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Was soll man von Ray Wilson solo erwarten –
war Stiltskin
„seine Band?“ Wieviel ist er von Genesis beeinflußt
worden? Wenn man CUT hört, möchte man sagen: Genügend!
Oder mit seinen Worten: „für
„Nicht-Prog-Puristen“ ist
„Millionairhead“ ein fantastisches Rock-Album geworden,
dass richtig ´rollt´,
aber schon allein durch die Stimme so stark an Genesis erinnert, dass
es wenig
Argumente geben dürfte, diese CD nicht zur Kaufpflicht zu
erklären!“ Alle
weiteren Einzelheiten erhielt er im Gespräch mit Ray und seinem
Bruder Steve Wilson.
Wo liegt der
Unterschied zwischen Stiltskin und Cut?
Ray: Es ist nicht
so viel... es sind andere Band-Mitglieder offensichtlich, aber der
Hauptunterschied ist der Gebrauch von Keyboards und der Produktion der CD, und
das ist etwas, was durch den Einfluss vom Genesis-Sound der 70er auf mich so
gekommen ist, v.a. die analogen Keyboard-Sounds. Ich meine, die meisten Songs
stammen aus der Zeit, bevor ich zu Genesis gekommen bin, aber ihr Sound hat im
Endeffekt die Produktion sehr beeinflußt.
Seit wann lagen die
Songs bei dir herum?
Ray: Nun, der
älteste wurde Ende 1994 geschrieben, außerdem hat Steve ein paar geschrieben,
und der neueste ist „Ghost“ vom November 1997, kurz bevor wir mit Genesis auf
Tour gegangen sind.
Hast du Favoriten auf
dem Album?
Ray: Ich mag
„Gypsy“, ein sehr interessantes Stück Musik, „Shoot the Moon“ ist auch sehr
toll – aber es gibt keinen Song, den ich nicht mag. Ich hatte ca. 22 Songs, und
davon habe ich mir die besten ausgewählt, deshalb meine ich, ist keine
Ausschuss auf dem Album.
Erzählt mir ein
bißchen über die Texte...
Ray: Nehmen wir
z.B. „Another Day“: als ich in der Schule war, war ich in einer Punk-Band
„Cheap Dialogue“, und der Bassist, Ian Fairgrieve, er war 13 und ein total
cooler Typ, beliebt, angesehen, und eines Tages hat er sich erschossen. Das war
ein ziemlich schockierender Tag – und schrieb diesen Song für ihn. Ich habe mir
vorgestellt, was durch seinen Kopf ging, dass er so etwas tat. „To see another
day“ ist also sein Gedanke, dass er ein neues Leben sehen will.
„Millionairhead“ ist über den Gitarristen von Stiltskin. Er
war ein Millionär, und er benahm sich auch so. Der absolute Idiot. Also nahm
ich die amerikanische Phrase „Airhead“, die für jemanden steht, der nichts als
Luft im Kopf hat, und verband das mit Millionair – was seinem Geisteszustand
also sehr nahe kommt.
„Gypsy“ wurde inspiriert durch das U2-Video zu „All I want
is you“ genauso wie durch Jeff Buckley´s Album „Grace“, ein großartiges Album,
und dieser Song hätte sehr gut darauf gepasst – und mit seiner Stimme dazu, das
würde absolut passen – also ist dieser Song irgendwie für ihn. Es ist eine
fiktive Geschichte über einen Blinden, der sich in eine „Gypsy“ (Zigeunerin)
verliebt. Er kann sie nur hören, fühlen und riechen, aber es belastet ihn sehr,
dass er sie nicht sehen kann. „Shoot the Moon“ ist von dir, Steve.
Steve: Ich lag am
Fenster, als ich eine schwere Zeit mit meiner Freundin hatte, und konnte
irgendwie nicht mit ihr darüber reden. Ich war so verzweifelt, dass ich dachte,
ich würde am liebsten den Mond abschießen – ein wundervoller Titel für einen
Song. Naja, und der Song ist eben über dieses Problem, nicht mit seinem Partner
kommunizieren zu können.
Ray: Wie du
siehst, jeder Song erzählt eine andere Geschichte.
Wer sind die Musiker
auf dem Album?
Ray: Nun, im
Prinzip stehen wir wieder zusammen in der Formation, die wir bei „Guaranteed
Pure“ hatten – also der Band, die wir damals in Edinborough gegründet hatten.
Nur der Drummer ist neu, Nir Z kennst Ihr ja. Ich war begeistert von seinen
Genesis-Shows und fragte ihn, ob er neben seiner Session-Tätigkeit nicht auch
eine feste Band haben wollte, und er stieg bei uns ein – was sehr aufregend für
mich ist.
By the way, hast du
Nick D´Virgilio mal getroffen?
Nur einmal ganz kurz, ich glaube er spielt bei „Spock´s
Beard“ oder so...
Die selben Musiker
wie zu „Guaranteed Pure“ Zeiten – also sind Cut eine Fortsetzung dieser Band?
Steve: Ja,
absolut. Wir hatten die Band 1990 gegründet, um unsere Ideen zu verwirklichen,
und mußten es 1994 aufgrund finanzieller Probleme unterbrechen, aber im Prinzip
gab es die Band immer.
Ray: 1993 hatten
wir unser Debüt produziert, alles in Eigenregie, d.h. eigentlich haben wir
alles selbst gemacht – von der Gig-Organisation bis zum Poster aufhängen – und
es kostete mich sehr viel, das Album zu promoten und zu veröffentlichen, bis
ich 25,000 Pfund Schulden hatte, und mein Haus auf dem Spiel stand. Also haben
wir aufgehört, und ich habe bei Stiltskin vorgesungen, was meine Probleme mit
etwas Glück ziemlich schnell beseitigte. Nach Stiltskin habe ich die Jungs
wieder zusammengeholt. Allerdings änderte sich die Musik durch den Einfluss von
Stiltskin, also habe ich die Band umbenannt in Cut.
Was hast du dazu
gesagt, als Ray die Band verlassen hatte?
Steve: Nun,
aufgrund der Probleme damals, war es klar, dass es so kommen mußte. Größere
Probleme hatte ich, als er bei Genesis eingestiegen ist. Ich meine, wir waren
an einem Punkt, wo ich dachte, diesmal läuft´s besser, aber man kann es seinem
Bruder natürlich nicht übelnehmen, bei Genesis einzusteigen. Im nachhinein,
denke ich nun, hat die Musik auch dadurch noch profitiert.
Steve: Wir hatten
alle in bißchen Probleme zu erkennen, in welche Richtung Ray mit der Band gehen
wollte, und wie er die Songs produzieren wollte, weswegen wir auch Probleme
damit hatten, dementsprechende Songs zu schreiben. Aber ich denke, auf dem
nächsten Album wird das viel mehr ein Band-Prozeß werden – wovon die Musik nur
profitieren kann.
Also wird es weitere
Alben geben?
Steve: Natürlich.
Wenn man ein Album schreibt, hofft man immer, dass es sich genügend verkaufen
wird, um ein weiteres machen zu können. Ich glaube, wir alle sehen Cut als eine
Karriere für die nächsten 10-15 Jahre, so wie Genesis, die haben 30 Jahre... „Millionairhead“ ist der Beginn für etwas
ähnliches!
Cut on Tour – was
können wir erwarten? Nur das neue Album?
Ray: Nein, ich
denke, wir werden irgendeinen Genesis-Song spielen, „I know what I like“ oder
so, den wir mal ein bißchen aufmischen werden (keine Ahnung was Tony davon
halten wird...), außerdem auch ein bißchen Stiltskin.
Ray: Ich glaube,
es kam von der Plattenfirma. Wir glauben, dass es eine große Chance ist, vor
einem großen Rock-Publikum zu spielen, auch wenn die Musik der Scorpions es ein wenig anders ist, als unsere, aber es
ist ein Rock-Publikum. Wir kennen die Scorpions aus unserer Jugend, und ich
glaube es wird lustig werden!
Wo liegen deine
musikalische Wurzeln?
Ray: Rock-Bands
der 70er – Thin Lizzy, Pink Floyd, Genesis und sehr viel David Bowie. Er war
es, der mich zum Singen gebracht hat. Heute höre ich Bands wie Radiohead, Live,
Jeff Buckley oder die Eels.
Also ist „Space Oddity“ dein Tribut an David
Bowie.
Ja, weil ich es so wollte. Ich glaube nicht, dass man eine
bessere Version als das Original machen kann, aber wir haben eine ganz gute
Version hingekriegt.
Bei Cut spielst Du
Gitarre – warum nicht auch bei Genesis?
Ray: Weil wir
Anthony haben – und er ist ein besserer Gitarrist für Genesis als ich. Ich
kenne meine Songs, und ich spiele sehr gerne, aber vom musikalischen Standpunkt
meine ich, dass bei Genesis jemand spielen sollte, der einen Stil hat wie
Anthony oder Daryl Stuermer. Außerdem
finde ich es auch gut, nichts um meinen Hals zu haben – und ich glaube, Genesis
brauchen diese Art Frontmann. Cut ist mehr eine Rockband, eine andere Herangehensweise
– und so habe ich eigentlich zwei verschiedene Identitäten.
Ich wollte gerade
fragen, wo der Unterschied für dich liegt zwischen den beiden Bands.
Ray: Es ist ein
großer! Genesis bedeutet eine große Bühnenproduktion, eine bombastische
Lightshow. Cut, das ist mehr Rock´n´Roll, mehr „back to the basics“, das sind
wir live auf der Bühne und die Musik spricht für sich selbst.
Noch einmal zu Genesis: was waren auf der letzten Tour
Deine persönlichen Highlights, was die größten Enttäuschungen?
Ray: Ich glaube
dass Highlight war bei den „Rock am Ring“/“Rock im Park“-Gigs – diese riesigen
Stadien, diese Menschenmassen – das war schon ein Erlebnis. Aber es gab viele
tolle Konzerte auf der Europatournee – in Dortmund zum Beispiel. Das schlimmste
für mich war, als die US-Tour gecancelt wurde. Das hat mich schon ziemlich
zurückgeworfen.
Was heißt
zurückgeworfen?
Ray: Nun, es war
das erste Mal, dass ich Zweifel bekam, ob ich der richtige Mann für Genesis
war, ob es an mir lag, dass die Tour ausfiel. Zu dieser Zeit schrieb ich auch
„Ghost“, also in einer Situation, in der ich mich fragte, was mache ich hier
eigentlich. Mache ich das richtige? Aber als dann die Konzerte losgingen, wurde
ich schnell wieder aufgebaut durch die Reaktionen des Publikums.
Wann geht’s weiter
mit Genesis?
Ray: Nun,
realistisch würde ich sagen, wir gehen Ende des Jahres ins Studio, also gibt’s
nächstes Jahr ein neues Album.
„Ihr geht ins Studio“
heißt „ihr drei?“
Ray: Ja. Wir
werden uns treffen, ein bißchen Musik schreiben und sehen, was passiert. Mal
sehen was passiert...