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The Living
Interview 2010
Und wieder eine neue Band, die es zu entdecken gilt: The
Living kommen ursprünglich aus Kanada, haben aber neuerdings Berlin zu ihrer
neuen Heimat erklärt. Und mit ihrem derzeitigen Aktivismus und ihren weiteren
Plänen, könnte es leicht sein, dass sie Euch noch durchs Gesichtsfeld laufen!
Ralf Koch sprach mit dem kanadischen Sänger und Keyboarder der Band, Mike Bell.
Was macht ihr in
Deutschland?
Wir haben uns entscheiden, etwas Neues auszuprobieren mit
der Band. Das heißt genauer, wir haben die Band verlassen, um sie hier neu
aufzubauen.
Nachdem ihr es ein
paar Jahre in Kanada probiert habt?
Ja, wir sind 2006 zusammen gekommen und wir hatten viele
Besetzungswechsel, zwischendurch waren wir bis zu acht Musiker in der Band. Und
seit drei, vier Monaten haben wir die neue Band hier in Berlin mit mir an
Gesang und Keyboard, Elyse (Jacobson) Violine und Backing Vocals, Tom
Geldschläger Gitarre, Martin Rose an Bass und Backing Vocals und Finlay Panter
aus UK an Schlagzeug und Backing Vocals.
Aber die EP “Bedd
Track“ habt ihr noch in Kanada veröffentlicht?
Ja, die und auch die erste (The Sin) mit 5 Songs in 2007.
Und war es nicht
seltsam, die Band einfach so umzusiedeln?
Vancouver ist nicht der beste Platz für innovative Musik.
Die Live-Clubs wurden immer weniger und konzentrierten sich nur noch auf dieses
NuRock-Ding, wo wir nicht wirklich reinpassen, und ansonsten gab es nur noch
DJs. Und Berlin schien uns gerade richtig, kosmopolitisch, voller Kultur und
außerdem waren wir mitten in Europa und wir wollten endlich richtig touren. In
Kanada brauchst Du Ewigkeiten, um von einem Club zum anderen zu kommen, wenn
man die Leute erreichen will. Kanada ist riesig – und hat trotzdem nur 30
Millionen Einwohner.
Also war Berlin die
nahe liegende Wahl?
Wir hatten kurz über Tschechien nachgedacht, weil es auch
nicht so weit ist und die Lebensunterhaltkosten niedrig sein sollen. Aber ganz
abgesehen davon, dass die Sprache, glaube ich, noch schwieriger ist, ist Berlin
einfach besser. Und Elyse war hier schon mal, und meinte Berlin ist echt cool.
Momentan nicht in
Vancouver zu sein, wo die ganze Welt gerade hinkuckt, ist aber dann doch eher
seltsam, oder nicht?
Ach, ich bin nicht so besonders sportbegeistert. Ich fand
die Partys immer spannender. Außerdem bin ich eher enttäuscht, dass Vancouver
das echt gemacht haben, weil die so unglaublich viel Geld da reingeblasen
haben, das sie wirklich besser hätten anlegen können.
Und ihr wollt
versuchen, von der Musik zu leben?
Ja, von der eigenen Band und vom Musikunterricht, den ich
gebe – Gitarre und Gesang. Und die Jungs, die wir in der band haben, haben im
Prinzip die gleiche Intention, haben
noch ein paar andere Bandprojekte usw.
Und inwieweit ist die
Band Dein Baby?
Ich habe die Musik für die ersten beiden Alben geschrieben,
aber momentan planen wir, das nächste Album sehr viel mehr als Band
aufzunehmen. Wie das dann aussehen wird, werden wir hoffentlich im Sommer
sehen.
Dürfte sich zumindest
musikalisch auswirken, wenn plötzlich fünf Leute daran beteiligt sind…
Ja, das stimmt, aber sie kommen alle von einem sehr
unterschiedlichen Hintergrund – unser Drummer ist eigentlich vom Jazz aber er
liebt Funk, unser Bassist kommt auch am ehesten aus dem Jazz, aber der
Gitarrist kommt aus der Metal-Ecke, Elyse und ich sind eher klassisch geschult
und haben beide sehr viele, weitere Einflüsse.
Also eine Vielfalt,
die ihr eigentlich ohnehin schon in der Musik habt.
Ja das stimmt, also wird sich die Art der Musik auch nicht
grundlegend ändern. Der grundlegende Sound der Band ist jetzt eh schon
definiert.
Woher kommt diese
Vielfalt denn – denn wenn Du selbst sagst, Vancouver ist nicht der beste Ort
für diese Art von Musik – Du hast diese Band immerhin da gestartet!
Ja (lacht). Aber ich hatte auch schon immer diese vielen unterschiedlichen
Bands, die ich liebte. Ich habe klassischen Unterricht gehabt, seit ich 5 Jahre
alt war, aber in der High School hab ich in Punk und Metal Bands gespielt – und
seit dem habe ich einfach weiter gemacht, diese Unterschiede auszuleben, erst in
vielen verschiedenen Bands und schließlich in einer Band, in der ich das alles
verbinden konnte, was für mich der Traum war – und ist (lacht).
Könnte aber schwer
werden, damit den Lebensunterhalt zu verdienen, oder?
Ja, möglich, aber wer kann das schon sagen? Sagt man das
nicht mit jeder Musik so, die es so noch nicht vorher gab? Ich sehe die
Möglichkeiten, ich sehe die Reaktionen, die wir bekommen. Die Leute, die uns
lieben, lieben uns wirklich, weil wir eben nicht einfach eine weitere Rockband
sind. Und es ist mir lieber, wenige Leute richtig zu berühren als viele nur so
halb.
Und The Mars Volta
dürften anfangs auch noch viele für unverdaubar gehalten haben…
Ja, und hey, ich liebe The Mars Volta!
Hab ich gelesen. Noch
andere Bands, die Du sofort aufzählen würdest?
Ja, ich denke Muse sind schon geil, sie haben auch den
klassischen Touch. Und sie haben auch diese Eingängigkeit, die wir auch immer
versuchen, in unsere Songs reinzubringen. Und Mike Pattons Mr Bungle sind auch
sehr cool.
Was sind Eure Pläne
nun?
In erster Linie geht es jetzt ums Livespielen. Wir haben
gestern gerade in Nürnberg gespielt und die wenigen Leute, die da waren, waren
begeistert… der Tenor war, dass wenn sie gewusst hätten… dann hätten sie allen
Freunden Bescheid gesagt. Es wird also noch ein paar Extraschleifen brauchen,
um uns bekannt zu machen. Im Sommer haben wir schon zwei Festivals, ein
Prog-Festival in Litauen und eins in Marseille. Und da versuchen wir natürlich,
ein paar Gigs drumherum zu buchen.
Und wenn Ihr im Sommer
das neue Album aufnehmen wollt, dann plant ihr das alles in Eigenregie oder
sucht Ihr nach einem Label?
Nein, das wird eher auf Eigenvertrieb hinauslaufen. Wir
haben schon einen Produzenten, der unsere Musik mag und der uns produzieren
möchte. Diese Band war bislang immer in erster Linie aus Leuten, die das
machen, weil sie die Musik lieben, nicht weil wir sie so gut bezahlen… Es geht
um die Herausforderung. Und ein Label müsste schon das richtige sein, das
versteht, was wir machen und nicht versucht, uns zu formen. InsideOut hat uns
vor einer Weile mal gesagt, wir wären etwas schwer zu vermarkten…
Hmm, das Thema hatten wir ja schon. Und wie gesagt, durch
Eure Hooklines habt Ihr ja durchaus Punkte, an denen man sich festhalten kann.