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Er ist wieder da!
Nachdem es 2009 besorgniserregende Meldungen über seine Stimmprobleme gab, er
sich wiederholt hatte operieren lassen müssen, startete er zunächst mit einer Akustiktournee.
Ende letzten Jahres gab es dann das erste neue Album seit 6 Jahren: „Feast of
Consequences“ war die triumphale Rückkehr zu alten Stärken. Ersten Daten im
letzten Jahr sollte eine Fortsetzung im Mai folgen – was auf Grund einer
Windpockenerkrankung seines Gitarristen kurzfristig abgesagt werden musste.
Aber jetzt: seine dreimonatige Herbsttournee wird die längste seit langer Zeit
– und stellt nur den Auftakt dar für große Pläne bis 2016…
Wie geht’s Dir?
Und v.a. wie geht’s deiner Stimme?
Gut, gut, alles wieder gut. Meine Probleme hatte ich 2010, jetzt ist 2014.
Es hat nie wieder
Probleme gegeben?
Nein, nichts dramatisches. Ein paar Erkältungen.
Musstest Du etwas
umstellen?
Man muss immer mal etwas umstellen im Leben. Ich hab zum
Beispiel die Tonarten in meinen alten Songs ein bisschen runtergeschraubt. Ich
hab nun einmal nicht mehr dieselbe Stimme wie vor 20, 30 Jahren. Und ich spiele
kein Fußball mehr.
Hat das deiner
Stimme geschadet?
Ja, dies ganze Geschreie auf dem Platz
Ok, da ist es
besser, sich für die Bühne zu schonen. Umso wichtiger, wo jetzt die neue Tour
ansteht.
Ja, ich freue mich schon. Besonders Deutschland wird
toll, ich habe sehr gute Kontakte dort. Schon die 2013er Tournee war wundervoll.
Seit dem hatten wir einen Wechsel, John Beck von It Bites hat die Keyboards
übernommen.
Ja, ich habs
gelesen auf deiner Homepage. Du pflegst einen sehr dichten und auch einen sehr
intimen Kontakt mit deinen Fans. Hast Du schon immer, früher schon über die
Fanclubs, nun über das Internet. Ist das einfacher oder v.a. auch anstrengender
geworden?
Nun, offensichtlich einfacher. Es war immer schwierig,
Medienöffentlichkeit zu bekommen, wenn ich ein neues Album veröffentlicht habe.
Plötzlich gibt dir das Internet eine ganz neue Möglichkeit zur Promo und ich
genieße es. Ich genieße es, zu schreiben.
Aber es ist ja
auch schon eine Art Pflicht geworden, oder?
Nein, für mich nicht, ich mag das und ich teile meine
Gedanken gerne mit den Fans. Und man hat eine unglaubliche Reichweite dadurch –
ich glaube nicht, dass ich noch ein aktiver Künstler sein könnte ohne das
Internet. Allein die Chance, meine Platten direkt zu verkaufen, ist essentiell.
Über den Handel verdient man ja nichts mehr.
Das Album ist ein Jahr
alt, wie nah sind dir die Themen noch?
Es ist immer noch relevant. Die High Wood Suite ist in
seiner Art aktueller als das meiste Jüngere. Und es ist ja auch nicht das erste
Mal, dass ich mich mit kriegerischen Auseinandersetzungen beschäftigt habe. Wir
haben „Vigil“ im Set und wenn ich in die Ukraine schaue und in den
Gazastreifen, dann könnte sich das genau darauf beziehen. Und „Big Wedge“ ist
im Set, geschrieben 1988 und passender heute als damals.
Ja, es ist
unglaublich, was sich derzeit abspielt, eigentlich hatten wir gehofft, dass wir
so etwas gar nicht mehr erleben.
Das gab es immer, aber es war nicht so präsent. Auch das
hat sich mit dem Internet geändert.
Und die Extreme
sind größer geworden zwischen Traditionalisten und denjenigen, die in die
Freiheit wollen.
Es ist eine andere Kultur, und wir werden sie nie
verstehen. Das ist eins der Probleme, die der Westen hat, und der Irak ist ein
klassisches Beispiel. Und damit kommen wir zurück zum Thema des Albums. Als die
Briten 1919 den Mittleren Osten kartografieren wollten, ohne die Ordnung der
Stämme und der Kultur zu verstehen oder zu berücksichtigen, gab es dieselben
Probleme wie heute. Das war der Kollaps des Ottomanischen Reiches. Der 1.
Weltkrieg berührte die Belange von Ägypten und der Britischen Gebiete, deswegen
griff Großbritannien ein, lieferte Waffen an die Gebiete, die heute
Saudi-Arabien sind und versprachen ihnen Territorien, ohne die Kultur zu
verstehen, nur um BP zu etablieren und mehr Öl zu bekommen. Damals entstand
auch Israel.
Du bist gut in
Geschichte…
Ja, das war schon immer mein Hauptgebiet und mein
Hauptinteresse. Deswegen hat mir die High Wood Suite auch so viel Spaß gemacht
– nicht zuletzt, weil meine Familie ja auch damit zu tun hatte.
Ja, ich weiß. Und
war das schon immer ein Einfluss und Inspiration für Dich? Es war ja wirklich
glücklicher Zufall, dass Du gerade auf der Suche nach einem neuen Thema auf
diese Verbindung stießest.
Absolut, ja. Aber in diesem Fall kam ja dazu, dass mich dieser Engländer einlud
nach Frankreich, um die Originalschauplätze zu besuchen und so kam eins zum
anderen.
Ist es schwerer
geworden für Dich, neue Themen zu finden, über die du schreiben kannst?
Ich versuche, zu vermeiden, mich zu wiederholen. Ich
hatte nicht schon wieder ein Trennungsalbum schreiben, auch wenn es sich schon
wieder angeboten hätte. Also fand ich die Idee, etwas über den 1. Weltkrieg zu
machen, sehr reizvoll. Dass es so spannend werden würde und in solch ein Epos
münden würde, konnte ich gar nicht ahnen. Ich bin der Muse gefolgt.
Was ist denn die
größere Herausforderung, neue Themen zu finden oder Songs zu schreiben, die
„anders“ sind?
Das geht Hand in Hand. Ich bin so oft gefragt worden, warum ich nicht ein
weiteres „Misplaced Childhood“ oder „Script“ schreibe, aber die gibt es doch
schon! Ich möchte mich nicht wiederholen. Neue Sachen sind doch viel
interessanter. Andere Sounds, andere Herangehensweisen, neue Themen. Meistens
sind es die Themen, die den Song und wie sie werden bestimmen.
„Been there, done
that“ – ist das nicht ohnehin eine typisch englische Redensart?
Nein, ich glaube das ist v.a. typisch für Künstler. Ich kenne niemanden, der
wiederholen möchte, was er auf dem letzten Album gemacht hat. Ich habe Glück:
Ich mache Progressivrock, ich habe eine Riesenpalette an musikalische
Einflüssen aus der ich auswählen kann.
Hast Du eine Art
Notizbuch, in dem Du Ideen festhältst?
Ja, so in der Art. Ich habe ein großes Tagebuch, in dem ich Notizen mache. Und
dann schaue ich immer mal wieder rein. Das Jahr 2012, z.B. ist voll mit Notizen
für das „Feast of Consequences“ Album.
Ich hab dich
letztes Jahr in Worpswede gesehen. Du hattest eine tolle Mischung aus neuen
Songs und teilweise auch ganz alten Nummern.
Natürlich will man sein neues Album präsentieren, aber ich
habe einen großen Fundus, aus dem ich wählen kann.
Inwieweit ändert
sich das immer?
Manches ändert sich von Nacht zu Nacht, manches ist zu aktuell und wichtig,
um es nicht zu spielen. Diese Tour wird sich jedenfalls komplett anders als die
letzte. Wir planen die komplette Highwood Suite, es gibt 2, 3 Marillion-Songs,
die ich gerne mal wieder singen möchte. Das ist das Schöne, wenn neue Musiker
in die Band kommen, sie bringen neue Klangfarben mit rein. Und ich spiele die
Songs, auf die ich Lust habe, alles andere würde keinen Sinn machen.
Du hast schon
erwähnt, du hast Dein Album anfangs exklusiv über deine Homepage vertrieben,
mittlerweile gibt es das sogar bei Amazon.
Ja, das macht es einfacher. Aber meine Freundin Simone leitet
den europäischen Fishheads Club aus Karlsruhe und dann können deutsche Fans die
LP- und die Deluxe-Version auch direkt bestellen. Amazon hat nur die
Standardversion.
Aber ganz ohne
Amazon geht es dann doch nicht?
Es wäre dumm, sie zu ignorieren, sie haben einen zu großen Markt unter
sich. Es stimmt schon, es ist nicht viel, was ich dort verdiene, aber ich bin
trotzdem froh, wenn ich mehr Fans erreiche.
Ich hab von
Remastered-Plänen gehört!
Ja, wir bringen den ganzen Katalog noch einmal
heraus. „Raingods“,
„Sunset“, “Field of Crows“ und “Fellini
Days” sollen noch vor Weihnachten
erscheinen, der Rest – “Internal“,
„Vigil“, „Suits“ und „Songs from the
Mirror“
sollen dann nächstes Jahr folgen, bevor wir nächstes Jahr auf
Tour gehen. Wir
werden zum 30. Geburtstag ein letztes Mal mit „Misplaced
Childhood“ touren. Und
wir planen, die CDs als 3-CD-Versionen herauszubringen mit Livesongs,
Demos,
unveröffentlichten Songs, Alternativversionen etc..
Nun, das dürfte
Dich momentan reichlich beschäftigt halten – gibt es daneben noch Zeit zum
Touren oder sogar Schreiben neuer Songs?
Wir werden 3 Monate touren bis zum 20. Dezember, Januar
bis März, vielleicht April werde ich neue Songs schreiben, dann gehen wir auf
Misplaced Childhood-Tournee, dann werden wir das Album, welches mein letztes
werden wird, aufnehmen und 2016 plane ich meine „Farewell“-Tour. Dann möchte
ich nach Deutschland ziehen.
Wow, Du planst
weit im Voraus. Denkst Du, Du kannst ohne Bühne leben?
Ja. Ich möchte Autor werden. Ich schreibe meine
Autobiografie und ich möchte Drehbücher schreiben. Und ich möchte nicht mehr im
Tourbus sein, wenn ich 60 bin.
Geschweige denn
„when I’m 64“?
Nein, ich möchte nicht zu meiner eigenen Parodie
mutieren.
Nun, in Worpswede
letztes Jahr warst Du weit davon entfernt, deine eigene Parodie zu sein.
Ja, aber das war letztes Jahr, die nächsten zwei Jahre
sind noch lang. Ich möchte auch noch Zeit für mich haben. Ich meine, ich liebe
Musik. Aber ich möchte zu meiner Freundin und ihrer Familie nach Deutschland
ziehen und ich schaffe es nicht, Bücher zu schreiben, wenn ich in dieser
Album-Tour-Album-Tour-Mühle stecke. Das geht nicht nebenbei. Also muss ich etwa
ändern. Wer weiß, wenn das nichts wird, kann ich immer noch ein neues Album
machen. Oder ich mache Akustiktourneen, das war so toll in Deutschland, wir
haben 60 Konzerte gemacht. Oder ich schreibe in der Woche und spiele am
Wochenende, es gibt viele Möglichkeiten. Aber ich muss meinen Fokus ändern, es
ist so schwer geworden im Musikbusiness. Weil man keine Platten mehr verkauft,
hat sich alles auf den Live-Markt gestürzt. Aber es gibt auch nur so und so
viele Clubs und nur so und so viele Nächte.
Du hast also schon
wieder eine deutsche Freundin?
Ja, seit 3 Jahren. Irgendwie zieht es mich immer wieder
hier hin. Meine erste Frau war Deutsche, meine Tochter lebt in Deutschland. Und
ich komme schon wieder auf das Album zurück: Die Highwood Suite hat mit meinem
Großvater zu tun, der kämpfte damals für die Schotten gegen eine deutsche Armee
aus Baden Württemberg, und jetzt, fast 100 Jahre später habe ich eine Freundin
aus Baden Württemberg…. Da schließt sich ein Kreis!