es mal auf der Bühne
spielen würde, bis ich Candice getroffen habe. Wir fingen an, diese Songs vor
Freunden zu spielen, als Hausmusik, wie es eben auch damals gespielt wurde.
Dann wurde die Band größer, und wir dachten, wir sollten damit auf Tour gehen,
weil es uns wirklich Spaß machte. Wir interpretieren die Renaissance-Musik ein
bißchen anders als die üblichen Puristen. Wir sind ja keine Historiker. Wir
versuchen, die Emotionen dieser Zeit festzuhalten und es zu transportieren in
die heutige Interpretation, ohne es wirklich zu modernisieren. Wir haben
versucht, diese Art Musik zu öffnen für Leute, die sie normalerweise nicht
hören würden.
Diabolo: Du warst so lange Hardrock-Gitarrist, auf
dem neuen Album sind die Gitarren sehr zurückhaltend und leise. Das ist ja
schon etwas anderes...
Ritchie: Es klingt seltsam, aber so sehr anders ist
das gar nicht. Man kann sagen, ich spiele im Prinzip ähnliche Musik, nur eben
nicht durch laute Verstärker, sondern akustisch – was übrigens sehr gefährlich
ist, weil du dich nicht hinter dem Krach verstecken kannst. Es ist leicht etwas
vorzutäuschen, wenn du Rock spielst, hier ist das schwieriger. Das einzig neue
daran ist, dass ich alles mit Fingern spiele, anstatt mit Plektrum. Wenn ich
auch live ein bißchen mehr mit Plektren arbeiten werde.
Diabolo: Wie können wir uns die Konzerte vorstellen?
Schon das Setting ist ja sehr außergewöhnlich für ein Ritchie
Blackmore-Konzert...
Ritchie: Ja, aber das war der ursprüngliche Plan, in
solcher Umgebung zu spielen. Am besten nur in Kirchen und Schlössern, also
kleine, intime Plätze. Große Hallen hätten nicht die richtige Atmosphäre für
diese Art Musik, aber ich muß sagen, dass wir nicht in allen Städten das Glück
hatten, die Möglichkeit für ein solches Ambiente zu finden. Wir sind sieben
Musiker und wir werden zwar Verstärker haben, aber es wird kein lautes Konzert
werden, wie ein Rock-Konzert. Du könntest es ein Elektro-Akustikkonzert mit
Renaissance-Musik nennen.
Diabolo: Das Album kam vor mittlerweile einem Jahr
heraus, wie wurde das Album bisher aufgenommen.
Ritchie: Die Resonanz war sehr gut – was uns
eigentlich ein bißchen überrascht hat. Wahrscheinlich haben sich nur die, die
es nicht mochten, sich nicht bei uns gemeldet. Aber die, die es mochten, sind
auch die selben Fans, die damals meinen Hardrock mochten. Sie sind, wie ich,
älter gworden, vielleicht ein bißchen konservativer. Und das ist mein Glück.
Candice: Es war lustig, manche alte Fans sind
fröhlich mit einer neuen Blackmore-Scheibe nach Hause gekommen und ihre Frauen,
denen der Rock zu hart war, mochten die CD plötzlich auch. Und wir bekommen
sogar Fan-Briefe, dass auch die Kinder, fünfjährige, sechsjährige singend
durch´s Haus tanzen dazu. Und sogar ihre Eltern mögen sie, diese CD bricht also
alle Generationsbarrikaden.
Diabolo: Ritchie Blackmore macht also Familienmusik.
Kommt man dahin, wenn man als Hardrockgitarrist älter wird?
Ritchie: Nicht unbedingt. Und zur Renaissance-Musik
schon gar nicht, weil´s zu schwer ist... Nein, ich denke nicht, dass das eine
Entwicklungsstufe ist. Ich kann in ein paar Jahren zurückkehren zum Hardrock.
Ich habe nur diese Idee schon so lange mit mir herumgeschleppt, jetzt hatte ich
endlich die Zeit dafür.
Du kannst wieder zurückkehren – ist Deine Hardrock-Karriere
also noch nicht beendet?
Nein, ich glaube nicht. Vielleicht stehe ich in ein zwei
Jahren schon wieder auf einer großen Bühne. Im Moment habe ich aber einfach
mehr Lust zu dieser Sache.
Diabolo: Candice, würdest Du auch dann an seiner
Seite stehen?
Candice: Ich würde ihm als Lebenspartner zur Seite
stehen und ihn unterstützen, aber ich habe keine Rock-Stimme, also würde das
wohl nicht in Frage kommen. Das würde wahrscheinlich klingen, als würde Enya
Ronnie James Dio-Songs covern, das wäre nichts.
Diabolo: Hast Du vor der aktuellen CD schon Musik
gemacht?
Candice: Ich habe mit Ritchie an dem Rainbow-Album
“Stranger in us all” gearbeitet und auch die Background-Vocals übernommen, aber
davor hatte ich mit dem Schreiben von Musik nichts zu tun.
Diabolo: Wird es eine Fortsetzung von Blackmore´s
Night geben?
Candice: Ja, im nächsten Frühjahr wird die zweite CD
herauskommen, namens “Under a Violet Moon”. Wir haben schon auf dem ersten Teil
der Tournee den Titelsong gespielt, der ein bißchen mehr `up-beat` ist, als das
Material der ersten Scheibe, und er kam so gut an. Die Leute standen und
klatschten und sangen den Refrain mit, und so haben wir uns ein bißchen mehr an
diese Richtung gehalten – ein bißchen mehr Groove, ein bißchen schneller, denn
das macht live sehr viel Spaß, denn es bringt einfach mehr Abwechslung.
Diabolo: Werden wir davon schon jetzt etwas hören
können? Und was wird den Set sonst noch erweitern?
Ritchie: Ja, wir spielen ein paar neue Stücke – nicht
zu viele, damit die Vorfreude für das nächste Album bleibt. Dann wird es ein
paar alte Stücke geben und ein paar Rainbow-Klassiker, Sachen, die sich für
diese Neuinterpretation anbieten. Wahrscheinlich keine Deep Purple-Songs,
obwohl... wenn danach verlangt wird... Candice kennt die Texte.
Diabolo: Ihr reagiert also auf Musikwünsche.
Ritchie: Ja. Manchmal kommen sogar Musiker aus dem
Publikum mit in unsere Runde. Als wir das letzte Mal in Deutschland waren,
fingen sogar die Leute an, in Renaissance-Kostümen zu erscheinen, und irgendwie
waren immer viele an der Nacht beteiligt – wie auf einer großen Party.
Diabolo: Und Leute in Renaissance-Outfit haben dann
freien Eintritt...
Ritchie & Candice (im Chor): Natürlich!
Vielleicht bitten wir sie auch zu uns auf die Bühne.