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Faith No More
18 Jahre! So lange ist es her, dass ihr letztes
Studioalbum „Album Of The Year“ 1997 erschien. Eine Zeit, in der alle
Mitglieder eine Menge anderer Bands gegründet, begleitet, produziert oder
unterstützt haben, jede Menge anderer Erfahrungen gemacht haben, bis sie 2009
wieder zusammen kamen. Zunächst für ein paar Gigs, um die alten Hits wieder zu
spielen, jetzt endlich auch mit einem neuen Album. Grund genug, nachzuhaken: Ich sprach mit Drummer Mike Bordin.
Hallo Mike, wie
geht`s Dir?
Mir geht’s sehr gut – ich bin froh, über neue Musik
sprechen zu können und einen positiven Ausblick auf die Zukunft… danke der
Nachfrage!
Ein bisschen
überraschend ist es – zumindest für die, die nicht eure Aktivitäten die ganze
Zeit schon verfolgt haben
War es für uns auch, das kannst Du mir glauben.
Andererseits habt
Ihr euch aber auch alle Zeit der Welt gelassen, oder?
Es war eine lange Zeit, wenn man die ersten Shows, die
wir nach der Pause wieder zusammen gemacht haben, ja. Wir hatten damals aber auch
noch gar nicht vor, wieder ein Album zu machen. Wir hatten keinen Plan, wie
´ok, wir machen ein paar Shows und dann ein neues Album`. Für uns ging es
zunächst um ein paar Gigs, ich glaube, ursprünglich waren 8 oder 10 geplant.
Und dann haben wir immer noch ein paar mehr dran gehängt, weil wir wirklich
Spaß daran hatten. Wir haben uns aber immer in der Nähe des Notausgangs
aufgehalten, sozusagen, damit wir abbrechen konnten, falls es sich nicht gut
anfühlen sollte. Im Endeffekt waren es 40 oder 50 Shows und es fühlte sich
immer noch gut an.
Und damit änderte
sich die Einstellung?
Absolut. Das war der Zeitpunkt, an dem wir gesagt haben,
wenn wir das hier wirklich weitermachen wollen, dann brauchen wir etwas Neues,
was wir präsentieren können. aber es war diese Zeit, die wir brauchten, um uns
da sicher zu sein. Wir haben uns Schritt für Schritt Zeit gelassen, diesen
Prozess reifen zu lassen. Niemand hatte es eilig. Ich nenne das organisch;
ehrlich. Und dann, nachdem wir mit diesem Gedankenprozess angefangen hatten,
brauchten wir ca. zwei Jahre – aber ich glaube, das ist ne normale Zeit, es
dauert immer zwei Jahre, oder?
Musstet ihr
darüber nachdenken, wie das Album werden sollte?
Nein, das ist, was ich mit ehrlich meinte. Wir mussten
zurückgehen und unsere alten Schuhe ausprobieren und erst einmal wieder
ausprobieren, wie es ist, in diesen alte Schuhe zu laufen, wie es ist als Faith
No More, bevor wir die wieder ausziehen konnten, um in neuen Schuhen zu laufen.
Also war es gerade anders herum. Es musste uns im Herz, in den Muskeln und in
den Eiern treffen, diese alten Songs wieder zu spielen, um sie wieder vergessen
zu können, und weiterzugehen. Wir haben den alten Faden wieder aufgenommen und
dann ihn versucht, weiterzugehen. Es ging nicht darum, zu schauen, wo stehen
wir eigentlich gerade und passt das zu dem, was Faith No More waren.
Aber der Faden hat
euch zum Ende geführt, oder?
Aber trotzdem war das ehrlich.
Inklusive des
Breaks?
Natürlich! Wir waren an einem Punkt, an dem wir nichts
mehr zu sagen hatten. Ich meine, die Tatsache, dass wir zusammen Musik machen dürfen, ist ein
Geschenk. Die Tatsache, dass es Menschen gibt, die uns dabei zuhören wollen ist
ein großes Geschenk. Wir wollen aber niemandem di Zeit rauben, wenn wir nur
halbherzig dahinter stehen. Das ist Bullshit. Deswegen brauchten wir den Break.
Ich haben mir Ozzi gespielt, mit Korn und mit Black Sabbath, Mike hatte Mr.
Bungle und Fantôma, Bill hat in Bands gespielt und Bands produziert – jeder hat
etwas gemacht. Und das war gut, weil so konnten wir zurückkommen und sehen, was
wollen wir wirklich? Ist es wert, das zu machen?
Was war also
anders dieses Mal, als ihr endlich anfingt, neue Songs zu schreiben?
Es hat uns Ewigkeiten gekostet. Wir kuckten uns an uns
fragten uns, wo wart ihr, was habt ihr gemacht, wo soll es jetzt hingehen? Was
ist euch wichtig heute? Und dann haben wir angefangen zu spielen und versucht,
genau das reinzubringen. Wir haben versucht, herauszukitzeln, wer wir sind bei
Faith No More und wer wir gemeinsam sind als Faith No More. Aber wir hatten es
eben insofern leicht, weil wir schon einen ganzen Stapel Shows zusammen
gespielt hatten, weil wir als Band längst wieder zusammen gewachsen waren. Es
war also nicht schwer, aber es dauerte eine Weile. Wir haben uns ein paar Riffs
zugeworfen und gekuckt, was wir damit anfangen konnten.
Findest Du, dass
dieses Album musikalisch an Phase 1 anschließt?
Ich hoffe es, ja. Aber es ist Deins nun. Und das der
Fans. Wir haben abgeliefert, jetzt können wir nichts mehr ändern. Aber ich hoffe,
dass es anschließt an die alte Zeit. Alben sind wie kleine Steine, die du in
einer Reihe in deinen Garten legst und die dich mitnehmen auf eine Reise zu
verschiedenen Orten. Ich hoffe, es hat etwas mit dem zu tun, was wir
bislang gemacht haben – und ich glaube
es auch – aber ich hoffe auch, dass wir nicht durch die alten Pfade gehen.
Was ihr
beibehalten habt, ist die extreme Bandbreite, die ihr abdeckt. Wenn man allein
die ersten beiden Songs vergleicht, glaubt man kaum, dass es dieselbe Band ist.
Das ist, was wir immer versucht haben. Man will ja auch
nicht immer dasselbe essen. Und jede Mahlzeit wird immer wieder neu
zusammengestellt, sonst wird es langweilig.
Hast Du eine
Vorliebe für eine bestimmte dieser Stile?
Nein, ich liebe es abwechslungsreich (lacht). Aber
ehrlich gesagt, meine ich, dass diese härtere Seite der Band auf den letzten
Alben etwas zu kurz gekommen ist. Es schien, als wenn wir das schon zur Genüge
abgehandelt hätten. Verglichen mit den Mitt-Neunziger, als wir mit Guns n Roses
und Metallica getourt sind, ich glaube, dass die Jungs dieser Seite etwas
überdrüssig waren. ich brauche das nicht durchgehend, aber wenn es fehlt, ist
die Band nicht komplett, meine ich. Das ist die richtige Balance. Und wir haben
diese Aggression in „Superhero“ und oder „Seperation Anxiety“ und auch
„Matador“ hat Teile davon. Ich liebe z.B. einen Song wie „Black Friday“, weil
ich glaube, wir haben noch nichts wie das gemacht. Und das brauchen wir als
Band. Und ich habe noch nie einen Song wie den gemacht, und das macht mich sehr
stolz.
Apropos „Matador“
– kennst du die Band Pain of Salvation?
Ich habe den Namen schon mal gehört, aber noch nie einen
Song von ihnen.
Matador könnte ein
Song von ihnen sein, v.a. in ihrer frühen Zeit. Nun gehören Pain of Salvation
zur Prog-Szene, aber das ist eben, was „Matador“ ist, oder?
Ich liebe den Song. Wir hatten auch früher schon Songs,
die etwas anspruchsvoller waren, wie „The Real Thing“ oder „King For A Day“,
und wir haben keine Angst, auch mal ein bisschen mehr in einen Song zu packen.
„Motherfucker“ ist da eher simpel gestrickt. Und das sind genau die beiden
Seiten, die ich in Faith No More sehen will, das ist wie Leben und Tod oder
Geburt und Wiederauferstehung, das ist, was diese Band durchgemacht hat.
Ich schreibe die Texte nicht, aber wenn ich Mike Patton
singen hören, “we`ll rise from the killing floor like a matador”, dann kann ich
das auf mich und auf uns beziehen. „Matador“ war übrigens der erste Song, den
wir gemacht haben und den wir live gespielt haben. Wir haben nichts dazu
gesagt, wir haben ihn einfach gespielt, und niemand wusste, was für ein Song
das ist. Und das war für uns der erste Zeh, den wir ins Wasser steckten mit
einem neuen Song; es fühlte sich gut an. Ich mag das Gitarrensolo am Ende; wir
haben nicht viele davon, aber hier passt es super.
Gibt es überhaupt
irgendeinen Song, der Euch am besten definiert?
Puh, das ist schwer. Ich glaube, „Superhero“
repräsentiert die harte Seite am besten, da ist viel Raum drin aber auch viel
Drama aber sehr viel Drive; „Black Friday“ auch ein bisschen, weil er so
unerwartet ist.
Lass uns kurz
zurückgehen: Die musikalischen Veränderungen, die ihr so durchgemacht habt,
waren das Ergebnisse der Besetzungswechsel?
Man könnte nicht nein sagen, aber ich glaube die
musikalische Entwicklung ist nicht abhängig von den Wechseln. Wir haben schon
immer versucht, besser zu werden, bessere Songs zu schreiben, mit den
Werkzeugen, die wir haben, besser zu werden. Aber ich glaube, der kritische
Punkt zwischen „Introduce Yourself“ und „Real Thing“ war nicht so sehr der
Sänger – Sänger können alles singen, zumindest Mike kann. Er kam, sagte, ok,
wollt ihr dies? Wollt ihr das? Fein. Er ist mutig und angstlos. Deswegen passet
er ja auch so gut zu uns. Also, ja, natürlich sind die Leute wichtig, aber
genauso ist die Erfahrung, die Zeit, der Wille, etwas ausprobieren zu wollen.
Eine Veränderung
war auch das Klavier, das reinkam, oder?
Das hat so eine Dramatik, oder? Und es war immer unser
Ziel, Bilder zu provozieren. Und es hat was von den 70ern. Wir hatten das
durchaus auch schon von Anfang an, aber es wurde dominanter und effektiver
eingesetzt mit der Zeit.
Auf die Spitze
getrieben habt ihr das mit „Easy“, oder?
Ja, das war das schizophrene in Faith No More
(lacht). Weißt Du, warum wir „Easy“
genommen haben? Es war die Antwort auf
„Warpigs“, bzw. die Balance dafür. Weil wir das eine gemacht haben,
wollten wir das andere nachschieben.
Das Überraschende
für mich am neuen Album ist, dass es keine offensichtliche Single gibt.
„Superhero“ ist jetzt nicht wirklich ein Hit, oder?
Ich weiß nicht. Deswegen wollte ich auch „Motherfucker“
zuerst auskoppeln, weil es für mich ein Statement ist. Wir sind zurück und wir
sind keine Popband. Aber weißt Du, wir haben die Songs zusammengestellt, die
wir am besten fanden. Und ich meine, wir hatten Hits mit Singles, denen keiner
etwas zugetraut hat. „Epic“ wollte Warner auch nie – und wer kann schon
vorhersagen, was zündet. Und ganz ehrlich? Wir haben nicht eine Sekunde darüber
nachgedacht. Wo ist die Single? Keine Ahnung. Mag ich das Album? Ja, sehr! Bin
ich glücklich damit? Absolut. Ich sage nicht, dass wir keinen Singlehit
bräuchten, aber wir haben es nicht darauf angelegt. Ich weiß nicht, wie eine
Hitsingle klingen muss. Geschweige denn, wie man einen schreibt. Ich hör eh
kein Radio.
Ok, letzte Frage:
Ist das jetzt ein Zurück für immer? Wie fühlt es sich für dich an?
Puh, wer kann das schon sagen? Für mich fühlt sich das
toll an. Ich bin echt dankbar. Ich kann Musik machen, auf die ich stolz bin mit
Leuten die ich respektiere und genieße – und das ist ein Geschenk für mich.
Aber machen wir 12 weitere Alben und 5000 Shows? Das kann keiner sagen.
Was war anders mit
Ozzi oder Korn?
Ich hatte eine tolle Zeit mit Ozzi, ich habe ihm jede
Nacht alles gegeben – und ich habe eine Menge gelernt. Und Korn war auch cool.
Ich kannte die gar nicht. Ich musste alle Songs in zwei Tagen lernen. Das war
hart, aber es war eine Herausforderung. Und Sabbath? Was kann ich sagen? Diese
Band war die wichtigste Band für mich in meiner wichtigsten musikalische
Entwicklungsphase. Ich bin der absolute Sabbath-Fan. Ich kann gar nicht
ausdrücken, was es für mich bedeutete, mit den Jungs gespielt zu haben, Mann,
das war der Hammer!