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Megadeth
Interview 1999
Das 8. Studioalbum
des Quartetts um Metallica-Aussteiger Dave Mustaine. Die 4 letzten Alben
erreichten Platinstatus in Ländern der ganzen Welt, aber die Amerikaner wollen
mehr. Sie wollen ganz nach oben und gehen dabei zwar nicht über Leichen, aber
doch über die ehemals gesteckten Grenzen weit hinaus. Herausgekommen ist ein
abwechslungsreiches Album, dass nur noch begrenzt etwas mit der Vergangenheit
der Band zu tun hat, dass aber trotzdem oder auch gerade deswegen zum besten
gehört, was die Band in ihren 16 Jahren hervorgebracht hat. Was Gitarrist Marty
Friedmann dazu sagen kann, erfuhr ich im Interview.
Hallo Marty, ihr habt
ein neues Album draußen – was kannst du mir dazu sagen?
Nun, wir wollen uns definitiv nicht wiederholen, aber dieses
Mal sind wir, glaube ich, mehr als jemals zuvor in eine neue Richtung gegangen.
Ich möchte es nicht Pop nennen, aber ich denke, wir können damit wesentlich
mehr Leute ansprechen, als zuvor. Wir haben Sachen ausprobiert, mit denen jeder
etwas anfangen kann, nicht nur Heavy Metal oder Hardrock-Fans. Wir haben uns
einfach von allen Vorurteilen gelöst, wie wir klingen sollten, und haben Songs
gemacht, die gute Melodien haben, gute Beats und gute Stories.
Wie kam es dazu?
Es kam mit der Zeit. Alle unsere Alben erreichten
Platinstatus, aber mittlerweile fühlen wir uns sicher genug, Veränderungen
zuzulassen, Risiken zu wagen – darum auch der Titel.
Was werden eure alten
Fans dazu sagen?
Nun, wenn man das Debüt mit dem neuen Album vergleicht, gibt
es keine Parallelen. Aber das ist der Lauf der Dinge. Wir hatten so viele
Inspirationen und Einflüsse, die uns beeinflusst haben, wie soll man sich dem
widersetzen können? Es wäre traurig, wenn wir immer noch den selben Sound
machen würden.
Eure Promo-Firma
nennt euch immer noch ´eine der schnellsten Heavy-Metal-Bands´... passt nicht
so richtig für das neue Album, oder?
Ist das, was sie sagen? Wow. Ich meine, wir könnten immer
noch schnell sein, wenn wir wollten. Wir könnten immer noch jeden Speed-Rekord
brechen, aber du wirst diese Art Songs zumindest nicht auf den letzten drei
Alben finden.
Hat das auch etwas
mit Alter zu tun?
Überhaupt nicht. Es hat eher mit „Wachstum“ zu tun. Ich
meine, wir wollten schon immer vor so vielen Leuten wie möglich spielen, die
Frage war nur immer, wie erreicht man das. Ich meine, wir haben eine tolle
Fanschar, aber wir wollten mehr. Das „Normalpublikum“. Wir wollten schon immer
einfach immer besser werden. Wir wollen eine Legende werden, eine Band, die man
auch in 10, 15 Jahren noch hören wird.
Ihr habt auch einige
ungewöhnliche Instrumente benutzt, Geige, percussive Elemente, etc. , wie kamt
ihr dazu?
Man hat gewisse Ideen im Kopf, wie man einen Song gestalten
könnte, also haben wir einfach ein bisschen herumprobiert.
Kannst du mir etwas
über die Texte erzählen?
Nun, die sind alle von Dave, da kann ich nicht so sehr ins
Detail gehen, aber auch ohne das kann ich sagen, dass es die persönlichsten
sind, die wir je hatten. In der Vergangenheit hatten wir immer clevere
Wortspiele u.ä., die für Ausländer immer schwer verständlich waren, aber dieses
Mal geht es mehr um Emotionen, um alltägliche Dinge. Es ist sehr viel menschlicher dieses Mal.
Hast du ein
Lieblingsstück auf dem neuen Album?
Das ist schwierig – ich meine, wie wählt man sein
Lieblingskind.... Es ändert sich auch ständig, aber z.Zt. sind das „I´ll be
there“ und „The Doctor is calling“.
Also eher die Stücke,
die am meisten die neue Seite repräsentieren..
Ja.
Die Texte sind von
Dave, die Musik von euch zwei, was machen die anderen beiden dann?
Jamming. Musik spielen. Ich meine, wir haben beide unsere
Heimstudios und kommen mit Hunderten von Ideen, spielen sie unserem Manager
vor, und er ist wie der 5. Beatle, er hilft uns, die Sachen zu arrangieren,
sagt uns, welche Ideen wir nehmen sollten, und welche wir verwerfen sollten.
Und nachdem das alles klar ist, gehen wir ins Studio mit den anderen beiden,
und fangen an aufzunehmen.
Die erste Single
„Crush ´Em“ wurde mit der Intention geschrieben, dass es bei den Heimspielen eurer
Lokalmatadoren der Hockeyliga, den „Phoenix Coyotes“, gespielt wird – sozusagen
als Sporthymne. Gibt es schon Reaktionen?
Ja, absolut. Es wird in der National Baseball League, in der
Football League und in der ganzen Hockeyliga gespielt – und sogar bei
Wrestling-Events – es geht weit über unsere Erwartungen! Wir könnten nicht
glücklicher sein.
Der Gesang ist
variantenreicher, als jemals zuvor. Dave hat Gesangsunterricht genommen – ist
das nicht ungewöhnlich nach 7 (!) veröffentlichten Alben?
Überhaupt nicht. Ich wäre überrascht, wenn Bono Vox nicht
auch immer noch Gesangsstunden nähme. Man will immer alles Mögliche herausholen
– und das auch beim Gesang. Ich glaube auch, dass das der Platte enorm geholfen
hat. Ich meine, das erste, worauf man achtet, ist der Beat und den Gesang – und
dieses Mal haben wir darauf verstärkt geachtet.
Dann Huff produziert
sonst eher die poppigere Richtung – Celine Dion, Shania Twain, Faith Hill,
Barbara Streisand – wie kamt ihr auf diesen Produzenten?
Er ist einer der erfolgreichsten Produzenten des Landes, und
wir wollen erfolgreich sein, was lag also näher. Ok, ich muß zugeben, wir sind
die einzige Rockband, die er produziert hat, aber er hat auch selber mal das
AOR-Projekt „Giant“ gehabt, er kennt sich also schon aus mit guten Sounds, und
für einen großen Hörerkreis Musik zu produzieren, ist eine Kunst – die er
beherrscht! Und wir werden wohl deswegen kaum wie Barbara Streisand klingen,
alles was wir machen, wird also immer nach Megadeth klingen.
Eine Band, die ja
nicht zuletzt über Dave mit euch zu tun hat, ist Metallica – wie sehen Eure
Beziehungen zueinander aus?
Wir haben die Jungs mehrmals getroffen, sind 1993 mit ihnen
getourt, und es war immer gut. Was es auch immer in der Vergangenheit für
Probleme zwischen Dave und Metallica gab, glaube ich, die sind längst
vergessen.
Vergleicht man die
Veränderungen bei Metallica und bei euch über die Jahre, scheint es Parallelen
zu geben.
Man kann nicht widersprechen, dass Metallica einen enormen
Anteil an der Popularität des Heavy Metals haben, aber den haben Megadeth auch.
Aber Metallicas Verdienst ist da wohl ein bisschen größer, und er hat vielen
Bands die Tür zur Welt geöffnet, so dass diese Bands nicht in der Garage
versauern müssen. Ich habe großen Respekt vor Metallica.
Könnt ihr den selben
Status erreichen?
Wer weiß. Es wäre toll,
und was ich bisher zu „Risk“ gehört habe, scheinen wir auf dem besten Wege zu
sein. Aber ich will nichts, was sie haben. Sie verdienen, was sie haben, und
wir verdienen, was wir haben. Es wird eine Frage unseres Einsatzes sein.
Ihr werdet nun mit Iron
Maiden auf Tour gehen – habt ihr Support-Tourneen noch nötig?
Das hängt davon ab, wo wir spielen. In Europa haben Iron
Maiden einen weit größeren Namen, und die Tournee ist weitgehend ausverkauft –
es gibt also keine bessere Möglichkeit, so viele Zuschauer zu erreichen. Wir
waren lange nicht in Europa, und würden wohl weit weniger Tickets verkaufen.
Und wir freuen uns, Teil dieser großen Show zu sein. Es ist schon mehr als ein
„Support“, wir helfen der Tour.
Aber finanziell
dürfte das schon ein Unterschied sein...
Wir machen nichts für Geld, wir machen es, um für die
Menschen zu spielen. Wir haben andere Sachen, um Geld zu verdienen. Und die
Tournee wird kaum ein Verlust für uns sein. Und wir sehen es als Chance, jeden
Abend für 10 bis 20,000 Leute zu spielen.
Was können wir bei
den Gigs erwarten? Natürlich das neue Album, aber wie wird das zu dem älteren
Material passen?
Wir haben ein paar Shows in den Staaten gespielt, wo wir
bisher nur die erste Single präsentiert haben, und das passte eigentlich ganz
gut zusammen. Ich bin sicher, das wird ähnlich mit dem Rest des neuen Albums.
Zum Abschluss noch eine
Frage zur Schreibweise eures Namens... warum schreibt ihr Death ohne „a“?
Das ist etwas mehr etwas besonderes. Und cool. Es heißt
schon das selbe. Aber ich erzähl dir was – wir haben eine Klausel in unseren
Tourverträgen, dass wir $500 kriegen, wenn der Name falsch geschrieben wird –
z.B. mit „a“. Und wir haben das schon ziemlich oft eingesackt!