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Das Album „Alter Ego“ ist zwar
schon ein knappes Jahr alt, der erste Teil der entsprechenden Tournee auch
schon absolviert, aber die Tournee geht weiter, und führt das „Sprachrohr“ der
deutschen Pop- und Rockmusik auch in die Kulturetage nach Oldenburg. Grund
genug für mich, mit ihm ein Interview zu führen.
Heinz Rudolf Kunze – der Mann mit
der „Quote“...
HRK: Der Mann mit der Quote.
Nervt das mittlerweile schon,
oder stehst Du immer noch dahinter?
HRK: Ich stand noch nie dahinter. Ich
wurde bloß sehr schnell in die Rolle des Sprachführers gedrängt – angefangen
hat´s mit dem Interview im „Spiegel“ – und alle anderen haben sich feige hinter
mir versteckt und die Klappe gehalten Immerhin wurde die Petition des Deutschen
Rockmusiker Verbands damals von 80 Musikern unterschrieben. Ich bin nur der
einzige, der dafür den Arsch voll gekriegt hat.
Du beziehst aber ganz gerne
Meinung, oder?
HRK: Ich gelte nun mal als der
sogenannte Intellektuelle in der Branche, der zu allem eine Meinung hat, was
ich auch meistens habe, und werde wahrscheinlich deswegen immer wieder gefragt.
Apropos „viel zu sagen“... 18
Alben in 16 Jahren, das ist eine Wahnsinnzahl. Bist Du so kreativ? Ist das neue
Album schon im Kasten?
HRK: Ja, wir könnten schon wieder
eine neue CD veröffentlichen, aber diese Tour läuft noch unter dem Motto „Alter
Ego“, also gibt´s was Neues auch erst wenn wir meinen, dass das alte Material
genug Zeit bekommen hat.
Besteht nicht auch so schon eine
Gefahr der Übersättigung?
HRK: Ich kann die Frage nicht so
richtig beantworten, denn ich sehe die Alternative nicht. Ich habe was vor, mir
fällt was ein, ich will das rausbringen, und ich kann das nur immer wieder in
der Hoffnung tun, dass das irgendjemanden interessiert.
Die Songs auf „Alter Ego“ sind
sehr unterschiedlich. Woher nimmst Du Deine Inspirationen?
HRK: Ich gehe meist vom Text aus. Ich
schreibe erst die Texte, und überlege dann, welche Farben von Musik dazu passen.
Und da ich über recht unterschiedliche Sachen singe, kommt dabei auch eine
bunte Palette Musik heraus. Und wie die Texte entstehen, kann ich eigentlich
nicht so recht erklären. Ich denke aber auch, dass die Einfälle oft sehr nahe
liegen. Es sind Dinge, die jedem auffallen könnten, aber es fällt eben nicht
jedem auf, weil nicht jeder Zeit oder die Fähigkeit hat, sich über Erlebtes
Gedanken zu machen. Aber das ist mein Beruf, ich habe ja nichts anderes zu tun
– insofern: meine Wahrnehmungsmaschine läuft, und irgendwann fange ich an, das
Drehbuch zum nächsten „Dokumentarfilm“ zu schreiben.
Interpretierst Du diese Filme
auch, oder überlässt du das den Hörern?
HRK: Ungern, ich möchte durchaus,
dass sich jeder seine eigenen Reime auf die Texte macht. Ich weiß z.B. auch
durchaus, dass der Autor eines Textes nicht unbedingt die einzig mögliche
Interpretation liefern kann, dafür habe ich lange genug Literaturwissenschaft
studiert. Es gibt immer mehrere Möglichkeiten.
Das Stück „Ich rede mit mir selbst“
läßt ja eine Menge Raum für eigene Phantasien.
HRK: Ja, ich weiß. Ursprünglich ist
das als Tagträumerei eines einzelnen gedacht, der dann immer wieder aufwacht,
und seine Begleiterin beruhigen muß, dass nichts wäre. Es können aber auch drei
verschiedene Personen und Geschichten sein, es sind einfach Stimmen aus dem
Nichts, die man nicht so richtig zuordnen kann. Beides ist möglich. Mein
Lieblingslied übrigens.
Die neue Single ist „Löwin“, ein
Lied dass dich einige Zeit gekostet hat.
HRK: Ja, irgendwie wollten Text und
Refrain nicht zusammenpassen. Über zwei Jahre habe ich mir das Lied immer
wieder vorgenommen und experimentiert, bis es zu dem geworden ist, was es ist.
Es fällt mir Allgemeinen schwer, Liebeslieder zu schreiben. Ironie und Meckerei
ist wesentlich einfacher in Text und Musik zu verpacken. Aber „Neue Single“ ist
insofern nicht ganz richtig, weil es nur eine Tournee-Promo für Radiosender
war. Gespielt wird´s aber, glaube ich, trotzdem nicht. Singles sind nicht so
mein Markt. Sie dienen meist nur dazu, den Sendern etwas in die Hand zu geben,
auf das Album aufmerksam machen zu können. Ich verkaufe eher ganze Alben, und
das ist mir auch wesentlich wichtiger, weil ich ungern Lieder aus seinem
Kontext reiße.
Auf eine Sache müssen wir noch
eingehen: Du hast ein neues Buch geschrieben, dein fünftes, worin geht es da?
HRK: Es ist eine Sammlung von
Sprechtexten in Prosa, die um die Lieder herum entstehen und Ideen verfolgen,
die sich nicht in Songs verarbeiten lassen/ließen, die ich aber trotzdem ganz
interessant finde.
Und du planst jetzt, dieses Buch
auch bei den Konzerten vorzustellen?
HRK: Ich habe es in der Vergangenheit
schon mal gemacht, diese Dinger zu trennen, d.h. eine Art Kabarett-Tournee, in
der die Musik nur sehr sparsam vorkam, davon gibt es ja auch zwei Alben, und
auf der anderen Seite Rock´n´Roll-Touren, bei denen das gesprochene Wort nur
der Überleitung diente. Diesmal wollte ich das zusammenfassen, und das hat beim
ersten Teil der Tour auch sehr gut geklappt. Ich eröffne den Abend gesprochen,
und von Text zu Text werde ich von jeweils einem weiteren Musiker auf der Bühne
unterstützt, bis wir komplett sind, und das ganze als „richtiges“ Konzert
weitergeht.
Und das dürfte eine recht interessante
Geschichte werden. Die aktuelle CD heißt „Alter Ego“ (WEA), das neue Buch
„Heimatfront“ (Christoph Links Verlag, Berlin)