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Kansas Interviews in zwei Teilen:  Steve Walsh &  Rich Williams

zur neuen CD: Somewhere to Elsewhere (SPV, Sommer 2000)

 

Part 1:
Steve Walsh

 

[Steve Walsh, der im März 1980 sein Soloalbum "Schemer Dreamer" herausbrachte, verließ die Gruppe im Januar 1981 und formierte für zwei erfolglose LPs mit Tim Gebert (dr), Billy Greer (b) und Mike Slamer (g) Streets. Auch mit dem Heavyrock-Album "Points On The Curve" erregte er 1984 kaum Aufmerksamkeit.]

 

Solo-CD: „Glossolalia“ (Magna Carta, im Herbst)

 

Was sagst Du zum neuen Album?

Ich würde sagen, alle haben sehr hart daran gearbeitet. Ich war mit den anderen nie zusammen im Studio, weil ich im September mein Solo-Album veröffentliche, und deshalb für mehr keine Zeit hatte. Das habe ich den anderen gesagt, und dass ich und deshalb auch kein Material beisteuern könnte. Das bedeutete, das Kerry Livgren alles alleine geschrieben hat und ich lediglich die Vocals bei mir in Georgia, Atlanta aufgenommen habe. Die anderen haben die Musik in Topeca, Kansas fertig produziert, mir dann die Songs auf CD gebrannt, geschickt, und ich habe meine Vocal-Parts auf eine andere CD gebrannt und wieder zurück geschickt.

Aber die anderen waren zusammen im Studio?

Ja, nur ich habe meinen Part auf diese Art beigesteuert.

Und was sagst Du zur musikalischen Seite des Albums?

Ich würde sagen, dass Kerry wirklich hart daran gearbeitet hat. Ich glaube, dass fand jeder sehr toll, aber ich war ehrlich gesagt etwas verwirrt über die Sentimentalität der Texte in einigen Stücken. Schienen mir ein wenig melancholisch und etwas sehr die Vergangenheit heraufbeschwörend... nicht so sehr die Gegenwart reflektierend.

Du meinst, wenn Du involviert gewesen wärst, wären die Songs etwas anders geworden?

Ja, und ich glaube, ein paar weiteren Komponisten in der Band geht es ähnlich.

Kerry hat also alle Songs und alle Texte alleine geschrieben? Das klingt ja eher nach einem Livgren-Solo-Album unter dem Namen Kansas...

Ja, so sollte man das wohl fairerweise nennen.

Es gibt ja auf dem Album eine sehr ausgewogene Mischung aus „progressiveren“ Stücken und den „Mainstream-Rocksongs“ – Du magst also die rockigeren Sachen mehr?

Ich weiß nicht genau... ich weiß nicht ob ich mit irgendeinem der Stücke identifizieren kann. Ich komme mittlerweile zu wenig aus dieser Richtung, wie Du auf meiner Solo-CD sehen wirst.

Also bist Du nicht zufrieden mit dem, was herausgekommen ist?

Nein! Aber wie könnte ich? Ich bin ein Musiker, ein Künstler also, d.h. dass ich immer darauf aus bin, immer etwas anders und besser zu machen, deshalb bin ich nie richtig zufrieden mit dem, was ich beendet habe, sonst bräuchte ich ja nicht mehr weiter zu machen. Das gilt sogar für mein Solo-Album.

Das hätte man alternativ ja auch als neues Kansas-Album verkaufen könne, oder?

Nein, ich habe mit anderen Musikern gearbeitet – Virgil Donati (dr) und Trent Gardner (Key), beides Magna Carta-Musiker, Mike Slamer (g, früher bereits in Steve Walsh´s Band Streets) und Billy Greer (bs, Streets, Kansas).

Aber wie konnten die anderen es zulassen, dass Kerry Livgren das Steuer so sehr in die Hand nimmt, imemerhin war er seit 17 Jahren nicht Teil der Band...

Tja... ich weiß nicht, wie ich die Frage beantworten kann, weil ich an dieser Entscheidung nicht beteiligt war.

Das letzte Album „Freaks of Nature“ war 1995 und das erste nach sieben Jahren, nun schon wieder 5 Jahre, wie kommt es, dass ihr nur noch so sporadisch Alben aufnehmt?

Nun, die Zeiten haben sich geändert, glaube ich. Wir brauchen heute eben länger, um genügend Material zusammen bekommen und um wieder in die richtige Stimmung zu kommen, um zu sagen, ja!, lass uns ein neues Album machen.

Kerry hat ja in den 17 Jahre Abstinenz von Kansas auch Solo-Alben gemacht, es wäre ja durchaus möglich gewesen, eine solche CD auich schon früher zu machen...

Das sagt sich so leicht, aber ich glaube die Art, wie dieses Album entstanden ist, war einfach eine Verkettung mehr oder weniger glücklicher Zufälle.

Kennst Du Kerry´s Soloalben?

Nein, ich habe in den letzten Jahren wenig Zeit dafür gehabt, mich um solche Sachen zu kümmern. Ich wünsche ihm das beste, aber im Moment verfolge ich eher meine eigenen Ziele.

 

Nun gibt es also Dein erstes Soloalbum – hat Dich ja auch eine ganze Weile gekostet...

Fast 20 Jahre.

Gab es in der Zeit außer dem Touren mit Kansas andere Projekte?

Nun, ich habe „Freaks of Nature“ fast alleine geschrieben, „Power“ und „The Spirit of Things“ mitgeschrieben, dazu die ganzen Konzerte – das nimmt schon eine ganze Menge Zeit in Anspruch. Aber ich habe auch zu viele Probleme gehabt, um mehr zu schaffen.

Detailierter willst Du darauf lieber gar nicht eingehen?

Och, das waren nur Drogen und Alkohol. Ich wurde in drei Jahren zwei Mal verhaftet, weil ich „under influence“ gefahren bin und wegen Kokainbesitz, und ich bin nicht besonders stolz darauf, und es tut mir wirklich leid, was ich wegen dieser Probleme, die ich hatte, meinen Mitmenschen inklusive der Band angetan habe. Aber ich habe jetzt seit 2 ½ Jahren clean, und darauf bin ich stolz, ich fühle mich wirklich sehr gut, meine Stimme und meine körperliche Verfassung ist top, ich habe eine neunmonatige Tochter und sie hilft mir, mich jung zu fühlen. Ich habe viel zu tun, viel zu viel, um Zeit für Drogen und Alkohol zu finden. Ich habe gerade einen vierminütigen Film gedreht, der auf unsere Homepage kommt, ich habe meine Solo-CD fertig gestellt, ich habe die Kansas-CD eingesungen, ich bin ein enthusiastischer Läufer und nehme mir viel Zeit für meine Familie. Das Leben ist schön. Nach dreißig Jahren „Shit“ kann ich das sehr genießen! Und die Kansas-CD und die Solo-CD sind die ersten Alben, die ich gemacht habe, ohne unter Einfluss von Drogen zu stehen.

Und Dein Soloalbum dürfte, wenn ich Deine bisherigen Äußerungen zusammenfasse, etwas härter ausgefallen sein...

Ja, ein Teil davon ist zackiger. Andere Teile sind auch eher spärlich. Es ist schwierig, das unter einen Hut zu fassen, weil sich die Sachen auch teilweise über einen langen Zeitraum angesammelt und entwickelt haben. Auch die Texte sind sehr unterschiedlich – einer handelt von einem großen Feuer in einem Zirkus, 1944, zwei andere handeln von der Niederlage der amerikanischen Ureinwohner um 1870, einer handelt von „vehicular manslaughter“, also davon, wie es wäre, wenn man betrunken ein Kind überfahren hätte. Mehrere Songs handeln z.B. von der Einsamkeit, die man fühlt, wenn man von seiner Familie oder von wem auch immer getrennt ist.

Es fällt mir heute leichter, über solche Sachen zu schreiben, weil ich mir solche Sachen auch zum ersten Mal wirklich bewusst gemacht habe, und sie analysieren konnte, ohne mich in Drogen zu flüchten. Das Album ist also wirklich eine Befreiung für mich.

 

Wie sieht´s mit dem Touren aus?

Zurzeit spielen wir im Vorprogramm von Yes in den Staaten, danach folgt eine Solo-Tournee, und was danach kommt wird sich zeigen. Wir würden sehr gerne nach Europa kommen, aber die Steuer-Situation macht es für uns unmöglich, da etwas zu verdienen. Deswegen weiß ich nichtz genau, ob wir bei Euch spielen werden oder nicht.

Ist das auch der Grund, warum Ihr 1984 das letzte Mal in Deutschland gespielt habt?

Ja, eigentlich schon. Und das ist bestimmt auch ein Mitgrund, warum wir in Europa nicht so erfolgreich sind. Wie sollen uns die Fans folgen können, wenn wir da nicht spielen? Uns wird das oft als Arroganz vorgeworfen, aber wie gesagt, wir würden wirklich gerne spielen kommen, wenn es für uns nicht so ein Minus-Geschäft wäre. Die Steuern fressen praktisch allen Verdienst auf, und wir haben Familien, die wir ernähren müssen.

Also wird es auch keine Tour zu Deiner Solo-CD geben?

Nein, ich denke, wir werden zu sehr beschäftigt sein mit Kansas.

 

 

 

 

 

Part 2:
Rich Williams

[Williams (git) stieß 1972 zur Band White Clover (Ehart, Hope, Steinhardt, Walsh). Als auch Livgren wieder dazukam, benannten sie sich in Kansas um...]

 

Wie kamt Ihr zu der Idee, dieses Album mit Kerry aufzunehmen?

Wir haben seit ungefähr einem Jahr mit dem Gedanken gespielt. Wir waren auf Tournee und spielten eine Show in Kansas City, da kam Kerry zu uns. Er sagte, er hätte eine Menge Material, das sich eigentlich viel eher für eine Kansas-CD anbieten würde, als für eine Livgren-Solo-CD, Und im letzten Dezember flogen Phil (Ehart, dr) und ich nach Topeca und hörten uns das Material an. Wir wählten zehn davon aus, und der Rest war eigentlich nur noch Formsache, wie wir die Aufnahmen koodinieren würden – mit der Band, mit Steve´s Gesang, weil er sagte, dass er eigentlich zu beschäftigt wäre usw. Kerry schrieb noch ein paar weitere Songs, so dass wir am Ende sogar noch ein paar Songs austauschten. So war´s.

Kerry war 17 Jahre nicht in der Band, wie kamt Ihr dann dazu, ein komplett von ihm komponiertes Kansas-Album aufzunehmen?

Das war nicht so ungewöhnlich für uns. Wir standen die ganze Zeit in Kontakt miteinander, er hatte auch schon für die letzten Platten Songs beigesteuert, er hatte bei der „Live at the Whiskeys“ mit uns gespielt, also war er inoffiziell immer dabei. Und Steve hatte eine Menge geschrieben, was einfach kein Kansas-Material war, und er war ein bisschen frustriert, weil wir es nicht verwenden wollten. Also fing er an, es zu einem Solo-Album zu verarbeiten. Und zur gleichen Zeit kam eben Kerry mit seinen Songs, und das fanden wir eben passender.

Du bist also mit dem Album voll zufrieden?

Ja, ich liebe es! Wir wollten eine Mischung aus der alten Kansas-„Leftoverture“-Zeit und einem modernen Sound, und ich finde, das ist uns voll gelungen.

Ja, ehrlich gesagt war ich sehr positiv überrascht – eine runde Mischung aus progressiveren Songs und Rock-Stücken in absolut zeitgemäßem Sound!

Vielen Dank! Ich meine, wir waren ja schon immer eine Art US-Progrock-Band. Aber ich glaube auch, wenn jeder Song wie „Myriad“ geworden wäre, wäre es vielleicht ein wenig eintönig geworden.

Habt Ihr denn Kerry Songs so belassen, wie sie waren?

Kerry´s Keyboard-Parts wohl, aber der Rest wurde schon verändert. Und wenn man an Sachen arbeitet, fängt man auch an, einzelne Parts herum zu schieben oder abzuwandeln, und deshalb kann man schon sagen, dass die Songs sich schon sehr von Kerry´s Demos unterscheiden.

Ihr habt das Album in siebenköpfiger Besetzung aufgenommen, die größte jemals – war das schwieriger zu koordinieren?

Nein, das kam so: Dave (Hope, der ursprüngliche Bassist) spielt nur auf zwei Songs. Er ist hauptberuflicher Pastor und hatte sich nur ein Wochenende frei genommen, um nach Kansas zu kommen und die zwei Songs einzuspielen. Wir fanden das schön, dass er mitgemacht hat.

Habt Ihr eigentlich noch Kontakt zu John Elefante (Kansas-Sänger 1982-83) oder David Ragsdale?

Nein, überhaupt nicht. Aber ich weiß, dass David und sein Bruder ein Studio in Nashville haben – soll sehr schön sein, und John hat seine Solo-Karriere mit christlicher Musik, die wie ich hörte, sehr gut laufen soll. Sie waren nur Verbindungen zwischen dem, wo wir starteten und dem, was wir jetzt sind.

Es hat ja einige Besetzungswechsel gegeben – waren die verantwortlich für die vorrübergehenden Stilrichtungen in den Achtzigern?

Absolut, ich meine wir klingen heute wieder wesentlich mehr wie wir selbst, als zu der Zeit mit John oder auch Steve Morse. Ich meine, mit Morse hatten wir ja auch keine Violine.

Ja, aber Ihr musstet Euch doch trotzdem alle für die Alben verantworten

Man mag immer das, woran man gerade arbeitet. Und wir hatten mit John zwei ziemlich große Hits – „Play the Game tonight“ und „Fight fire with fire“, das war also durchaus erfolgreich. Retrospektiv ist das musikalisch bestimmt nicht meine Lieblingszeit mit Kansas – obwohl da mit Steve Morse auch einige richtig gute Songs dabei waren.

Und wo steht das neue Album in der Diskographie?

An der Spitze zusammen mit „Leftoverture“ und „Point if Know Return“.

In der letzten Dekade wart Ihr ja nicht übermäßig produktiv, was neue Studioalben angeht – bleibt das jetzt so?

Nein, ich denke, wir werden den Rest dieses Jahres und Anfang nächsten Jahres touren, und Ende nächsten Jahres ein neues Album machen.

Wenn Ihr so viel tourt, wie groß stehen die Chancen, Euch auch in Europa zu sehen...

Das ist schwer zu sagen, viel wird´s nicht werden. Erst einmal kommt Japan dran, dann gehen wir nach Moskau, und von da nach Deutschland – ich denke 2 bis 3 Städte – Hamburg („Reeperbahn“!) könnte dabei sein. Wir handeln das gerade aus. Aber das Problem ist eben, dass wir alles Geld, das wir da verdienen werden, an Steuern zurücklassen müssen! Seltsame Steuerregelungen habt Ihr da! Wenn sich das mal ändern würde, würde Deutschland wesentlich mehr Live-Bands erleben. Alle Musiker, mit denen ich gesprochen habe, sagen das.